Donnerstag, 17. Juli 2014

Eine Nation wird verblödet

Wenn das der alte Mao Tse Tung, der Erfinder des modernen Personenkults, das noch hätte erleben können, er wäre vor Neid erblasst. Musste er noch die Medien seines Landes unter Androhung drastischer Strafen zu den Lobhudeleien über seine Person zwingen, so erheben ehrlosen deutschen Schreiberlinge, die sich Journalisten nennen, die deutsche Kanzlerin ganz freiwillig in den Himmel der Unfehlbarkeit.

Eine total verblödete Medienlandschaft, hier nur ein kleiner Ausschnitt

 Fremdschämen ist angesagt. Der ZDF-Korrespondent Udo von Kampen liess alle Hemmungen fallen und brachte der Kanzlerin zu ihrem sechzigsten Geburtstag anlässlich einer Pressekonferenz zu den nächtlichen Beratungen der EU-Regierungschefs ein Ständchen. "Happy Birthday to You," sang von Kampen nicht schön aber unüberhörbar laut in die Mikrophone und Kameras der versammelten Weltpresse.

 Nun sagt der Volksmund zwar, jeder macht sich selbst zum Narren so gut er kann, aber von Kampen macht sich bewusst zum Narren. Wer von Mutti Merkel Informationen möchte, wer von ihr eingeladen werden will im Kanzlerjet die nächste Auslandsreise an ihrer Seite anzutreten, der muss, Demokratie hin, Pressefreiheit her, sich bei Merkel ohne Rücksicht auf die eigene Meinung und ohne ansehen der Wahrheit und der eigenen Würde einschleimen.

 Einer, der dass bereits bis zur völligen Selbstaufgabe praktiziert hat, ist der Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, Stefan Braun. Gern, allzu gern lässt Braun, anhand kleiner Anekdötchen durchblicken, wie dick er mit der Kanzlerin ist. Und damit das auch so bleibt macht er sie in seinem Huldigungsschreiben zum sechzigsten Geburtstag: "Der Sommer der Patriarchen" (Süddeutsche Nr. 162, 17.07.2014) zur Königin von Europa: "Sie ist die nicht von allen geliebte, aber unangefochtene Regentin Europas." Da braucht es keine Wahlen, "l'Etat c'est moi", Merkel, die Sonnenkönigin Europas.

 Stephan-Andreas Casdorff, man ist erschreckt, wie die geistigen Fähigkeiten von einer zur nächsten Generation sich in nichts auflösen, gleitet in seiner Lobhudelei: "Die Lehre vom Fühldenken" im Tagesspiegel (Nr. 22106 vom 17.07.2014) unversehens ins poetische ab und bemüht dabei sogar den Allmächtigen, wenn er von der Bundesministerin für Frauen und Gesundheit des Jahres 1991unter Kohl zu berichten versucht: "Gott, wie jung sie damals noch war. So jung, so jungmädchenhaft sah sie aus, dass manche meinten, sie sei "Kohls Mädchen". Und, Casdorf in seiner Schwärmerei, ist Europa nicht genug: "Angela Merkel, die mächtigste Frau der Welt wird heute 60."

 Hat Casdorff noch Gott den allmächtigen bemüht um seiner Bewunderung für Merkel gebührenden Nachdruck zu verleihen, so stellt Spiegel online die Kanzlerin über Gott und titelt: "Angela Merkel zum 60.: Die Übermächtige", um dann fortzufahren: "Sie ist die mächtigste Frau Deutschlands und Europas. Mehr noch, sie ist übermächtig." Dann verrät Spon der erstaunten Öffentlichkeit wem Deutschland den Weltmeistertitel im Fußball zu verdanken hat. Nicht etwa Neuer, Mertesacker, Schweinsteiger oder Müller, nein die Übermächtige hat ihrem Volk dieses Glücksgefühl beschert: "Jetzt auch noch Weltmeister".  Aber dann stellt Spon die bange Frage: "Was also kommt nach Merkel? Darauf ist niemand vorbereitet." Uns allen gefriert das Blut in den Adern und wir wollen nicht so recht glauben, was Redakteur Philipp Wittrock uns tröstend prophezeit: " Das Land wird wohl eines Tages auch ohne sie auskommen können." Fast schon Majetätsbeleidigung, Blasphemie.

 Auf "Zeit online" lässt Redakteurin Tina Hildebrand es mächtig menscheln, nicht ohne im Titel den Hang deutscher Journalisten zur Monarchie Ausdruck zu verleihen: "Angela royal".
"Merkel macht die Macht normal. (welch herrliches Wortspiel) Sie begegnet dem Bürger, wie es aussieht, auf gleicher Höhe. Die Deutschen wissen heute weit mehr über ihre Kanzlerin, als sie über deren Vorgänger je wussten: Merkel wandert und singt gerne. Sie geizt beim Backen mit Streuseln, sie kocht gerne Kartoffelsuppe."

 Den Vogel der Geschmacklosigkeit schoss, wen wunderts, neben ZDF-von Kampen, die Bildzeitung ab. auf Bild.de ist ein besonderes Machwerk deutscher Sangeslust zu bewundern. Dort singt der Altmeister des schlechten Geschmacks, Heino, Merkels angebliches Lieblingslied: "Wir lieben die Stürme". Stimmgewaltig unterstützt wird er dabei unter anderen von Vicky Leandros, Uschi Glas, dem König von Mallorca, Jürgen Drews, der Heulsuse der Grünen, Claudia Roth, dem Vorsitzenden der Polizeigewerkschaft Rainer Wendt und der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, der SPD-Politikerin Andrea Nahes, die die Deutschen ja schon einmal vom Podium des Bundestages aus von ihrer aussergewöhnlichen Unmusikalität überzeugt hat. Die Idee dazu hatte der Sozialdemokrat Béla Ander, von 2002 bis 2005 Regierungssprecher und Chef des Bundespresseamtes.

 Aber mit der Bloßstellung geltungssüchtiger Prominenter gibt sich Bild natürlich nicht zufrieden. Die Zeitung, die sich müht, schon mit ihrem Titel den Intellekt ihrer Leser nicht zu überfordern, bat eben jene, die Kanzlerin zu malen. Wer sich also selbst nicht zu dämlich war, der griff zu Stift oder Pinsel und fertigte, frei jeden künstlerischen Anspruchs, ein Portrait Merkels an.

 Das Elaborat dieses Tuns, billiger bekommt man eine Zeitungsseite nicht voll, ist in der Printausgabe der Bild vom 17. Juli zu bewundern und auf Bild.de.

 Würden die kleinen blauen Männchen just dieser Tage unvorbereitet mit ihrem Raumschiff in Deutschland landen, sie würden, von Grausen ob solcher allgemeiner Hirnlosigkeit ergriffen, panikartig unseren Planeten wieder verlassen.

1 Kommentar:

  1. Schrecklich. Den Deutschen und ihren Auftragsschreibern ist aber auch nichts mehr heilig.
    Das Geburtstagsständchen dieses lächerlichen, unterwürfigen Schmonks hat aber trotzdem Konservierungswert, alleine, weil bei dieser kindlichen Peinlichkeit kein anderer mitgesungen hat...

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