Mittwoch, 21. März 2012

Die Karawane ist weitergezogen

 Wo sind sie alle geblieben? Die Journalisten, die uns berichtet haben von denen die für ihre Freiheit kämpften, die Journalisten, die uns die Greuel der libyschen Armee schilderten, die uns Bilder zeigten von heldenhaft kämpfenden Rebellen, von Frauen und Kindern und Greisen, die unter dem Terror Gaddafis litten, aber sich nicht brechen liessen.

 Wo sind sie, die Kämpfer für Menschenrecht, für Freiheit, Emanzipation, gegen die Institutionen der Unterdrückung, gegen den Despoten, die Korruption des Gaddafi-Clans, die Speichellecker und Folterer, gegen die Vergewaltiger und den Kontainer voll mit Viagra? Warum hört man nichts mehr von Daniel Cohn-Bendit, Claudia Roth oder Cem Özdemir?

 Jetzt, da sie erreicht haben wofür sie haben kämpfen und sterben lassen, müssten sie uns doch die glücklichen, befreiten Menschen zeigen. Die Frauen ohne Schleier und Kopftuch, integriert in das öffentliche Leben, die ehmaligen Kämpfer, glücklich und zufrieden heimgekehrt zu ihren Familien, die Krankenhäuser, gut versorgt mit Arzneimitteln, von Ärzten und Pflegepersonal, die ohne Repressionen nur ihrem Dienst an den Menschen nachkommen, die Fischer, die jetzt nicht mehr von Gaddafis Schergen dazu gezwungen werden, in überfüllten Booten Flüchtlinge auf dem Mittelmeer in den sicheren Tod zu schicken, Kinder, die tun was Kinder auf der ganzen Welt tun, spielen ohne Angst und lernen in gut ausgerüsteten Schulen mit qualifizierten Lehrern ohne ideolischem Brett vorm Kopf. Händler, die ihr reiches Warenangebot zu Preisen feilbieten, die es jedermann erlauben sich gesund und ausreichend zu ernähren und sie müssten uns ein weltoffenes Libyen zeigen, in dem Jedermann ohne Ansehen von Geschlecht, Aussehen, Rasse und Religion nach seiner Fasson glücklich werden kann.

 Warum tun sie das nicht? Warum berichten sie nicht von einem Nordafrika, dass jubelt, ob der neu gewonnenen Freiheit, dass froh ist endlich den irren Despoten los zu sein, der, mit seinem vielen Geld, das er den Menschen in Libyen abgepresst hat, sich in ihre Angelegenheiten einmischt und ganze Staaten korrupiert hat?

 Allein die ARD hatte rund um Libyen 10 Korrespondenten zusammen gezogen. Sie seien hier einmal, ob ihrer grossen Verdienste um die Freiheit und körperliche Unversehrtheit des libyschen Volkes, mit Namen genannt:
Jörg Armbruster, Marie-Kirstin Boese, Stefan Buchen, Martin Durm, Michael Ehl, Karin Feltes, Benjamin Hammer, Esther Saoub, Volker Schwenk.

 Sie sind weiter gezogen, befreien jetzt ein anders Land, stürzen den nächsten Diktator, den Syrer Assad. Es kümmert sie nicht, was sie wirklich angerichtet haben in Libyen. Ein Land das 40- 50.000 Tote in diesem Irrsinnskrieg zu beklagen hat. Ein Land das zerrissen ist, aufgeteilt unter den, zum Teil heftig zerstrittenen, Milizen. Allein in Tripolis und dessen Umland gibt es mehrere Hundert davon, die sich zum Teil heftige Feuergefechte liefern.

 Das UN-Flüchtlingskommissariat zählte Ende 2011 allein 172.000 Binnenflüchtlinge, bei einer Bevölkerungszahl von ca. 6 Millionen. Die zigtausende ehemaligen Gastarbeiter aus ganz Afrika, die in panischer Angst vor den marodierenden Milizen in ihre Heimatländer geflohen sind, gar nicht mitgezählt. Die wenigen im Land Verbliebenen leiden unter einem aggresiven Rassismus und sind ihres Lebens nicht mehr sicher.

 Niemand weiss was aus der ersten Tranche freigegbebenen libyschen Auslandsvermögens von 18 Milliarden Dollar geworden ist. Finanzminister Hassan Zaklam gestand im Februar, dass Millionen Dollar bereits wieder illegal ausser Landes geschafft wurden. Als bekannt wurde, das fünf Flugzeuge mit in Deutschland gedruckten Dinarscheinen in Tripolis erwartet wurden, entbrannte ein heftiger Kampf um den Flughafen.

 Warum berichten unsere Medien nicht von den vielen ehemaligen ausländischen Arbeitskräften, die vor den rassistischen Milizionären in ihre Heimatländer flüchten mussten. Menschen die jetzt irgendwo in Afrika in Auffanglagern herumvegetieren. Diese Menschen waren die ganze Hoffnung ihrer Grossfamilien, die sie mit dem, in Libyen verdienten Geld, ernährten. Jetzt liegen sie ihren Heimatländern auf der Tasche, trauen sich nicht zurück in ihre Dörfer, weil sie dort als  unzuverlässigte Versager gelten.

 Oder sie verstärken, wie die Tuareg in Mali mit ihren oft aus Libyien mitgenommenen Waffen, bereits existierende Widerstandsgruppen. Durch den Aufstand dort sind in der bitterarmen Sahelzone weit über 200.000 Flüchtlinge unterwegs. Gaddafi hatte 1990 den damaligen Bürgerkrieg in Mali beendet indem er den Tuareg in seinem Land Arbeit und Brot in der Armee gab.

 Nein von diesen Folgen der Befreiung Libyens berichten unsere Medien nicht. Das ist, abgesehen von dem Eingeständnis des eigenen Fehlverhaltens, zu viel mühselige Kleinarbeit. Da kann man nicht pauschalieren, nicht mit einem klaren Gut und Böse Sensationsberichte zusammen zimmern, mit verwackelten, gruseligen Filmaufnahmen untermalt, mit aneinandergereihten leblosen Körpern, oder in verschmutzten Krankenzimmern Liegenden, mit durchbluteten Verbänden. Sie berichten lieber über den brutalen Schlächter Assad, der genau wie letztes Jahr Gaddafi auf sein Volk schiessen lässt, als zu den Folgen ihrer Kriegshetze zu stehen und zu zeigen, was dabei herauskommt, wenn man den Menschen mit Feuer und Schwert unser westliches Heil bringt.

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