Donnerstag, 12. Juli 2012

Zwangsabgabe für Reiche - DIW stopft das Sommerloch

 Ein Loch tut sich auf, das Sommerloch. Und da, wo es jedes Jahr am grössten ist, in Berlin, hat das deutsche Institut für Wirtschaftsforschung DIW seinen Sitz. Die am meisten unter dem Sommerloch Leidenden, sind die vielen Hauptstadtjournalisten. Diese zutiefst zu bemittleidende Spezies ist schliesslich auf geschwätzige Politiker angewiesen, die wiederum die Journalisten brauchen, wie andere die Luft zum Atmen. Im Grunde also eine gut funktionierende Symbiose. Wenn nun aber, wie zur Zeit, die eine Seite der Verbindung einfach die Büros abschliesst und in Urlaub fährt, dann ist es um die Lebensberechtigung der anderen schlecht bestellt.

 Und da betritt nun das DIW die Bühne. DIW-Chef Wagner hatte schon mal vorsorglich eine Urlaubssperre für seine Mitarbeiter angeordnet. Die wühlen nun alle im Keller und suchen zwischen dem Altpapier nach Themen, die sie den armen Journalisten als sensationelle und orginelle neue Idee verkaufen können. Was das ist, so Wagner, ist völlig egal. Nur müsse es intellektuell über dem Vorschlag des damaligen CSU-Hinterbänklers im Bundestag, Dionys Jobst sein, der 1993 forderte, die Bundesrepublik solle für 50 Millionen Mark den Spaniern Mallorca abkaufen und die Insel zum 17. Bundesland machen.

 Nach einigem Stöbern zwischen den alten Papierschnipseln wurde jetzt der Mitarbeiter Dr. Stefan Bach fündig. Zu Zeiten in denen jeder Depp meint, einen Kommentar zur so genannten Staatsverschuldung abgeben zu müssen, macht sich doch der Vorschlag einer Zwangsabgabe für Reiche, medial besonders gut, befand man im DIW.

 Gesagt getan. Im DIW-Wochenbericht 12-28 wurde das Stückchen Altpapier auf zwölf Seiten, versehen mit zwei nichtssagenden Tabellen, ausgewalzt. So soll jeder Deutsche mit einem Vermögen über 250.000 Euro, Immobilienbesitz eingeschlossen, der Bundesrepublik einmalig 10% seines Vermögens leihen. Bei Eheleuten erhöht sich der Freibetrag auf 500.000 Euro und für jedes Kind wird ein weiterer Freibetrag von 100.000 Euro angerechnet. Das Darlehen könne verzinst werden, und soll bei besserer Haushaltslage zurück gezahlt werden. So, das DIW, könne der Staat einmalig 230 Mrd. Euro kassieren.

 Ein schöner Vorschlag befanden die ausgehungerten Hauptstadtjournalisten und druckten die, leicht redaktionell überarbeitete, Pressemitteilung des DIW auf den vorderen Seiten ihrer Blätter ab. Ein schöner Vorschlag deshalb, weil er erstens niemals umgesetzt würde, zweitens man die Lautsprecher der Parteien, die einem, in einem unbeobachteten Moment, heimlich die Rufnummer ihres Privathandys, das sie mit in den Urlaub nähmen, zugesteckt hatten, anrufen und um ihre Meinung bitten konnte und drittens den Deutschen einen Angstschauer über den Rücken laufen liess, ob der Sicherheit ihrer fünftaused, in einer Lebensversicherung angelegten, Eurole. So eine Art Europandemie.

 Die Sache funktionierte mustergültig. Die FDP jaulte auf, wie ein auf den Schwanz getretener Hund und sprach von einem tiefen Griff in die rote Mottenkiste die CSU fürchtete, wie immer, um den deutschen Mittelstand, der eh schon alles bezahlen müsse und den man nun endgültig zerstören wolle und Finanzminister Schäuble keinerlei Handlungsbedarf, da die Forderung weder direkt von der Deutschen Bank an ihn herangetragen wurde, noch die Märkte beunruhigt seien weil sie ein rasches Handeln erwarteten.

 In der Tat ist natürlich die Idee einer Zwangsabgabe der Reichen, um den Bundeshaushalt zu entlasten völliger Blödsinn. Zum ersten ist die Schuldenlast bei Ländern und Kommunen ungleich drückender als beim Bund. Die Zwangsabgabe würde aber nur den Bundeshaushalt entlasten. Wobei eine prognostiziert Entlastung von 230 Mrd. Euro lediglich etwas über 11% der gesamten Schuldenlast der öffentlichen Hände der Bundesrepublik ausmacht. Zum Vergleich: Allein die Bankenrettung hat den Bundeshaushalt von 2008 bis 2010 mit ungefähr 550 Mrd. Euro belastet.

 Zum Zweiten würde eine Zwangsabgabe, die zudem auch noch verzinst werden muss, nichts an den objetiven Tatumständen ändern. Der Bund hätte immer noch die gleich hohen Schulden und die Zinsen müssten weiterhin aus den laufenden Steuereinnahmen bezahlt werden. Nur die Gläubiger wären, zumindest unmittelbar, Andere. Mittelbar leiht sich der Bund allerdings jetzt schon über die Banken das benötigte Geld bei den Wohlhabenden.

 Drittens würde eine solche Zwangsabgabe auf Kreditbasis nichts an den Vermögensverhältnissen ändern. Die Reichen besässen immer noch die gleiche Geldmenge. Sie hätten nur einen Teil davon an den Bund verliehen und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssten nach wie vor durch ihre Steuern für die Zinszahlungen des Staates an die Besitzer der grossen Vermögen aufkommen.

 Und schliesslich, der vierte Einwand ist ein ganz pragmatischer. Wer wollte all die, für eine solche Zwangsabgabe, erforderlichen Daten erheben, bewerten und schliesslich in Bescheiden erfassen, bei einer Finanzverwaltung, die nicht einmal in der Lage ist, bei der ganz gewöhnlichen Einkommenssteuer Gerechtigkeit herzustellen, weil es vorne und hinten an qualifiziertem Personal mangelt?

 Wer soll die sicherlich gewaltige Flut von Einsprüchen bearbeiten und welche Gerichte sollen in den dann anstehenden hunderttausenden von Klagen gegen die Bescheide noch Recht sprechen. Einmal abgesehen davon, dass eine Zwangsabgabe rechtlich auf ganz schwachen Füssen stehen würde? Eine Klage beim Bundesverfassungsgericht dagegen, hätte aller Voraussicht nach grosse Aussichten auf Erfolg.

 Nein, dieser Vorschlag des DIW dient wirklich einzig und allein dem Stopfen des Sommerlochs. Eine wirksame und auf Dauer spürbare Entlastung der öffentlichen Kassen kann nur durch eine gerechte Verteilung der Lasten erfolgen. Die Wohlhabenden müssen endlich ihren Beitrag zur Finanzierung der öffentlichen Kassen beitragen. Dazu gehört ein vernünftiger Einkommensteuersatz, eine echte Vermögenssteuer, eine, ihren Namen verdienende, Erbschaftssteuer und ein gerechtes System der Sozialabgaben ohne Eikommensbemessungsgrenzen und unter Einbeziehung jeglichen Einkommens, sowohl aus Arbeit als auch aus Vermögen.

 Dem DIW und seinen Mitarbeitern ist nur zu empfehlen, während der Sommermonate die Türen abzuschliessen und dorthin zu verreisen, wo unsere Politiker bereits sind, an die sonnigen Küsten des Mittelmeers, nach Afrika, den Pazifikinseln oder der Karibik. Keine Angst, es werden sich schon genügend Hinterbänkler finden, die mit ihren blödsinnigen Vorschlägen und Forderungen die Daheimgebliebenen ausreichend bespaßen.

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