Dienstag, 23. Oktober 2012

Merkel, de Maizère und die neue Sprache des Krieges

 Merkel und Co. treiben ein böses Spiel. Sie sprechen von Friedenssicherung, von der Verteidigung der Freiheit und der Unterstützung der Völker bei der Befreiung von Tyranei. In Wirklichkeit reden sie Krieg und Gewalt das Wort - und dem Profit der Rüstungsindustrie.

 Deutschland ist wieder wer, im internationalen Machtpoker. Vorbei sind die Zeiten, in denen ein deutscher Bundeskanzler schwor: „Von deutschem Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen“, oder der Bundespräsident Soldaten mit den Worten: „Na dann siegt mal schön“, lächelnd in ein Manöver entliess. Die Bundeswehr, die dazu da sei, so der spöttelnde Volksmund, den Gegner hinzuhalten bis Militär kommt, machte nicht durch martialische Töne auf sich aufmerksam, sondern durch einen Haarerlass des Verteidigungsministers, der minutiös festlegte, wie lang die Haare der Wehrpflichtigen sein dürften.

 Heute klingt das ganz anders, wenn Verteidigungsminister de Maizère sich äussert: „…wenn ein Einsatz politisch erforderlich, gewollt und entschieden ist, muss die Bundeswehr einsatzbereit und einsatzfähig sein - und zwar schnell und ohne lange Vorbereitung.“ Das klingt doch dann schon wieder stark nach Clausewitz, für den der Krieg eine "Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" war.

 Das Grundgesetz sagt hier etwas ganz anderes. In Artikel 87a heisst es in Absatz 1: Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Artikel 24 Absatz 2 ergänzt: Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern. Da steht nichts von „politisch erforderlich“ oder gar „gewollt“.

 Etwas über siebzig Jahre, nachdem dieses Land die Welt in die grösste, von Menschnhand angerichtete, Katastrophe gestürzt hat, redet unser Verteidigungsminister wieder von politisch gewollten Kriegshandlungen. Die Kanzlerin springt ihm bei, wenn sie, laut Welt,  für mehr Anerkennung des Soldatenberufes wirbt. Totschiessen als Beruf. Nicht mehr das Bild des Wehrpflichtigen, das Militär als notwendiges Übel um Agressoren davon abzuhalten Deutschland mit Krieg zu überziehen.

 Jetzt ist der Soldat ein Berufstätiger, dem man Anerkennung entgegen zu bringen hat, womit die Kanzlerin ihn heraushebt aus der Masse der anderen, zvilen, Berufe.  Oder hat man Angela Merkel jemals sagen hören, man müsse dem Automechaniker, dem Schreiner oder dem Installateur Anerekennung entgenbringen, nur weil dieser die unangenehme Aufgabe hat, die verstopfte Toilette zu reparieren?

 Das Ziel ist klar. Dem deutschen Michel soll endlich wieder klar gemacht werden, dass Kriege führen eben dazugehört, wenn Deutschland eine Rolle im Konzert der Völker spielen will. Nicht Diplomatie, nicht der unbedingte Wille eines, für jeden akzeptablen, Interessenausgleichs bei Meinungsverschiedenheitenzwischen den Völkern. Sondern agressives Durchsetzen der eigenen Position, zur Not mit kriegerischen Mitteln, dass ist die Doktrin der Nato und der sie tragenden Staaten. Dafür gilt es Akzeptanz zu schaffen im eigenen Land.

 So werden denn, bis an die Zähne bewaffnete, Soldaten zu Friedenstiftern umdeklariert. Besatzungsarmeen sind "Befreier" oder "Beschützer der Zivilbevölkerung". Gleichzeitig gilt es die eigenen menschlichen Recourcen zu schützen. Wenn denn Blut fliessen soll, dann möglichst kein eigenes. Die Kriege der Gegenwart und der Zukunft sind keine blindwütigen Gemetzel mehr, wie unter Kaiser Wilhem II., der die deutsche Jugend unter dem Motto: Viel Feind, viel Ehr abschlachten liess, oder in der Nazizeit, als es galt die Überlegenheit der nordischen Rasse zu beweisen.

 Heute wird Krieg nicht mehr um der Erhaltung oder Erlangung von Vormacht oder gar Grossmachtstellungen geführt. Beide sind nur noch Mittel zum Zweck. Heute geht es nur um wirtschaftliche Interessen. Es geht um Rohstoffe, Wasser und Boden. Diese Kriege kann man auch andere Nationen ausfechten lassen. Man muss sie nur dafür in den Stand setzen. Die Aussage des ehemaligen Kriegsministers Struck (SPD), unsere Freiheit werde durch den Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch verteidigt, gehört der Geschichte an.

 Die neue Strategie, mit der das Fliessen wertvollen deutschen Blutes verhindert werden soll, was die Akzeptanz kriegerischer Handlungen im Land gewaltig erhöht, formulierte Merkel auf einer Bundeswehrtagung in Strausberg: „Es liegt in unserem Interesse, wenn wir Partner dazu befähigen, sich für die Bewahrung oder Wiederherstellung von Sicherheit und Frieden in ihren Regionen wirksam einzusetzen“. In der verquassten Sprache der Militärs nennt sich das dann: „Rüstungsexporte als Instrument der Sicherheitspolitik“.

Diese Idee ist eine perfide Weiterentwicklung des Drohnenkrieges des Friedensnobelpreisträgers Barak Obama. Während dieser noch Zivilisten, aus der Wüste von Nevada heraus, über 5.000 Kilometer entfernt, in Pakistan mit, aus eigenen Haushaltsmitteln bezahlten Drohnen ermorden lässt, ist die Kanzlerin schon einen Schritt weiter. Sie hat nicht nur das Risiko der eigenen Soldaten, in Kampfhandlungen irgendwo auf der Welt getötet oder verwundet zu werden minimiert. Sie jagt die Soldaten fremder Völker zum Nutzen Deutschlands aufeinander und verkauft ihnen die dafür benötigten Waffen.

 Das hört sich bei der Kanzlerin dann so an: „Wer sich der Friedenssicherung verpflichtet fühlt, aber nicht überall auf der Welt eine aktive Rolle in der Friedenssicherung übernehmen kann, der ist auch dazu aufgerufen, vertrauenswürdigen Partnern zu helfen, damit sie entsprechende Aufgaben übernehmen.“ Wer sind nun diese „vertrauenswürdigen Partner“, die sich der „Friedenssicherung“ verpflichtet fühlen?

 Auf der Exportliste deutscher Waffenproduzenten stehen dann solch Freidenssicherer wie Saudi-Arabien, Quatar, Vereinigte arabische Emirate, Indonesien, Jemen, Bahrain, Israel oder Algerien. Auch die kasachische Antiterroreinheit, Arystan, und die Garde des kasachischen Präsidenten und bekennenden Antidemokraten, Nursultan Nasarbajew, der sich 2010 zum „Führer der Nation“ ernennen und sich und seinen Angehörigen lebenslange Immunität vor Strafverfolgung zusichern liess, gehören zu den "vertrauenswürdigen Partnern" und werden von der deutschen Waffenindustrie ausgerüstet.

 Ein weiterer "vertrauenswürdiger Partner" und anerkannter Friedenssicherer, der libysche Oberst Gaddafi, wurde gerade letztes Jahr von der Nato aus seinem Amt als Staatschef gebombt und unter freundlicher Mithilfe der USA ermordet. In der Folge der „Befreiung und Demokratisierung“ Libyens droht nun Mali in die Hand von saudisch finanzierten Steinzeitislamisten zu geraten. Islamistische Kämpfer, die in Libyen den Sturz Gaddafis mit herbeiführten, und nun ohne Aufgabe dastanden, drangen nach Mali ein und beherrschen mittlerweile zwei Drittel des Landes.

 Da Mali aber sehr Rohstoffreich ist, bedarf es hier einer „Friedenssicherung“ durch „vertrauenswürdige Partner“. Darum sicherte Merkel auch der malischen Militärjunta, die durch einen Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung des Landes, an die Macht kam, die „grundsätzliche Bereitschaft“ zu, sich an einer „Ausbildungs- und Unterstützungsmission der EU für den Kampf der malischen Regierung gegen radikale Islamisten zu beteiligen“.

 Es ist der Fluch des Krieges: Gewalt gebiert immer wieder neue Gewalt. Erst der Einsatz islamistischer Kämpfer in Afghanistan durch die USA gegen die sowjetische Besatzung, dann deren Vertreibung, ebenfalls durch die USA und die Nato, danach Somalia, Libyen, Syrien und nun Mali. Das Krebsgeschwür des Krieges frisst sich durch die dritte Welt. Und am Ende stehen immer die gleichen Gewinner, die Rüstungs- und Waffenindustrie und deren Finanziers. Am Ende gewinnt immer die Bank.

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