Donnerstag, 24. Oktober 2013

Hanns-Joachim-Friedrichspreis für Jörg Armbruster


 Jörg Armbruster ist mit dem Hanns-Joachim-Friedrichspreis ausgezeichnet worden. Und das ist aus zweierlei Gründen ärgerlich. Mit dem ARD-Korrespondenten Armbruster wird ein Mann ausgezeichnet, der für einen Mainstreamjournalismus steht, der eher verklärt als aufklärt und zum zweiten wird diese Auszeichnung von jenen bildschirmpräsenten Journalistinnen und Journalisten, in der Vergabejury, aus den Talkshows und den grossen Nachrichtenformaten benutzt um ihr eigenes Versagen, ihre Lügen und ihre einseitige Berichterstattung zu relativieren. Dafür wird der Namen des untadeligen Journalisten Hanns-Joachim Friedichs missbraucht.

 Missbraucht wird aber auch Armbruster selbst. Am 29. März wurde er in Aleppo in Syrien angeschossen und schwer verletzt. Am 17. April gab dann die Jury des "Hanns-Joachim-Friedrichspreis für Fernsehjournalismus" Armbruster als ihren diesjährigen Preisträger bekannt. Ein Verdienstorden, so muss vermutet werden, den das Gremium nicht nur Armbruster umhängte, sondern auch sich selbst, den Journalisten, so wollte man dem verwunderten Publikum weismachen, die in Erledigung ihres hohen Auftrages alles geben, sogar die eigene Gesundheit und zur Not das eigene Leben.

Mit Armbruster zeichnete die Jury einen der ihren aus. Eine Jury die immer mehr von den Karrierejournalisten beherrscht wird, von Journalisten, die ihre Mäntelchen in den Wind hängen, die ihre Themen in einer Geschwindigkeit zu wechseln verstehen, wie andere ihr Hemd. Gabi Bauer, Petra Gerster, Maybritt Illner, Sandra Maischberger, Frank Plassberg, Thomas Roth oder Anne Will sind Ikonen eines Trash-Journalismus, der nur den kurzlebigen, tagesaktuellen, vermeintlichen Megathemen hinterherhetzt. Beredtes Beispiel für diesen allein auf Einschaltquoten ausgerichteten Journalismus sind die Talkshowikonen und ihre wöchentlich wechselnden Themen:

Maybritt Illner vom ZDF:

  • „Zum Regieren verdammt“, 26.09
  • „Steuer,teuer ungeheuer“, 03.10
  • „Große Koalition, kleinster Nenner“, 10.10.
  • „Qual der Wahl“, 17.10.
  • "Was macht die Kirche mit unserem Geld“, 24.10.


Sandra Maischberger in der ARD:

  • „Die Sensationswahl: Wer will mit Merkel regieren?“, 24.09.
  • „Vermisst - Wenn Menschen spurlos verschwinden“, 01.10.
  • „In die Pleite geschlittert: Absturz oder Neuanfang“, 15.10.
  • „Immer Ärger mit der Kasse“, 22.10.


Frank Plassberg: „Hart aber Fair“ in der  ARD:

  • „AngelaI. - was macht sie mit ihrer Macht?“, 23.09.
  • „Steuern, Schulden, Eurorettung - werden wir jetzt abkassiert?“, 30.09.
  • „Tragödie am Strand - etwas Besseres als den Tod bieten wir nicht“, 07.10.
  • „Diagnose Alzheimer: Mildes Wegdämmern oder Absturz ins Dunkel“, 14.10.
  • „Deutschland wir kommen! Aber welche Flüchtlinge sollen bleiben?


Anne Will in der ARD:

  • „Euro-Kritiker auf dem Vormarsch - kann Merkel sie kleinhalten?“, 25.09.
  • „Das Groe-Koalitions-Pokern - Wer blufft und wer hat wirklich gute Karten?“, 02.10.
  • „USA vorübergehend geschlossen - Ist das noch eine Supermacht? 09.10.
  • „Der Fall des Bischofs von Limburg - will diese Kirche wirklich bescheidener werden?“, 16.10
  • „Mindestlohn statt Hungerlohn - Sorgt die Große Koalition für bessere Jobs?“, 23.10

Nach dem Motto: Jede Woche eine andere Sau durchs Dorf, werden die Themen behandelt, die gerade en voque sind, ohne diese auch nur annähernd zu vertiefen.

 Armbruster steht aber auch für einen Journalismus, der sich nicht mehr an Fakten orientiert sondern an Opportunität. Wie die meisten der Juroren hat Armbruster geliefert, was von ihm erwartet wurde. Der sogenannte arabische Frühling kam dann auch über ihn, wie aus heiterem Himmel. Armbruster schwärmte von den jungen Leuten auf dem Tahirplatz, die über die neuen Medien wie Twitter oder Facebook kommunizierten, die sich angeblich ohne jede Organisation oder Steuerung zu Protestveranstaltungen trafen, beseelt von dem Gedanken an Freiheit und Demokratie. Dabei vergass er zu erwähnen, dass diese Proteste keineswegs intuitiv und spontan waren, sondern dass eine Organisation dahinter steckte, die vom amerikanischen Geheimdienst und von Multimilliardär und Börsenspekulant Georges Soros finanziert wird.

 Immer wieder tauchten während der Demonstrationen Plakate mit der Abbildung einer geballten Faust auf, dem Markenzeichen der serbischen Vereinigung Otpor. Otpor entwickelte sich, nachdem sie in Serbien Milosevic gestürzt hatte, zu einer weltumspannenden Organisation für Revolutionen. Überall dort, wo den USA eine Regierung missliebig wurde, Georgien, Ukraine, Weißrussland, Venezuela oder Usbekistan, rekrutierte Otpor junge Leute aus dem bürgerlichen Lager, schulte sie und sorgte für die notwendige Infrastruktur um regierungsfeindliche Proteste über mehrere Wochen, oder gar Monate, aufrecht zu erhalten und sie medienwirksam zu vermarkten.

 Ägyptische Aktivisten reisten in die USA und wurden dort von Facebook im Umgang mit dem Web 2.0 geschult. Für den Börsengang von Facebook, der 2011 anstand, war der „arabische Frühling“ und die ständige Wiederholung und das positive Besetzen des Firmennamens durch Journalisten wie Armbruster ein Milliarden-Dollar-Geschäft.

  Während Armbruster und seine internationale Kollegen in Kairo, ganz im Sinne der Initiatoren, die Protetste der bürgerlichen gut situierten Jugendlichen zu einem Aufstand des gesamten ägyptischen Volkes hochstilisieren gerät ihnen das übrige Land und der größte Teil der Bevölkerung völlig aus dem Blickfeld.

 Am 22 März 2012 gesteht Armbruster in einem Interview der Stuttgarter Zeitung:  „Im Rückblick muss ich sagen, dass ich während der damaligen Ereignisse die Bedeutung von Facebook und Twitter überschätzt habe. Als westliche Fernsehkorrespondenten hatten wir vor allem die jungen, gut ausgebildeten Männer und Frauen aus Kairo und den anderen großen Städten im Auge. Sie haben über das Internet die Initialzündung für den Protest auf dem Tahrir-Platz in Kairo gegeben. Dadurch hatten wir etwas aus dem Blick verloren, dass die meisten Bürger in Ägypten arm und arbeitslos sind, weder lesen noch schreiben können. Die wenigsten dieser Menschen haben Zugang zum Internet oder können mit Facebook etwas anfangen. Sie haben sich trotzdem den Protesten angeschlossen. Vor allem auf dem Land sind die Menschen tiefreligiös und die Islamisten, die erst spät auf den fahrenden Zug der Revolution aufgesprungen sind, fest verankert.“

 Während also Armbruster „die jungen, gut ausgebildeten Männer und Frauen aus Kairo und den anderen großen Städten im Auge“ hatte, war ihm entgangen, „dass die meisten Bürger in Ägypten arm und arbeitslos sind, weder lesen noch schreiben können.“ Und ihm war entgangen, dass es in Ägypten in den Jahren zuvor immer wieder Streiks, Proteste und Demonstrationen von Arbeitern, Bauern, Armen und Rechtlosen gegeben hatte. Bereits in den 1990er Jahren war das Regime Mubarak am Ende.

 "Die Wirtschaft lag am Boden und der Regierung ging das Geld aus. Jahrelange Misswirtschaft, Korruption, überdimensionierte Bauvorhaben, wie etwa das Toshka-Projekt, immer grösser werdende Lebensmittelimporte durch eine verfehlte Landwirtschaftspolitik und eine jahrzehntelange Hochrüstung mit dem feinsten was es auf dem Markt zu kaufen gab, hatten das Land ruiniert.

 Mubarak und seine Clique mussten sich bei IWF und Weltbank Geld leihen, damit Ägypten nicht bankrott ging. Für die gewährten Kredite packten IWF und Weltbank dann ihr gesamtes Arsenal an Folterwerkzeugen aus. Ägypten musste seine Märkte für Impoerte öffnen, seine Währung abwerten. Es musste seine Landwirtschaft auf Export umstellen, statt Hirse, dicke Bohnen und Kohl, wie sie seit Jahrehunderten der Bevölkerung zur Ernährung dienten, wurde jetzt Baumwolle, Exportgemüse und Mais auf den, durch Versalzung Überdüngung und die Erderwärmung immer kleiner werdenden landwirtschaftlichen Flächen angebaut. Ägypten musste sich für ausländische Investitionen öffnen, und alles was irgendwie von Wert war privatisieren.

 Mit diesen Massnahmen einher ging die zunehmende Verarmung der Bevölkerung. Die Bauern verliessen ihre Äcker und Dörfer, weil sie dort ihre Familien nicht mehr ernähren konnten und wanderten in die Städte. Allein die Einwohnerzahl des Kerngebietes von Kairo wuchs von 1986 bis 2008 um fast 2 Millionen Menschen von 6 auf über 7,9 Millionen. Die meisten dieser Menschen lebten in den Slums der Stadt, ohne Wasser und ohne Kanalisation. Sie verdingten sich als Tagelöhner. In vielen Familien waren die Kinder die einzigsten, die durch ihre Arbeit den Lebensunterhalt der gesamten Familie bestritten.

 Im Frühjahr 2010, also ein Jahr vor der Revolution der Handygeneration, kam es zu immer massiveren Arbeiterunruhen. Immer wieder, oft über Wochen belagerten Hunderte und Tausende von Arbeitern das Parlament und kämpften für ihre Rechte. Auch das Protestcamp auf dem Tahrirplatz war keine Erfindung der Studenten. Die protestierenden Arbeiter, schon ein Jahr zuvor, campierten oftmals über Wochen vor dem Parlamentsgebäude. Mehrfach wurde von der ägyptischen Regierung erwogen, die Demonstrationen niederzuschiessen. Aber die Gefahr eines allgemeinen Volksaufstandes erschien zu groß.

 Diese Demonstrationen, eine amerikanische Untersuchung zählte in den Jahren 2004 bis 2008 allein 1.900 mit etwa 1,7 Millionen Teilnehmern wurden allerdings von den westlichen Medien totgeschwiegen. War man doch mit Mubarak noch innigst verbunden und Demonstrationen von Arbeitern gegen die schöne glitzernde Welt des Turbokapitalismus wie von IWF und Weltbank vertreten, darüber mochte man nicht berichten.“ (Arabischer Frühling oder kalt kalkulierter Umsturz zugunsten des Marktradikalismus, Spiegelkabinett, 22.08.2012)

 Das Armbruster liefert was von ihm erwartet wird, konnte auch während des Libyienkrieges beobachtet werden. Im Stätsommer, Frühherbst 2011, Gaddafi ist besiegt und befindet sich auf der Flucht, erstellt Armbruster zusammen mit seinem Kollegen Stefan Buchen einen Film mit dem Titel "Gaddafis Geheimnisse: Luxus und Terror". In diesem Film versuchen die beiden Journalisten mit filmischen Versatzstücken, die sie mit einem neuen Ton unterlegen, der den wahren Inhalt der Bilder, zum Teil vollkommen umdreht, die 50.000 Toten des völkerrechteswidrigen Krieges der Nato gegen ein kleines Land zu rechtfertigen.(Dokumentiert in: "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus? - ARD-Thomas Ader versucht ARD-Jörg Armbruster reinzuwaschen." Spiegelkabinett 16.02.2013).

 " Seine ruhige Sprache, seine erklärenden, manchmal didaktisch anmutenden Bildberichte sind wohltuender und hochinformativer Kontrast zu den lärmenden Schnellfeuervideos aus einem zerrissenen Land", so heisst es in der Begründung für die Preisverleihung. In der Syrienberichterstattung, auf die die Auszeichnung Armbrusters sich ja hauptsächlich bezieht, herrschten allerdings hauptsächlich die "Schnellfeuervideos" vor. Unscharfe, verwackelte Handyvideos von zweifelhafter Herkunft waren das Material, das, von Armbruster immer in dieselbe Richtung kommentiert fast täglich in die deutschen Wohnzimmer flimmerte.

 Wem Armbruster dient, wessen Interessen er vertritt und welche Wahrheit er verkündet, dass macht er unbewusst in einem Interview im Deutschlandradio am 08. Oktober diesen Jahres deutlich. Er spricht darin von den Umständen der Arbeit in Damaskus und seiner Arbeit als embedded Journalist bei der US-Amerikanischen Marineinfanterie in Falludscha im Irak: "...da kann ich mich dann in Damaskus überhaupt nicht unabhängig und frei bewegen, weil ich alles, was ich will, beim Informationsministerium anmelden muss. Wir sind begleitet von Mitarbeitern des Informationsministeriums, wenn wir zum Beispiel in der Stadt Straßenumfragen machen, auf Marktplätzen nach der Situation der Lebensmittelversorgung zum Beispiel fragen, dann hört natürlich dieses Ohr des Regimes immer mit. Und die Menschen, egal, was sie denken, geben dann die Antworten, die dieses Ohr hören will."

 Im Gegensatz dazu bei den amerikanischen Marines: "Ich war einmal "embedded" bei der US-Marineinfanterie, die Falludscha belagert hat, und ich konnte da mit Patrouillen durch Falludscha, eine kleine Stadt, sunnitische Hochburg, Rebellenhochburg in der Nähe von Bagdad, die sich gegen die Besetzung des Irak zur Wehr gesetzt hatte. Da konnte ich dann mit amerikanischen Patrouillen durch die Stadt fahren und konnte dann selber sehen und mit Leuten, Menschen dort reden, und sie haben sehr offen mit mir da über ihre Sorgen, über ihre Nöte und über ihre Feindschaft gegenüber den Amerikanern geredet."

 Im Jahr 2008 anlässlich eines Vortrages vor Studenten der Mainzer Universität klingt das noch ganz anders: " Im Kriegsgebiet war es den Journalisten nicht möglich, Auskünfte zu überprüfen. Fragen, die man sich stellte, konnten nicht alle beantwortet werden. Interviews mit Passanten waren nur möglich, wenn diese von den Einheiten mit Schusswaffen von den Journalisten ferngehalten wurden".

 Zu den Bedingungen unter denen die embedded Reporter arbeiten mussten heisst es in dem Bericht: "Das Hauptziel eines eingebetteten Reporters sollte sein, Fortschritte und Siege des US-Militärs vorzuführen, die Erfolge zu feiern. Ein ausgeklügeltes Kontrollsystem, eine Art News Management, gewährleistete, dass nur solche  Nachrichten, die das Militär feiern, weitergegeben wurden. “Embedded“ meinte also die gezielte Auswahl und Steuerung von Nachrichten und Reportern. Die eingebetteten Journalisten mussten vor dem Antritt ihrer Arbeit im Irak so genannte “Ground Rules“, Verhaltensregeln, unterschreiben, die sie kontrollierbar machten. Jeglicher Verstoß gegen diese Regeln wurde hart bestraft."

 Besser als der Journalist Armbruster kann wohl keiner die Berufsauffassung des Korrespondenten und des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preisträgers Armbruster beschreiben. Und der beschreibt damit auch gleichzeitig die Berufsauffassung seiner Juroren.

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