Freitag, 28. August 2015

Wie die deutschen Medien über einen Prozess berichten, den kein Redakteur wirklich beobachtet hat.

 Ich weiss nicht, ob das Urteil gegen Oleg Senzow und Alexander Koltschenko, das ein Gericht in Rostow am Don gesprochen hat, gerechtfertigt ist. Ich weiss auch nicht ob der vorangegangene Prozess fair war, ob er dem Recht verpflichtet war, denn ich habe diesen Prozess nicht verfolgt. Ich habe nicht im Gerichtssaal gesessen, als Beobachter.

 Das haben die Journalisten, die vor drei Tagen seitenweise darüber geschrieben haben, die im Fernsehen und im Radio berichtet haben, allerdings auch nicht. Sie aber fühlen sich trotzdem berufen zu urteilen, über Prozess und Strafe. Sie sprechen von einem Schauprozess und von Einschüchterung der Opposition. Allen Berichten ist aber eines gemein: Sie sind äusserst faktenschwach.

Beim Tagesspiegel hat es nicht einmal dazu gereicht den Ort des Gerichtsverfahrens korrekt zu benennen. Jan Schulz-Ojala schreibt in seinem Artikel "Die Herrschaft des verdammten Zwergs wird enden":
"Oleg Senzow ist in Moskau wegen "Terrorismus" zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Der ukrainische Filmemacher zeigt sich unerschrocken und hat eine klare Botschaft für Putin."
 Wenn ein Autor nicht einmal den Ort des Geschehens über das er angeblich berichtet, korrekt zu benennen weiß, dann ist sein Elaborat wohl mit äusserster Skepsis zu betrachten. Schulz-Ojala berichtet über einen Prozess in Moskau, der in dem weit über tausend Kilometer entfernten Rostow am Don stattgefunden hat. Schulz-Ojala kam es wohl weniger auf genaue Berichterstattung an als vielmehr auf grosse propagandistische Wirkung. Und da ist es schliesslich egal ob Moskau oder Rostow am Don - schliesslich und endlich gehören beide Städte zu Putins dunklem Reich des Bösen.

 Der Deutschlandfunk kommt sogar praktisch gänzlich ohne Fakten aus. In dem Beitrag "Internationale Kritik an Urteil gegen Senzow" reicht es dem Sender die Beurteilung des Gerichtsverfahrens von USA und Europäischer Union zu zitieren um sich eine eigene Meinung zu bilden und diese als Ultima Ratio in die Welt zu posaunen:
"Die USA und die Europäische Union haben die Verurteilung des ukrainischen Regisseurs Oleg Senzow in Russland scharf kritisiert.Die Terror-Anschuldigungen gegen Senzow entbehrten jeder Grundlage, erklärte das Außenministerium in Washington. Die EU-Außenbeauftragte Mogherini wertete das Urteil als Verstoß gegen internationales Recht. Sie forderte die sofortige Freilassung Senzows."
 Als Berichterstattung vom Prozess selbst, reichen ein paar dürre Sätze ohne auch nur annähernd auf die Vorwürfe gegen die Angeklagten einzugehen. Stattdessen wird wieder einmal fälschlich der Propagandabegriff von der "annektierten Halbinsel Krim" gebraucht:
"Ein Gericht in der südrussischen Stadt Rostow am Don hatte den Filmemacher zu 20 Jahren Haft verurteilt. Ein mitangeklagter ukrainischer Aktivist erhielt eine zehnjährige Haftstrafe. Sie wurden für schuldig erklärt, terroristische Anschläge auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim geplant zu haben. Senzow will nach Angaben seines Verteidigers Berufung gegen das Urteil einlegen."
 Auf der Seite der "Tagesschau" nur ein Nebensatz über die Straftaten, die den beiden Angeklagten zur Last gelegt werden. Ihnen werde vorgeworfen:
"...im Mai 2014 das Büro einer prorussischen Partei auf der von Russland annektierten Krim in Brand gesetzt und geplant zu haben, eine Lenin-Statue in Simferopol in die Luft zu sprengen."
Diese Darstellung entspricht nur sehr eingeschränkt den Tatsachen. Verurteilt wurden Senzow und Koltschenko aber wegen zweier Brandanschläge auf die Büros der „Russische Krim-Gemeinde“ und der Partei "Geeintes Russland" in Simferopol am 14. bzw. 18. April 2014. Weiterhin wird ihnen zur Last gelegt, Anschläge mit selbstgebastelten Sprengsätzen vor dem Mahnmal mit der Ewigen Flamme geplant und am 9. Mai 2014 versucht zu haben, das Lenin-Denkmal in der Stadt Simferopol in die Luft zu sprengen.

 Was die Tagesschau auch verschweigt: Bei Hausdurchsuchungen bei Senzow und Koltschenko sollen Sprengstoff, Schusswaffen, Munition, Kanister mit Zündmischungen, Atemgeräte, Gasmasken, und Farbsprays gefunden worden sein.

Wenn in deutschen Medien auf die Anklagevorwüefe eingegangen wird, dann ausschlieslich auf die nicht zu leugnenden Brandanschläge in Simferopol, die auch noch heruntergespielt und verharmlost werden, wie etwa im Deutschlandfunk:
"Verletzt wurde niemand, es entstand ein Sachschaden von 4.000 Euro",
oder in der "Süddeutschen":
"Es entstand Sachschaden, die Feuer wurden schnell gelöscht."
 Wie gesagt, ob dieses Anschuldigungen den Tatsachen entsprechen weiss ich nicht, aber es ist schon sehr traurig, dass man sich diese Anklagevorwürfe auf den Seiten der deutschsprachigen Sputniknews zusammenklauben muss. Unweigerlich kommen Fragen auf: Warum wird in der deutschen Presse nicht darüber berichtet? Hat man etwas zu verbergen? Gehören doch in den Bericht über einen Gerichtsprozess zumindest die Anklagevorwürfe, auch wenn man sie bezweifelt.

 Die meisten der deutschen Presseorgane bezeichnen, wie die "FAZ", die Geständnisse der zwei, im letzten Jahr ebenfalls verhafteten, Gennadij Afanasjew und Alexej Tschirnij als Begründung für das Urteil gegen Senzow und Koltschenko:
"Sogenannte Geständnisse von zwei Männern, die gleichzeitig mit Senzow und Koltschenko festgenommen und dann in einem eigenen Prozess zu vergleichsweise geringeren Haftstrafen von je sieben Jahren verurteilt worden waren, bildeten nun die Grundlage für die Entscheidung der Rostower Gerichts. Der erste dieser Männer, Gennadij Afanasjew, distanzierte sich in der Endphase des Prozesses gegen seine Leidensgenossen von seinem Geständnis, der zweite, Alexej Tschirnij, weigerte sich, in Rostow auszusagen."
Während also die "FAZ" und andere Publikationen wie die "Süddeutsche Zeitung", die behauptet das Verfahren gegen Senzow und Koltschenko stütze sich:
"...allein auf die Aussagen von zwei weiteren festgenommenen Personen, die mit den Ermittlern kooperierten und dadurch mit geringeren Strafen davonkamen",
sieben Jahre Haft als "vergleichsweise geringe Haftstrafen" bezeichnet werden, ist die Tagesschau da ganz anderer Ansicht Sie spricht auf ihrer Internetseite von "langjährigen Haftstrafen":
"Nach Angaben von Anwälten der Angeklagten wurden Zeugen gefoltert, um sie zu Aussagen gegen Senzow und Koltschenko zu zwingen. Die Zeugen sollten Belege dafür liefern, dass die beiden Männer der rechtsextremen ukrainischen Gruppierung Rechter Sektor angehören. Zwei Zeugen, die sich weigerten auszusagen, wurden im Zusammenhang mit dem Fall zu langjährigen Haftstrafen verurteilt."
 Ob eine Haftstrafe "Gering" oder "Langjährig" ist, scheint wohl eher dem Umstand geschuldet, was man mit seiner Aussage erreichen will. Während "FAZ" und "Süddeutsche" suggerieren wollen, die russische Staatsanwaltschaft habe Gennadij Afanasjew und Alexej Tschirnij durch milde Urteile in ihren eigenen Verfahren zu zweifelhaften Aussagen gegen die vermutlichen Haupttäter verleiten wollen, setzt die Tagesschau mehr auf rohe Gewalt der russischen Behörden.

 Während in "FAZ" und "Süddeutscher" behaupten Afanasjew und Tschirnij hätten durch ihre Aussagen Senzow und Koltschenko, zumindest zunächst, schwer belastet, haben sich diese, laut Tagesschau, selbst unter Folter, geweigert Senzow und Koltschenko zu belasten.

 So werden aus "vergleichsweise geringeren Haftstrafen" bei den einen,  "langjährige(n) Haftstrafen" bei den Anderen. Just so, wie es beliebt.

8 Kommentare:

  1. wie armselig. der hirngewaschene jungmann löscht alles russland-kritische, was ihm zu gesicht kommt. tragisch, der typ. meine vermutung ist, dass er für die dreiste propaganda hier fürstlich entlohnt wird.

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    1. Du lernst es vermutlich nicht, aber trotzdem - mach erst einmal einen Rechtschreibkursus, vorteilhaft wäre es, Groß- und Kleinschreibung zu üben, und sich mit dem Setzen von Kommas und Punkten vertraut zu machen !
      Ansonsten: Hirngewaschen trifft es, besser kann man sich selbst nicht klassifizieren !
      Was empfiehlt Dein NSA Führungsoffizier diesbezüglich ?

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  2. Ich habe dir schon ein paarmal erklärt, wer das Lügenblatt Bildzeitung lesen will, der soll auf die Seite von Bild gehen. Wenn du nichts anderes als die üblichen Pöbeleien zu bieten hast, dann geh doch zu deiner geliebten Bildzeitung. Dort bist du unter deines Gleichen, dumme Ignoranten, die jeden Scheiß glauben, der ihnen vorgesetzt wird.

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    1. Sabne Adler hat im Dezember 2014 eine Resolution von 100 Osteuropaexperten „für eine realitätsbasierte statt illusionsgeleitete Russlandpolitik“ mitunterzeichnet. Darin heißt es, dass die territoriale Integrität der Ukraine, Georgiens und Moldawiens nicht der „Besonnenheit“ deutscher Russlandpolitik geopfert werden dürfe. Wenn sich Moskau von der EU und/oder der NATO bedroht fühle, solle es diesen Streit mit Brüssel austragen. Klingt alles sehr vernünftig. Russland nimmt sich die Schwächsten vor, seine Nachbarn (mit Ausnahme der Balten, weil die geschützt sind), und macht mit ihnen, was es will. Adler war 2010 Politikjournalistin des Jahres, spricht Russisch fließend, liest Quellen im Original, ebenso Reitschuster (der aufgrund seiner Recherchen in Russland mit dem Tode bedroht ist), Neef, Bidder udgl. Alles integre Leute, die - glaubt man Jungmann - Im Sinne/Dienste der NATO Lügen verbreiten. Derselbe Jungmann, der vermutlich nie in Russland war, geschweige denn dem Russischen mächtig ist, also Primärquellen, z.B. jene in der Nowaja Gaseta, die die Existenz regulärer russischer Truppen im Donbass eindeutig bestätigt, im Gegensatz zur BILD-Redaktion nicht Wort für Wort auswerten kann. Dieser Jungmann kann in Wahrheit gar nicht beurteilen, ob ihm "Scheiß vorgesetzt wird". Dazu fehlt ihm das Handwerkszeug.

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    2. "des Russischen mächtig"
      Deutsch ist nicht meine Muttersprache, Entschuldigung.

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    3. Noch mal zum Thema Doppelmoral: Die Chefin des russischen Parlamentsoberhauses, Walentina Matwijenko wurde nach New York geladen. Sie sollte am 31. August an dem Forum der Parlamentspräsidenten teilnehmen und vor der sogenannten Interparlamentarischen Union (IPU) sprechen. Die USA erteilten Ihr ein Visum nur unter Auflagen, da sie auf der Sanktionsliste steht. Da sie bei den VN sprach, machten sie eine Ausnahme. Dennoch sagte Matwijenko die Reise ab. Das russische Außenamt in einer Stellungnahme: „Unter diesen Umständen ist der Besuch der von Matwijenko geleiteten Delegation in New Yort unmöglich“, erklärte das Moskauer Außenministerium am Mittwochabend. Die Behörde bezeichnete die Bedingungen als inakzeptabel und zweifelte sogleich daran, ob die USA überhaupt das „moralische Recht habe, internationale Veranstaltungen auszutragen“. Weiter: „Das ist eine grobe Verletzung des Völkerrechts.“

      "Eine grobe Verletzung des Völkerrechts", ah ja.

      War da nicht was mit der Krim?

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    4. "Da sie bei den VN sprach" ist falsch.
      "Da sie bei den VN sprechen sollte" hätte es heißen müssen.

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  3. Zu blöde zum zitieren und das auch noch aus dem Analphabetenblatt Bild. Im übrigen was hat dieser Müll den Du hier absonderst mit dem Post zu tun?
    Was ist so schwer an dem Begriff Kommentar zu Verstehen?

    Ich empfehle: Wörterbuch kaufen, eifrig studieren und es dann mit einfachen Texten versuchen. Themen wie: Mein schönstes Ferienerlebnis würden sich da anbieten. Niveau: Drittes Grundschuljahr.

    Also: Müll den Blog hier nicht mit Deinem unterirdischen Blödsinn voll!

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