Dienstag, 12. Juni 2012

OECD betreibt Angstpropaganda für Versicherungskonzerne

 Die OECD macht sich Sorgen um die deutschen Renten. Dabei tischt sie wieder einmal die alten, teils längst wiederlegten, sowie Interessen gesteuerten, Behauptungen und Schreckensszenarien auf. Die Menschen werden immer älter, die umlagefinanzierte Rente reicht nicht mehr aus, wenn nicht privat vorgesorgt wird und die Lebensarbeitszeit kontinuierlich verlängert wird enden grosse Bevölkerungsgruppen in der Altersarmut.

 Um diese Behauptungen mit Zahlen zu unterlegen scheut die OECD auch vor groben Manipulationen nicht zurück. So wird bei der Berechnung der Lebenserwartung nach Eintritt in die Rente auf einer Kurvengrafik an die gesicherten Zahlen von 1958 bis 2010, die ziemlich gradlinig gestiegen sind, einfach ein Lineal angelegt und die Linie eben so gradlinig bis in die Unendlichkeit verlängert, so als wäre der Mensch eines fernen Tages unsterblich.

 Die Rentenbezugsdauer stieg laut OECD von 1958 bis 2010 bei den Frauen von 18,1 Jahren auf 20,7 Jahre und bei den Männern von 14,2 auf 17 Jahre. Dabei, das gibt die Studie unumwunden zu, ist ein Teil der Bezugsdauer der Rente auf eine Senkung des Renteneintrittsalters bei den Männern in 10 Ländern und bei den Frauen gar in 13 Ländern zurückzuführen. Hier werden einfach Äpfel und Birnen zusammengerechnet und dadurch die Kurve ungerechtfertigt angehoben.

 Tatsache ist, die Zeit des Bezugs von Altersrente wird sich in den nächsten Jahren noch geringfügig verlängern, die Kurve wird sich aber, dadurch, dass immer mehr Menschen in Zukunft auch bis zum gesetzlichen Renteneitrittsalter arbeiten, zusehends abflachen.

 Übrigens, während ich hier sitze und schreibe, sehe ich immer mal wieder den Zimmerleuten zu, die drüben auf der anderen Seite der Strasse in luftiger Höhe ein Dach sanieren. Keiner der sechs Männer, die dort artistisch kletternd ihre schwere Arbeit verrichten, ist älter als Mitte vierzig, die meisten wesentlich jünger. Ich frage mich, wie diese schwere, gefährliche Arbeit von einem 67-jährigen erledigt werden soll?

 Neben der Verlängerung der Lebensarbeitszeit mahnt die OECD auch wieder einmal die private Altersvorsorge an. Eine solche Forderung kann man nur aufstellen, wenn man bewusst gegen besseres Wissen handelt. Längst ist bewiesen, dass eine private Altersvorsorge nicht ansatzweise so effektiv ist, wie das staatliche Umlagesystem. So berechnen die Versicherungsgesellschaften dem Versicherten einen Anteil von ca. 20% von den eingezahlten Beträgen für Verwaltungskosten, Provisionen usw. Die staatliche Rentenversicherung kommt mit knapp 4% aus, denn sie braucht keinen teuren Aussendienst und sie muss keinen Gewinn an ihre Aktionäre ausschütten.

 Zusätzlich sinkt, bei ständig steigenden Kosten, die Rendite. So haben Wissenschaftler errechnet, das ein männlicher Rentner 89 Jahre alt werden muss, um überhaupt in die Gewinnzone zu gelangen. Bis dahin verzehrt er nur das zuvor eingezahlte Kapital, ohne auch nur einen einzigen Cent Zinsen zu kassieren. Selbst nach der grosszügigen Berechnung Rentenbezugsdauer durch die OECD, ist der Durchschnittsrentner und somit auch die meisten seiner Kollegen, längst unter der Erde.

 Hinzu kommt das hohe Risiko einer sich auf Finanzgewinne stützenden Alterssicherung. Um das Risiko zu minimieren, darf eine Versicherung nur 30% ihrer Kundeneinlagen in Aktien anlegen, der Rest muss in Staatsanleihen und Pfandbriefen investiert werden. Ein Blick in die Zeitung genügt um sich klar zu machen, wie gefährdet, gerade im Moment die Staatsanleihen sind. Die Zeiten des triple A sind längst dahin. Sicher es gibt auch noch verhältnismässig sichere Bonds, zum Beispiel die Deutschen. Allerdings sind die mittlerweile so stark nachgefragt, dass sie keinerlei Rendite mehr abwerfen. Die Inflation heruntergerechnet, verlieren sie jedes Jahr an Wert.

  Man sieht, private Vorsorge fürs Alter ist ausser für die multinationalen Versicherungskonzerne für niemanden ein Geschäft. Wer glaubt, durch eine Riesterrente der eigenen Altersarmut zu entkommen, befindet sich massiv auf dem Holzweg. Statt immer mehr Steuergeldern für Subventionen der Versicherungskonzerne zu verschleudern, sollte die staatliche Rentenversicherung gestärkt werden. Dazu gehört zunächst einmal ein vernünftiger Mindestlohn, denn nur wer vernünftig verdient, bekommt auch im Alter eine Rente von der er auskömmlich leben kann. Gerade die Leute, die wegen ihres geringen Verdienstes auch eine unter dem Existenzminimum liegende Altersrente erhalten, und somit auf eine Zusatzrente angewiesen wären, sind natürlich nicht in der Lage von ihrem Hungerlohn auch noch Geld für die private Vorsorge aufzubringen.

 Nicht die zunehmende Rentenbezugsdauer bringt unser Rentensystem ins wanken, sondern die durch Niedriglohn und Minjobs immer geringer werdenden Einnahmen der Rentenkassen, auch die der Privaten. Denn auch diese finanzieren sich, zumindest zum grössten Teil nach dem Mackenroth Theorem, wonach immer, egal nach welchem System, die arbeitende Generation die der Kinder und Alten mit unterhält. Auch die privaten Kassen entnehmen einen grossen Teil ihrer Auszahlungen aus den laufenden Einnahmen. Sollten allerdings hier einmal die Neukunden, aus welchem Grund auch immer, ausbleiben, so ist die Versicherung binnen kürzester Zeit Pleite und die eingezahlten Beiträge sind verloren. Da die Einzahler bei der öffentlichen Rentenkasse pflichtversichert sind, ist ein Ausbleiben von Beiträgen nahezu ausgeschlossen.

 Anstatt den Versicherungsgesellschaften durch Angstmacherei neue Opfer in ihr Schneeballsystem zu treiben, sollte die OECD lieber gerechte, auskömmliche Löhne für die Arbeitnehmer einfordern.

1 Kommentar:

  1. Diesen Beitrag sollten sie im deutschen Bundestag vortragen und zusätzlich als Seite 1 Aufmachung aller deutschen zeitunge veröffentlichen. Die staatlich geförderte Angstmacherei um die Zukunft ist mittlerweile unerträglich geworden. Diese Website hebt sich wohltuend davon ab und gehört mittlerweile zu meiner Pflichtlektüre. Vielen dank dafür !

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