Dienstag, 19. Juni 2012

Reife PR-Leistung der Schlecker-Gläubiger

„Die Gläubiger der zusammengebrochenen Drogeriemarktkette Schlecker gehen einem Magazinbericht zufolge fast leer aus.“ Das meldete Reuers in Bezugnahme auf einen Artikel des Spiegel vom Sonntag und halb Pressedeutschland druckte unüberprüft nach. Man liest und staunt, den angemeldeten Forderungen von 665 Millionen Euro stehe ein möglicher Ausschüttungsbetrag von nur 27 Millionen gegenüber. Und Reuters bzw. der Spiegel wissen auch gleich in welche Taschen die 499,8 Millionen Euro, die Anton Schlecker noch sein Eigen nannte, geflossen sind. Neben Warenrechnungen, Mietzahlungen und Kosten des Insolvenzverfahrens vor allem in die Löhne und Sozialversicherungsbeiträge der Mitarbeiter.

 Es ist schon ein Jammer mit den Leuten. Ihr Arbeitgeber ist pleite, die Gläubiger, vor allem die Grossen, wie der Kreditversicherer Euler Hermes dem Schlecker angeblich 224 Mio. Euro schuldet, oder die Kinder des Anton Schlecker, die von ihrem Vater 173,33 Millionen Euro haben wollen, kommen vor Hunger nicht in den Schlaf und die Mitarbeiter bestehen auf die Bezahlung ihrer Arbeit.

 So etwas nennt man wohl erfolgreiche PR-Arbeit. Hatten bisher die Gläubiger den schwarzen Peter, weil sie in der Gläubigerversammlung für die Zerschlagung der Drogeriemarktkette gestimmt haben und somit einer Weiterführung durch einen Investor eine Abfuhr erteilten, so müssen wir nun voller Erstaunen feststellen, dass es die Gläubiger sind, die von den 13.800 Schlecker-Mitarbeitern um ihr Eigentum gebracht werden.

Dabei nehmen es die Herrschaften in den PR-Abteilungen und Agenturen mit der Wahrheit nicht so ganz genau. Warenrechnungen und Mietzahlungen dürften durch die Einnahmen aus dem laufenden Geschäft, zumindest weitestgehend gedeckt sein. Bei den 125 Mio. Euro mit denen Schlecker bei der Bundesanstalt für Arbeit in der Kreide steht, handelt es sich wahrscheinlich um Zahlungen des Konkursausfallgeldes. Meines Wissens nach, haben die Beschäftigten bei Schlecker aber keinen doppelten Lohn erhalten. Warum die Löhne und Gehälter dann zweimal genanntt werden, ist logisch nicht zu erklären. Die Tatsache ist wahrscheinlich der, in den Kreisen der PR-Branche so hoch geschätzten, Kreativität zu verdanken. Man nennt das das Pippilotta-Prinzip: Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.

 Der zur Allianzgruppe gehörnde Kreditversicherer Euler Hermes, so wollen uns Spiegel und Reuters einreden, bleibe auf einer Forderung von 224 Millionen Euro sitzen. Ein herbes Schicksal. Wer allerdings um das Wohl und Wehe der von Hartz IV bedrohten Aktionäre der Allianz fürchtet, der möge sich wieder beruhigen. Ganz so schlimm wird es nicht kommen.

 Euler Hermes hat zwar eine Forderung von 224 Millionen, andere sprechen gar von 300 Millionen Euro angemeldet, hat sich aber längst durch Eigentumsvorbehalt an den gelieferten Waren und durch Sicherungsübereignungen von Immobilien, Grundstücken etc. schadlos gehalten.

 Man sieht die Welt wurde auch durch die Schleckerpleite nicht auf den Kopf gestellt. Es ist wie es schon immer war: Die Arbeitnehmer verlieren ihre Jobs und landen letztendlich zum grössten Teil in Hartz IV. Die kleinen Handwerker, Dienstleister und Lieferanten, die auf den hinteren Rängen der Liste der Gläubiger stehen, gehen leer aus und müssen sehen wie sie ohne die Bezahlung von Schlecker über die Runden kommen, während sich die international agierenden Hauptgläubiger längst die Taschen gefüllt haben.

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