Sonntag, 16. September 2012

Die Riester-Rente, der größte Coup aller Zeiten

 Ein Mann reist durchs Land, wird weitergereicht von Fernsehstudio zu Fernsehstudio und von Zeitungsredaktion zu Zeitungsredaktion. Walter Riester ist wieder auf Promotiontour. Nicht erst seit den unbedachten Worten des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel: „Die Hoffnungen das die Riesterrente die Absicherung beim Rentenniveau ausgleicht, haben sich nicht erfüllt“, zweifeln viele Arbeitnehmer, ob die Riester-Rente in der Lage ist, sie vor der drohenden Altersarmut zu bewahren.

Langsam wird der Betrug mit der Zusatzrente durch Kapitalanlage offenbar.  Die Anbieter von Riesterverträgen klagen über eine rapide zurückgehende Anzahl bei den Abschlüssen von Neuverträgen. Neues, frisches Geld muss her. Ein Schneeballsystem funktioniert eben nur, wenn ihm immer neues Geld zugeführt wird. Die ersten Riesterverträge garantieren noch eine Verzinsung von 4,5%, zur Zeit werden gerade einmal noch 2,5% garantiert. Renditen, die praktisch nicht mehr zu erwirtschaften sind, wenn man weiss, dass die Anbieter von Riesterverträgen bis zu 25% der Spargelder für Verwaltung, Werbung und den eigenen Gewinn einbehalten. So werden die ersten Auszahlungen zum Teil mit dem Geld der Kunden aus den Neuverträgen finanziert.

 Warum so ein unsinniges System, das den Versicherten 4% ihres Bruttoverdienstes kostet und das aus der Staatskasse noch mit Zuschüssen gefördert wird, wenn es letzten Endes doch darauf hinausläuft, dass die Einzahler die Rente der älteren Generation finanzieren? In den 80er Jahren suchten die Versicherungen nach neuen Geschäftsfeldern. Die staatliche Rentenversicherung setzte jährlich Milliarden um, ohne das irgend jemand ausser den Versicherten etwas davon hatte. Was hätte man für Geschäfte machen können, wenn man auch nur einen Teil dieser Gelder in die eigenen Kassen umleiten konnte.

 Zur gleichen Zeit sannen die Arbeitgeber darauf, sich endlich aus der solidarischen Finanzierung der Sozialversicherungen zu verabschieden. Beide Interessen trafen sich. So begann ein gewaltiger PR-Feldzug gegen die umlagefinanzierte Rente. Den Arbeitnehmern wurde eingeredet, sie würden im Alter nicht mehr genügend Rente bekommen, um noch vernünftig davon leben zu können. Horroszenarien von einer aussterbenden Gesellschaft wurden an die Wand gemalt. Die Alten würden immer Älter, die Jungen immer weniger, und die würden die Alten eines, nicht mehr fernen Tages, nicht mehr ernähren können.

 Diesen Horrorgeschichten, gab die Politik der Kohl-Regierung nach der Wende, neue Nahrung. Hemmungslos plünderten Kohl und sein Finanzminister Waigel die öffentliche Rentenkasse, um die wahren Kosten der Wiedervereinigung zu verschleiern. Als dann Kohl abgewählt wurde und die neue Rot/Grüne Regierung unter Schröder und Fischer an die Macht kam, war die öffentliche Meinung bereits so weit gedreht, dass die Bürger die Lügengeschichten der Versicherungswirtschaft und der Arbeitgeber für bare Münze hielten.

 Es galt als ausgemacht, das der demographische Faktor es unmöglich mache, dass das Umlageverfahren in Zukunft eine auskömmliche Rente garantieren könne. Der wichtigste und letzten Endes entscheidende Faktor, die Produktivität der Wirtschaft in dreissig oder fünfzig Jahren wurde gänzlich aussen vor gelassen. Immer mehr Arbeiten wurden in den Jahren der Automatisierung und der Digitalisierung von Maschinen übernommen. Wo vor Jahren noch hundetre von Menschen in den Fabrikhallen schufteten, versahen nun Roboter deren Arbeit. VW proklamierte gar die menschenlose Fabrik. Während also immer weniger Menschen im Produktionsprozess tätig waren, stieg die Wertschöpfung aber ständig weiter an. Es ist also vollkommen belanglos, wieviel Menschen in die Rentenkasse einzahlen. Bei einer anhaltend hohen oder gar steigenden Produktivität der deutschen Wirtschaft kann theoretisch auch ein Beschäftigter 100 oder mehr Rentner finanzieren. Diese Wahrheit aber wurde nicht publiziert.

 Als dann Oskar Lafontaine konsterniert und zermürbt als Finanzminister das Handtuch warf, war der Weg für den Einstieg in die kapitalfinanzierte und der Weg aus der solidarisch finanzierten Rente endlich frei. Die Finanzindustrie hatte inzwischen ein paar professionale Mitmäuler eingekauft, Prof. Raffelhüschen und der zeitweilige Vorsitzende des Sachverständigenrates der Bundesregierung Prof. Rührup, die der ganzen Propaganda nun auch noch einen wissenschaftlichen Anstrich gaben.

 Kanzler Schröder, der aus seinen Tagen als niedersächsischer Ministerpräsident, bestens bekannt war mit dem Versicherungsmakler Maschmeyer, wollte eine privat finanzierte Zusatzrente. Sein Arbeitsminister Riester, ein ehemaliger Gewerkschaftsfunktionär senkte deshalb das Rentenniveau, und entwarf gleichzeitig das heute als Riesterrente bekannte Modell. Er wusste, es würde sein Schaden nicht sein. Noch heute sitzt er im Aufsichtsrat der Union Invest, dem grössten Anbieter von Riesterverträgen. Maschmeyer verkaufte seine Versicherungsagentur AWD und gründete mit Prof. Rührup die Maschmeyer Rürup AG, die das deutsche Rentenmodell weltweit zu verkaufen versucht. Walter Riester arbeitet für die beiden als Berater.

 Der Finanzwirtschaft flossen Milliarden zu. Da dieses Geld zu einem hohen Prozentsatz aber nur in sichern Anlgen investiert werden darf, überboten sich die Gesellschaften darin, Staatsanleihen zu kaufen. Die wurden immer billiger. Die Renditen sanken. Gleichzeitig war es für die Finanzminister immer einfacher an frisches Geld für ihre maroden Haushalte zu kommen. Die Kredite wurden ihnen förmlich aufgedrängt. Die Verschuldung, besonders wirtschaftlich schwacher Staaten, stieg in unermessliche Höhen, denn wollten die Kreditgeber noch eine halbwegs attraktive Verzinsung erreichen, so mussten sie dort investieren, wo die Risiken und daher auch die Zinsen am höchsten waren.

 Die ungeheure Menge an Geld, die nicht nur in Deutschland sondern vor allen Dingen auch in den USA, Teilen von Lateinamerika und Großbrittannien der Finanzwirtschaft zufloss und die Sorge nicht genügend Rendite zu erwirtschaften um die enormen Rentenzusagen zu erfüllen, trieben die Finanzjongleure in immer wahnwitzigere Geschäftsideen, bis die Blase platzte und die Steuerzahler nun die, in Schieflage geratenen, Banken und Versicherungen retten mussten. Diese Rettungsmassnahmen aus den Staatshaushalten führten dann zu der jetzigen Staatsschuldenkrise.

 Die Arbeitnehmer werden also für ihre private Rentenversicherung zweimal zur Kasse gebeten. Einmal durch die Beitragszahlungen und zum zweiten mit ihren zu zahlenden Steuern. Dafür bekommen sie dann die recht zweifelhafte Versicherung, dass ihnen auf alle Fälle ihre gezahlten Beiträge als Rente ausgezahlt werden. Also eine Nullverzinsung und damit abzüglicher der Inflation wertmässig erheblich weniger, als ihre jahrelangen Einzahlungen.

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