Mittwoch, 10. Oktober 2012

Ein Blick in den Berliner Lobbysumpf

 Berlin ist ein riesiger, unüberblickbarer Sumpf von Beziehungen, Abhängigkeiten und geheimen Verbindungen. Initiativen, Stiftungen, Think Tanks haben längst die Funktion der üblichen Lobbyvertreter übernommen. Hier wird nicht mehr mit einem Koffer voller Geld, Politik gekauft. Das geht heutzutage viel subtiler. Junge, aufstrebende Politiker werden von Anfang ihrer Karriere an abhängig gemacht, von dem süßen Gift der mühelosen Karriere.

 Alles hängt irgendwie mit allem zusammen. Nirgendwo hat dieser Satz mehr Berechtigung als in den Grauzonen der deutschen Hauptstadt Berlin. Ein gewaltiges Räderwerk, dass sich scheinbar ständig um sich selbst dreht und nur einen Existenzgrund hat, die Bürger, die Wähler, die Steuerzahler von jeglicher Mitbestimmung auszuschliessen. Die Eintrittskarte in diesen Microkosmos besteht aus einer konservativen, wirtschaftsfreundlichen Gesinnung und einer Stellung in der Gesellschaft mit Multiplikationseffekt. Abgeordneter, Journalist, aufstrebender Manager oder Mitarbeiter eines Wissenschaftlichen Instituts. Aufgenommen wird man in diese ehrenwerte Gesellschaft nur durch Empfehlung. Käuflich erwerben kann man so eine Eintrittskarte nicht. Hier ist so viel Geld versammelt, da ist man auf Eintrittsgelder nicht angewiesen.

 Bundespräsident Köhler persönlich überreichte 2009 die Tafel zur Montage an der edlen Fassade mitten in Boomtown Berlin Mitte. Preisträger im Wettbewerb „365 Orte“ der Initiative „Deutschland - Land der Ideen“, eine Tarnorganisation der Deutschen Bank war die "Atlantische Initiative". Die von der PR-Agentur und Unternehmensberatung Bohnen Kallmorgen & Partner zwecks Ankurbelung des eigenen Geschäfts ins Leben gerufenen „Atlantischen Initiative“ hatte 2007 den online „Think Tank“ Atlantic Community ins Leben gerufen. Das von der FAZ überschwenglich als „eine Art Facebook“ gefeierte Web 2.0 Projekt ist nichts weiter als ein Blog, bei dem von allen eingereichten Posts ganze fünf von den Machern zensiert, redigiert und veröffentlicht werden. Regelmäßig erstellt die Initiative aus den eingesandte Artikeln, sogenannte Atlantic Memos und verschickt sie an Entscheidungsträger, wer immer das auch sein mag.

 Warum diese merkwürdige Auffassung von freier Meinungsäusserung im Netz einen Preis wert war, erschliesst sich nur demjenigen, der sich mit den beiden Gründern der Initiative und gleichzeitigen Partnern der PR-Agentur Bohnen Kallmorgen & Partner etwas näher befasst.

 Jan Friedrich Kallmorgen arbeitete für die Weltbank und Goldman Sachs. Er ist Mitlied des CDU-Wirtschaftsrates und hat ein Direktmandat in Brandenburg für die Bundestagswahl 2013. Kallmorgen ist Young Leader bei der Atlantikbrücke, dem politischen Karrieresprungbrett des politischen Berlin schlechthin. Bekannte Young Leader waren: Verteidigungsminister Thomas de Maizière, Ex-Verteidigungsminister Karl Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bundesbankchef Jens Weidmann, Ex-Bundespräsident Christian Wulff, Ex-RWE-Chef Jürgen Großmann, ZDF-Mann Theo Koll, Bild-Chef Kai Diekmann, Springer-Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner oder EADS-Chef Thomas Enders.

  Dr. Johannes Bohnen arbeitete für die Bertelsmann-Stiftung, für den aussenpolitischen Sprecher der CDU Karl Lamers, war Pressesprecher der CDU-Brandenburg und von 2002 bis 2005 Geschäftsführer der Agentur Scholz und Friends. Die Agentur Scholz & Friends ist praktisch der Erfinder und Macher der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft".

 Die Agentur Bohnen Kallmorgen & Partner und die Atlantische Initiative befinden sich im Centrum des rieseigen Netzwerkes zur Erhaltung der Macht unserer Eliten. Bertelsmannstiftung, Atlantikbrücke, Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, Goldman Sachs, CDU-Wirtschaftsrat, ZDF, Bildzeitung, Springerkonzern, Energiewirtschaft, Rüstungsindustrie, das ist die Mischung aus der Macht und persönlicher Reichtum gestrickt sind.

 Ein weiteres Blogprojekt der „Atlantischen Initiative“ nennt sich „Deutschlands Agenda“. Unter dem Motto „Aussenpolitik für Alle“ treibt man hier das gleiche Spielchen wie bei der „Atlantic Community“. Auch hier nur Posts, die die Regierungsmeinung vertreten, keine Kritik, keine gegensetzliche Meinungen. Den ersten Beitrag schrieb Aussenminister Westerwelle. Auch Verteidigungsminister de Maizère zählt zu den Autoren.

 2010 führte die „Atlantisch Initiative“ eine Aktion zusammen mit der Bildzeitung durch. Bildleser konnten den Soldaten in Afghanistan ihre Grüsse übermitteln. Die Zusammenfassung der Briefe wurde den Bundeswehrstützpunkten in Afghanistan geschickt. Eine geschmacklose PR-Aktion für die Bildzeitung und den damaligen Verteidigungsminister Guttenberg.

 So viel Initiative zahlt sich natürlich aus. So erhält der Think Tank regelmässig Aufträge für Studien für das Verteidigungsministerium, führt Umfragen für die Nato durch, und organisiert Veranstaltungen mit z.B. dem American German Business Club. Wie man das Alles mit einem Mitarbeiterstab von fünf Leuten schafft, ist rätselhaft. Ein Blick in die Referenzen der Agentur Bohnen Kallmorgen & Partner zeigt allerdings auffällig häufige Überschneidungen der Auftraggeber.

 Im Beirat der „Atlantischen Initiative“ sitzen neben den Aufpassern der Geldgeber, BMW Stiftung Herbert Quandt, Metro AG, Daimler AG, dann auch die üblichen Häppchen- und Sektempfangprofis wie Eckart von Klaeden, MdB, Staatsminister im Bundeskanzleramt, Hans-Ulrich Klose, MdB, stellvert. Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, Alexander Graf Lambsdorff, MdEP, Philipp Mißfelder, MdB, Ruprecht Polenz, MdB, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, Dr. Kurt J. Lauk, Chairman, CDU Wirtschaftsrat, Karsten D. Voigt, MdB a.D. und der omnipräsente Cem Özdemir, Vorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, über den der böse Satz kursiert, „Wenn du in Berlin einen Haufen Hundedreck anhebst, du findest darunter mit absoluter Sicherheit Cem Özdemir“.

 Die „Atlantische Initiative“ hat ihren Sitz in der Wilhelmstr. 67 in Berlin Mitte, gleich neben dem ARD Hauptstadtstudio, in Laufweite zum Reichstag, dort wo die Monatsmiete für einen Quadratmeter den Lohn eines Facharbeiters um einiges übersteigt. Einer der Hauptfinanziers ist das Auswärtige Amt. Eine nicht unerhebliche Menge Steuergelder also für Meinungsmanipulation, Netzwerkbildung und Lobbying für die Rüstungsindustrie.

2 Kommentare:

  1. Leider ein erstaunlich schlecht recherchierter Beitrag.
    In seiner Polemik ist dem "Enthüllungsautor" neben anderen Missgriffen nicht einmal aufgefallen, dass die teuren Quadratmeter, die sich die AI angeblich in der Wilhelmstr. leistet, nur aus einer Postadresse, sprich einem Briefkasten, bestehen.
    Es ist gut, dass die AI im Gegensatz zu solchen Blogs Qualitätmanagement betreibt...
    DS

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  2. Eine Initiative, mit Sitz in einem Briefkasten. Besser lässt sich dieses halbseidene Konstrukt "Atlantische Initiative" nicht darstellen. Sogar die Adresse nichts weiter als Blendwerk.

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