Am Samstag ist es so weit: Der erste deutsche, kommerziell betriebene Windpark in der Nordsee, etwa 15 Kilometer vor Borkum, wird mit einer Feier in Norddeich feierlich eingeweiht. Der niedersächsische Ministerpräsident Weil wird eine kleine Rede vor der versammelten Prominez halten. Auf den symbolischen Knopfdruck, der die ersten Kilowatt in das deutsche Stromnetz einspeist muss er wohl verzichten. Es fehlen von den fünfzig Kilometer Seekabel, die Riffgat, so heisst der Windpark, mit dem Festland verbindet, noch gut fünfzehn Kilometer.
Eigentlich sollte alles, der Windpark mit seinen 30 Strommühlen, die insgesamt 108 Megawatt Strom liefern, ein Umspannwerk, das den Strom in eine für den Transport geeignete Spannung umwandelt und das Unterseekabel, dass den Strom, der ungefähr 120.000 Haushalte mit der nötigen elektrischen Energie versorgen kann, bereits im März. Mit fünfmonatiger Verspätung meldet jetzt wenigstens der Bertreiber des Windparks die EWE aus Oldenburg Vollzug. Der Netzbetreiber die unter permanenter Geldknappheit leidende niederländische Tennet ist weiter in Verzug. Bis zum Februar 2014 könne sich ein Anschluss noch hinziehen. Der Grund sei auf dem Meeresboden verklappte Munition aus dem 2. Weltkrieg. Die müsse erst noch geräumt werden.
Wer das Ganze jetzt bereits für einen Schildbürgerstreich hält, der kann sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, zu welchen Fehlleistungen deutsche Ingeneurskunst mittlerweile fähig ist.
Die Windräder, die ja eigentlich umweltfreundliche Energie liefern sollen werden nämlich bis zum Februar nicht etwa stillstehen. Sie müssen sich, um die Lager vor Korrision durch die salzigen Nordseeluft zu schützen, wenigstens zeitweise, drehen. Zu diesem Zweck hat man an der Umspannstation einen Dieselmotor installiert, der den Strom liefert, mit dem die Windräder betrieben werden. 22.000 Liter Diesel monatlich wird das Aggregat schlucken. Für die Kosten und für 90 % des, dem Betreiber EWE entgangenen Gewinns, von Samstag bis in den Febraur nächsten Jahres hinein, muss der Netzbetreiber Tennet aufkommen. Experten rechnen mit monatlich über sechs Millionen Euro.
Aber niemand möge Angst um die Tennet haben, dass diese etwa unter der finanziellen Last der Regresszahlungen zusammenbricht. Denn nun kommt der dritte Schildbürgerstreich, eine wahre Eselei unseres doch sonst so auf Martktwirtschaft bedachten Wirtschaftsministers Rösler. Der hat nämlich verfügt, dass vier fünftel der Verluste, die durch einen verspätete Anschluß der Offshore-Windparks an das Stromnetz der private Stromkunde zu zahlen hat. 0,25 Cent pro verbrauchter Kilowattstunde zahlt der private Haushalt zunächst einmal pauschal. Sollte der Betrag nicht ausreichen, kann der Satz jederzeit erhöht werden.
4,8 Millionen Euro der prognostizierten 6 Millionen Euro, die Tennet an EWE zahlen muss, tragen also die privaten Stromverbraucher. Sie werden von Herrn Rösler in Regress genommen für die Schlampigkeit des Netzbetreibers Tennet .
Die 1,2 Millionen die Tennet zahlen muss können die Holländer leicht kompensieren. Sie brauchen keine Überstunden zahlen, keine zusätzlichen Kabelleger engagieren um pünktlich fertig zu werden, sie können sich weltweit den billigsten Dienstleister zum Räumen der Munition suchen, auch wenn dieser, wie hier geschehen, zur Zeit gerade keine Kapazitäten frei hat. Macht ja nix, zahlt alles der Stromkunde.
So hat die kleine Feier am morgigen Samstag in Norddeich etwas skurriles. Da weiht der Ministerpräsident Niedersachsens einen Windpark ein, der keinen Strom liefert, sondern Strom verbraucht, der erzeugt wird auf eine der umweltschädlichsten Arten. Dieselöl wird mittels eines Tankers auf die Nordsee hinaus gefahren, dort in einem Motor verbrannt, der eine Effizienz von etwa 30% hat, da ja die entstehende Wärme zu nichts weiter dient, als die Umluft aufzuheizen.
Ministerpräsident Weil täte gut daran, am Samstag ein Loch zu graben, in dass wir Stromkunden gleich unser sauer verdientes Geld werfen können, anstatt es über den Umweg über einen niederländischen Netzbetreiber zu vernichten.
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