In Deutschland hat die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs begonnen. Die SPD feiert in Berlin pompös ihr 150-jähriges Bestehen. Für jeden Wahlkampfmanager ist das wie ein Sechser im Lotto, ein Pfund mit dem man, gerade im Wahlkampf, wuchern kann. Nicht so bei der SPD. Das Einzige, über das im Fernsehen berichtet wurde und über das man einen Tag später in allen Zeitungen lesen konnte, war die Märchenstunde dreier Herren, die allesamt durch Wählerentscheid mehrfach aus ihren jeweiligen Ämtern verjagt wurden, Frank Walter Steinmeier, Sigmar Gabriel und Peer Steinbrück, unterstützt von der SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks. Die Vier lasen in verteilten Rollen das Märchen von den Bremer Stadtmusikanten.
Es ist allerdings auch nicht verwunderlich dass der gesamten Hauptstadtjournalie nichts berichtenswerter erschien als eine Märchenstunde der SPD-Troika. Die SPD hat sich davon verabschiedet, inhaltlich in diesen Wahlkampf einzugreifen. Sie reagiert immer mehr fremdgesteuert. Hat sie sich im letzten Jahr von der Presse einreden lassen, den dafür denkbar Ungeeignetsten, Peer Steinbrück, zum Kanzlerkandidaten zu machen, so reagiert sie auch jetzt ausschliesslich, statt zu agieren.
Sie benimmt sich jedes Handlungsspielraumes, indem sie sich zu der Aussge drängen lässt, eine SPD geführte Regierung nicht einmal von der Linken tolerieren zu lassen. Das bedeutet im Umkehrschluss, die Wähler haben nicht einmal die Option, sich eine andere, als die Merkelpolitik zu wählen: Merkel mit der FDP oder Merkel mit der SPD, Pest oder Cholera. So wird denn auch von den SPD-Granden laut über eine große Koalition nachgedacht. Steinbrück, so heißt es, habe eine große Koalition nur für sich persönlich ausgeschlossen, keinesfalls für seine Partei.
Wer jetzt Mitleid mit dem gescheiterten Kandidaten hat, der möge seine Tränen trocknen. Steinbrück hat seine Schuldigkeit getan. Er hat Merkel für eine weitere Legislaturperiode auf den Kanzlerstuhl gehoben. Interessierte Kreise werden ihm seinen Einsatz lohnen, so wie sie ihm seinen Einsatz während der Bankenkrise gelohnt haben, als er sich von der Deutschen Bank und Josef Ackerman widerstandslos über den Tisch ziehen ließ und dafür anschliessend ein paar Millionen mit inhaltslosen Vorträgen verdiente.
Anstatt eine neue, soziale Agenda zu setzen, reaktivieren die „Sozialdemokraten“ den Totengräber des deutschen Sozialstaates, Altkanzler Schröder. Das zeigt überdeutlich wohin die Reise der SPD geht. Auf keinen Fall hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit, einer Friedenspolitik wie sie Willy Brandt verstand, einer Resourcen schonenden Wirtschaftspolitik und einer Steuerpolitik, die wenigstens eine Gleichbelastung von Arm und Reich anstrebt.
Was will die SPD, was will ein Kanzler Steinbrück? Die Antwort, das ewig gleiche, unglaubwürdige Mantra von einer gerechteren Gesellschaft. Das selbst diese Ankündigung schon glatter Wahlbetrug ist, liefern die Großkopfeten der Partei allerdings dann höchstselbst. Hatte die Partei noch in ihr Wahlprogramm eine Anhebung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer von 42 auf 49 Prozent, eine höhere Kapitalertragsteuer, von derzeit 25 Prozent, eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine Anhebung der lächerlich geringen Erbschaftssteuer beschlossen, rudern Steinbrück und Gabriel nun heftig zurück und versprechen gar, wie die, in ihrer Politik einzig auf Steuersenkung reduzierte FDP, geringere Steuern. Auch hier, schon ganz die Rolle des Juniorpartners einer dritten Regierung Merkel einnehmend.
Will die SPD Gerechtigkeit herstellen, dann muss sie im Angesicht einer zunehmnd alternden Gesellschaft, die Einnahmenseite des Staates, wie auch der staatlichen Sozialsysteme verbessern. Sie muss sich davon verabschieden einzig und allein den Faktor Arbeit und den Verbauch zur Finanzierung der Gesellschaft heranzuziehen. Während Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen durch Einkommensteuer, Sozialabgeben und Verbrauchssteuern wie Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer, diverse Abgaben bei der Energie, Gebühren der Kommunen, mit weit über siebzig Prozent belastet werden, zahlen die Inhaber großer Vermögen nur 25 % Kapitalertragsteuer. Die Verbrauchsteuern und die soziale Absicherung fallen bei monatlichen Einnahmen von 100.000 Euro und höher gar nicht ins Gewicht.
Selbst ein angehobener Einkommensteuersatz von 49 % ist geradezu ein Lachsack, wenn man berücksichtigt, dass es die deutsche Steuergesetzgebung zuläßt, die Einkommen ganz legal in grossem Masse kleinzurechnen.
Der hessische Sozialrichter Jürgen Borchert rechnet in seinem Buch „Sozialstaatsdämmerung“, erschienen im Riemann Verlag, vor: „Tatsächlich dürften aber kaum mickrige 10 Prozent der Staatseinnahmen (»Revenue«) insgesamt, das heißt einschließlich der Sozialbeiträge, aus den astronomisch hohen Einkommen der obersten 10 Prozent der Einkommenspyramide stammen, bei denen sich schätzungsweise 35 Prozent aller Einkommen und über 60 Prozent der Vermögen versammeln“.
Während also nur 10 Prozent der Staatseinnahmen aus Kapitaleinkünften, bzw. Kapitalbesitz stammen, muss der Faktor Arbeit und Verbrauch für die restlichen 90 Prozent aufkommen. Dabei verarmen die öffentlichen Kassen zusehends. Wie das Bündnis „Umfairteilen“ dem sich 24 Organisationen wie "Attac", die Gewerkschaft "Verdi" und die Partei "Die Linke" angeschlossen haben errechnete, steigt die Staatsverschulung in der Sekunde um 634 Euro, während die Privatvermögen in der gleichen Sekunde um 9.181 Euro zunehmen.
Derweil hat die Welt sich geändert. Während die Politik immer noch die Realwirtschaft als Melkkuh behandelt, werden die großen Gewinne längst in der Finanzwirtschaft gemacht. Allein der Umfang der Geschäfte die jeden Tag weltweit getätigt werden macht das überdeutlich. Die Grafik unten macht das eindringlich sichtbar. Sie stammt aus dem Jahr 2007. Man darf annehmen das sich das Verhältnis zugunsten der Finanzwirtschaft in der Zwischenzeit noch erheblich verbessert hat.
Einzige Schlussfolgerung aus der Tatsache, dass das mittlerweile bei weitem meiste Geld in der Finanzwirtschaft verdient wird, kann also nur sein, diese zur Finanzierung des Staates weit mehr heranzuziehen.
Zu den vollkommen an der Wirklichkeit vorbeigehenden Ansätzen zur Finanzierung des Staates kommt noch die Fehlentwicklung bei den Löhnen in den letzten zwanzig Jahren. Während das Bruttoinlandsprodukt von 1995 bis 2011 um 40 Prozent gewachsen ist, haben die Löhne und Gehälter nur um 20 Prozent zugelegt. Inflationsbereinigt sind sie sogar gesunken. Hauptverantwortlich für diese Fehlentwicklung ist die Politik der Rot/Grünen Regierung unter dem SPD-Kanzler Schröder, der jetzt wieder an der Seite von Kandidat Steinbrück Wahlkampf macht.
Schröder und die SPD reklamieren für sich, sie hätten den Sozialstaat gegen den neoliberalen Mainstream verteidigt. Dabei haben sie nur dessen Finanzierung allein auf die Schultern der Arbeitnehmer verlagert und ihn damit langfristig zum Scheitern verurteilt.
Wenn die SPD es ernst meinen würde mit ihrem Wahlversprechen für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen, dann würde sie das Schlüsselthema der nächsten Jahre angehen und endlich bei den Reichen und Einkommensstarken die, für ein funktionierendes Staatswesen, unumgängliche Solidarität einfordern. Die Wahlkämpfern der SPD aber starren gebannt auf die Umfragen und lauschen den Einflüsterungen von interessierter Seite, anstatt eigene Themen zu setzen.
Zu den vollkommen an der Wirklichkeit vorbeigehenden Ansätzen zur Finanzierung des Staates kommt noch die Fehlentwicklung bei den Löhnen in den letzten zwanzig Jahren. Während das Bruttoinlandsprodukt von 1995 bis 2011 um 40 Prozent gewachsen ist, haben die Löhne und Gehälter nur um 20 Prozent zugelegt. Inflationsbereinigt sind sie sogar gesunken. Hauptverantwortlich für diese Fehlentwicklung ist die Politik der Rot/Grünen Regierung unter dem SPD-Kanzler Schröder, der jetzt wieder an der Seite von Kandidat Steinbrück Wahlkampf macht.
Schröder und die SPD reklamieren für sich, sie hätten den Sozialstaat gegen den neoliberalen Mainstream verteidigt. Dabei haben sie nur dessen Finanzierung allein auf die Schultern der Arbeitnehmer verlagert und ihn damit langfristig zum Scheitern verurteilt.
Wenn die SPD es ernst meinen würde mit ihrem Wahlversprechen für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen, dann würde sie das Schlüsselthema der nächsten Jahre angehen und endlich bei den Reichen und Einkommensstarken die, für ein funktionierendes Staatswesen, unumgängliche Solidarität einfordern. Die Wahlkämpfern der SPD aber starren gebannt auf die Umfragen und lauschen den Einflüsterungen von interessierter Seite, anstatt eigene Themen zu setzen.
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