Sonntag, 29. Dezember 2013

Spiegel-online zeigt: copy und paste, so geht Qalitätsjournalismus

 Wer denn unbedingt wissen will, wie unsere Qualitätsjournalisten die Mainstreammedien zusammen basteln, dem sei die Berichterstattung von Spiegel-online über die Demonstrationen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew anempfohlen. Mit ein paar einfachen Textbausteinen und Copy und paste sind ruck-zuck immer wieder neue Artikel gebastelt. Ganz nebenbei werden der verehrten Leserschaft durch die häufigen Wiederholungen ein und desselben Textes die verbreiteten Lügen und Halbwahrheiten als Wahrheit vorgegaukelt. Hier sind einmal ein paar Textphrasen und die Häufigkeit ihrer Verwendung dokumentiert. (Zum besseren Verständnis, sind die einzelnen Textbausteine mit jeweils einer Farbe unterlegt.)

Freitag, 20.12.2013 – 00:12 Uhr
ARD-Umfrage: Deutsche wollen Aufnahme der Ukraine in die EU
Die pro-europäischen Demonstrationen in der Ukraine dauern bereits seit vier Wochen an. Die Opposition um Boxer Vitali Klitschko forderte erneut vorgezogene Präsidentschafts- und Parlamentswahlen.
Der Abschnitt findet sich wieder in dem Artikel von Mittwoch, 25.12.2013 – 15:34 Uhr
Ukraine: Unbekannte verprügeln kritische Journalistin 
Die pro-europäischen Demonstrationen in der Ukraine dauern bereits seit mehr als vier Wochen an. Die Opposition um Boxer Vitali Klitschko fordert vorgezogene Präsidentschafts- und Parlamentswahlen
ergänzt durch:
und die Freilassung aller politischen Häftlinge, darunter der Ex-Premierministerin Julija Timoschenko. 
Der Artikel erhält einen neuen Textbaustein:
Die finanziell angeschlagene Ukraine hatte im November unerwartet angekündigt, ein seit Jahren vorbereitetes Assoziierungsabkommen und einen Freihandelsvertrag mit der EU doch nicht zu unterzeichnen. Diese Abkehr verkündete Präsident Wiktor Janukowitsch, nachdem die Regierung in Moskau offenbar massiven Druck ausgeübt hatte. Der Staatschef löste damit innenpolitische Proteste aus - und eine Diskussion der EU über ihr Verhältnis zu Russland. Es ist die größte Protestbewegung seit der Orangen Revolution vor neun Jahren.
Beide Abschnitte zusammen wiederholt Spon am Freitag, 27.12.2013 – 20:18 Uhr
Verprügelte Journalistin in der Ukraine: "Ich war sicher, sie wollten mich töten" 
  Die pro-europäischen Demonstrationen in der Ukraine dauern bereits seit mehr als vier Wochen an. Die Opposition um Boxer Wladimir Klitschko fordert vorgezogene Präsidentschafts- und Parlamentswahlen und die Freilassung aller politischen Häftlinge, darunter der Ex-Premierministerin Julija Timoschenko. 
Die finanziell angeschlagene Ukraine hatte im November unerwartet angekündigt, ein seit Jahren vorbereitetes Assoziierungsabkommen und einen Freihandelsvertrag mit der EU doch nicht zu unterzeichnen. Diese Abkehr verkündete Präsident Wiktor Janukowitsch, nachdem die Regierung in Moskau offenbar massiven Druck ausgeübt hatte. Der Staatschef löste damit innenpolitische Proteste aus - und eine Diskussion der EU über ihr Verhältnis zu Russland. Es ist die größte Protestbewegung seit der Orangen Revolution vor neun Jahren.
Wobei der zweite Abschnitt, beginnend mit „Die finanziell angeschlagene Ukraine…“ schon einmal im Wortlaut am Mittwoch, 18.12.2013 – 08:27 Uhr unter dem Titel:
Milliarden-Hilfen aus Moskau: Klitschko wirft Ukraines Präsidenten Bereicherung vor  verbraten wurde. Es fehlt ausschliesslich der Vorname Janukowitschs - "Wiktor":
Die finanziell angeschlagene Ukraine hatte im November unerwartet angekündigt, ein seit Jahren vorbereitetes Assoziierungsabkommen und einen Freihandelsvertrag mit der EU doch nicht zu unterzeichnen. Diese Abkehr verkündete Präsident Janukowitsch, nachdem die Regierung in Moskau offenbar massiven Druck ausgeübt hatte.
Der Staatschef löste damit innenpolitische Proteste aus - und eine Diskussion der EU über ihr Verhältnis zu Russland. Es ist die größte Protestbewegung seit der Orangen Revolution vor neun Jahren.
 Mit nur ein paar Wortumstellungen ist der Text aus dem Artikel:
Lawrow in Brüssel: EU-Minister rechnen mit Putins Ukraine-Politik ab
 vom Montag, 16.12.2013 – 15:29 Uhr übernommen:
Die Ukraine hatte im November unerwartet angekündigt, ein seit Jahren vorbereitetes Assoziierungsabkommen und einen Freihandelsvertrag doch nicht zu unterzeichnen. Diese Abkehr verkündete Präsident Janukowitsch, nachdem die Regierung in Moskau offenbar massiven Druck ausgeübt hatte. Janukowitsch löste damit anhaltende innenpolitische Proteste aus - und eine Diskussion der EU über ihr Verhältnis zu Russland.
Es wird lediglich am Anfang des Textabschnitts auf die zwei Worte "finanziell angeschlagene" verzichtet. Im dritten Satz werden die Worte "Der Staatschef" durch "Janukowitsch" ersetzt.

Am Montag, 16.12.2013 – 10:47 Uhr  Wirtschaftshilfe:
Kreml lockt Ukraine mit Milliardenkredit  folgende Sätze:
In Kiew demonstrieren seit bald vier Wochen täglich Tausende gegen eine engere Partnerschaft mit Russland und für eine Annäherung an die EU. Auf dem Unabhängigkeitsplatz - dem Maidan - harrten in der Nacht zu Montag trotz eisiger Temperaturen erneut bis zu 8000 Anhänger der prowestlichen Opposition um Boxer Vitali Klitschko aus.
 Die gleiche Meldung bringen wortgenau am gleichen Tag "FAZnet Agenturmeldungen", "focus online Money" und das "ARD Mittagsmagazin":

FAZnet Agenturmeldunen:
Ukraine will mit Russland niedrigere Gaspreise vereinbaren 
In Kiew demonstrieren seit bald vier Wochen täglich Tausende gegen eine engere Partnerschaft mit Russland und für eine Annäherung an die EU. Auf dem Unabhängigkeitsplatz - dem Maidan - harrten in der Nacht zu Montag trotz eisiger Temperaturen erneut bis zu 8000 Anhänger der prowestlichen Opposition um Boxer Vitali Klitschko aus.
unterzeichnet mit  /bvi/DP/stk.

focus online Money, gezeichnet mit: dpa-AFX:

Ukraine will mit Russland niedrigere Gaspreise vereinbaren 
In Kiew demonstrieren seit bald vier Wochen täglich Tausende gegen eine engere Partnerschaft mit Russland und für eine Annäherung an die EU. Auf dem Unabhängigkeitsplatz - dem Maidan - harrten in der Nacht zu Montag trotz eisiger Temperaturen erneut bis zu 8000 Anhänger der prowestlichen Opposition um Boxer Vitali Klitschko aus.
 Das ARD-Mittagsmagazin meldet, allerdings ohne Autorenangabe:

In Kiew demonstrieren seit bald vier Wochen täglich Tausende gegen eine engere Partnerschaft mit Russland und für eine Annäherung an die EU. Auf dem Unabhängigkeitsplatz Maidan harrten in der Nacht zu Montag trotz eisiger Temperaturen erneut bis zu 8.000 Anhänger der prowestlichen Opposition um Boxer Vitali Klitschko aus.
 Es handelt sich bei den oben zitierten Zeilen augenscheinlich um eine Agenturmeldung. Was Spiegel-online aber nicht daran hindert, diese ein weiteres Mal zu verbraten, nicht ohne zuvor Textbaustein 2 (Die finanziell angeschlagene Ukraine...) zum fünften Mal zu verwerten:

Dienstag, 17.12.2013 – 16:33 Uhr:
Treffen in Moskau: Russland bewilligt Ukraine massive Finanzhilfen
Die finanziell angeschlagene Ukraine hatte im November unerwartet angekündigt, ein seit Jahren vorbereitetes Assoziierungsabkommen und einen Freihandelsvertrag mit der EU doch nicht zu unterzeichnen. Diese Abkehr verkündete Präsident Janukowitsch, nachdem die Regierung in Moskau offenbar massiven Druck ausgeübt hatte. Janukowitsch löste damit anhaltende innenpolitische Proteste aus - und eine Diskussion der EU über ihr Verhältnis zu Russland.
In Kiew demonstrieren seit bald vier Wochen täglich Tausende gegen eine engere Partnerschaft mit Russland und für eine Annäherung an die EU, allein am Sonntag versammelten sich wieder Hunderttausende.
  Die 8.000 Demonstranten der Nacht zum Montag werden ersetzt durch Hunderttausende am Sonntag. Es folgt eine Variation des Bausteins Nr. 1 Satz 2 (Die Opposition, darunter...) wird ergänzt durch (...Vertreter der politischen...). Weggelassen wird die Forderung nach (vorgezogenen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Dafür wird Julia Timoschenko zitiert. Mit solch geringen Mitteln erstellt Spiegel-online einen neuen Textbaustein.
Die Vertreter der politischen Opposition, darunter Boxweltmeister Vitali Klitschko, forderten die Freilassung aller politischen Häftlinge, darunter Ex-Premierministerin Julija Timoschenko. Sie hatte vor einigen Tagen in einem schriftlich geführten Interview vor weiteren Annäherungen an Russland gewarnt. Das sei der "Anfang vom Ende unserer Unabhängigkeit".
Von der Kombination Baustein 2 und den Bausteinen 3 und 4, der ja aus wesentlichen Teilen des Bausteines 1 besteht, scheinen die Spon-Machern so angetan zu sein, dass sie gleich am nächsten Tag wieder eingesetzt wurde.

 Am Mittwoch, 18.12.2013 – 08:27 Uhr, fand sich unter dem Titel diese Essenz der geistigen Ergüsse der Macher von Spiegel-online:
Milliarden-Hilfen aus Moskau: Klitschko wirft Ukraines Präsidenten Bereicherung vor 
Die finanziell angeschlagene Ukraine hatte im November unerwartet angekündigt, ein seit Jahren vorbereitetes Assoziierungsabkommen und einen Freihandelsvertrag mit der EU doch nicht zu unterzeichnen. Diese Abkehr verkündete Präsident Janukowitsch, nachdem die Regierung in Moskau offenbar massiven Druck ausgeübt hatte. Der Staatschef löste damit innenpolitische Proteste aus - und eine Diskussion der EU über ihr Verhältnis zu Russland. Es ist die größte Protestbewegung seit der Orangen Revolution vor neun Jahren
 In Kiew demonstrieren seit bald vier Wochen täglich Tausende gegen eine engere Partnerschaft mit Russland und für eine Annäherung an die EU. Die Vertreter der politischen Opposition fordern die Freilassung aller politischen Häftlinge, darunter der Ex-Premierministerin Julija Timoschenko. Sie hatte vor einigen Tagen in einem schriftlich geführten Interview vor weiteren Annäherungen an Russland gewarnt. Das sei der "Anfang vom Ende unserer Unabhängigkeit".
 Es ist also völlig egal, welche Themen die Artikel behandeln, ob über eine ARD-Umfrage berichtet wird, über eine verprügelte Journalistin, der Besuch des ukrainischen Ministerpräsidenten Lawrow in Brüssel, einen Milliardenkredit Russlands an die Ukraine oder der Vorwurf der unrechtmässigen Bereicherung des ukrainischen Präsidenten Janukowitsch. Der Artikeltext ist in grossen Teilen immer der gleiche.

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