Freitag, 19. Dezember 2014

Benjamin Bidder, Gesinnungsjournalist in Diensten des Spiegel

 Man fragt sich, welche Qualifikation muss ein Mensch mitbringen, um Spiegelredakteur zu werden?  Das geschliffene Wort kann es nicht sein, angesichts solcher Konstruktionen:
„das sah für Donnerstag einen Auftritt vor großer Bühne vor“.
Auch der Drang nach Aufklärung, wertfreier Berichterstattung und fundierter Kommentierung der Weltgeschehnisse kann nicht Grund der Anstellung sein, nimmt  man einmal beispielhaft die Elaborate eines Benjamin Bidder. Es scheint wohl er die Unerschütterlichkeit der Gesinnung zu sein, die einem Journalisten ein nettes Büro im Hamburger Glaspalast des Spiegel einbringt und auf Dauer sichert. Dieser Gesinnungsjournalismus ist natürlich unablässig immer wieder unter Beweis zu stellen.

 Benjamin Bidder, als Absolvent der studienbegleitenden Journalistenausbildung des Institutes zur Förderung publizistischen Nachwuchses (ifp) einer „katholischen Kaderschmiede“ für den journalistischen Nachwuchs, ist natürlich geübt in der Kunst des vorauseilenden Gehorsams. Eigentlich gelernter Volkswirt mit Studium an den Unis in Bonn und Mannheim, den Hochburgen des Wirtschaftlibarismus in Deutschland, und der Universität von St. Petersburg, befand man beim Spiegel seine Kenntnisse in der Volkswirtschaft wohl nicht für ausreichend, für eine Redakteurstätigkeit in der Wirtschaftsredaktion. Aber man erkannte seine hohe Fertigkeit darin, die Erde zu einer Scheibe zu verklären. Was lag da näher, als den Mann nach Moskau zu schicken.   Dort wurden für die Zukunft fleißige und in ihrer Weltanschauung gefestigte junge Leute gebraucht, die den Deutschen nicht nur die Jungfrauenempfängnis glaubhaft machen konnten, sondern die die russischen Hauptstadt auch zum Vorhof der Hölle und den russischen Präsidenten Putin zum pferdefüssigen „Gott sei bei uns“ beschreiben konnten.

 Innerhalb einer Woche legte Bidder am Donnerstag den 11. Dezember und am Donnerstag den 18. Dezember auf Spiegel-online beredt Zeugnis ab, sowohl für seinen volkswirtschaftlichen Unverstand, als auch für seine gefestigte Gesinnung, im Rahmen des westlichen Wertegemeinschft. Ruft er am 11. Dezember noch einen Zeugen zu Hilfe, den Prorektor der Moskauer Higher School of Economics (HSE), Konstantin Sonin, so fühlt er sich eine Woche später stark genug, den russischen Präsidenten allein zur Strecke zu bringen.

  Es ist immer erhellend für die eigenen Meinungsbildung, gerade im Bereich der Volkswirtschaft, der  von einigen klugen Köpfen die Wissenschaftlichkeit rundweg abgesprochen wird, sich anzusehen welcher Schule die Leute angehören, deren Erkenntnisse uns als unumstösslich, Merkel würde sagen alternativlos, von Meinungsmachern wie Bidder, verkauft werden. Bidders Zeuge, Konstantin Sonin, ist ein eifriger Verfechter der Schule von Milton Friedmann. An dem nach ihm benannten "Becker Friedman Institut for Research in Economics" an der Universität von Chicago war Sonin im Mai diesen Jahres "Visiting Scholar".

 Milton Friedman steht für einen radikalen Wirtschaftsliberalismus mit allen seinen unsozialen Folgen. In den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden er und seine "Chicago Boys" vom damaligen Aussenminister der USA und Drahtzieher des blutigen Putsches General Pinochet, gegen den gewählten Präsidenten Chiles, Salvador Allende, Henry Kissinger, in das südamerikanische Land geschickt, um Pinochet die nötigen wirtschaftlichen Ressourcen für seine blutige Diktatur zur Verfügung zu stellen. Das Ergebnis war eine beispiellose Verarmung der Bevölkerung bei einem gleichzeitig ständig wachsendem, sagenhaften Reichtum der Eliten des Landes.

 Vom Segen der Miltonschen Sicht der Volkswirtschaft konnten sich die Menschen Russlands in den Jahren der Präsidentschaft des Alkoholikers Jelzin selbst überzeugen. Besser gesagt: Sie mussten sie am eigenen Leib erleiden. Heute mokiert Sonin sich im Spiegel:
"Russland steckt seit Langem in einem schleichenden Niedergang. Die Wirtschaft ist in sieben Jahren praktisch nicht gewachsen. Wir sind auf dem Stand von 2007."
 Abgesehen davon, dass diese Aussage schlicht und einfach falsch ist, Russlands Wirtschaftsleistung liegt heute über 10% über dem Stand von 2007, obwohl in diesen Zeitraum die weltweite Rezession, veranlasst durch die masslose Bereicherung westlicher Spekulanten, des Jahres 2009 fällt, in der die russische Wirtschaft um 7,8% schrumpfte, zeigt ein Bild auf die Zahlen der Jahre 1990 bis 1998 was Sonin und Konsorten anzurichten, in der Lage sind.

Jahr Veränderung Vorjahr Vergleich zu 1990 1990 = 100% Vergleich zu 2007 2007 = 100%
1990 -3,00% 100,00%
1991 -5,00% 95,00%
1992 -14,50% 81,20%
1993 -8,70% 74,20%
1994 -12,70% 64,70%
1995 -4,00% 62,10%
1996 -3,60% 59,90%
1997 1,40% 60,70%
1998 -5,30% 57,50%
1999 6,40% 61,20%
2000 10,00% 67,30%
2001 5,10% 70,70%
2002 4,70% 74,10%
2003 7,30% 79,50%
2004 7,20% 85,20%
2005 6,40% 90,70%
2006 8,20% 98,10%
2007 8,50% 106,50% 100,00%
2008 5,20% 112,00% 105,25
2009 -7,80% 103,20% 97,00%
2010 4,50% 107,30% 101,50%
2011 4,30%
105,80%
2012 3,40%
109,40%
2013 1,28%
110,80%

Wie man der Tabelle entnehmen kann, hatte Russland während der Phase der Liberalisierung der Wirtschaft, der grossen Privatisierungen und des Raubtierkapitalismus, durchweg negative Wachstumszahlen. Volkswirte des Schlages Sonin haben es in dieser Zeit geschafft, Russlands Wirtschaft im Vergleich zu 1990 annähernd zu halbieren. In der Zeit der Präsidentschaft Putins von 2000 bis 2008 war das Wachstum dagegen jedes Jahr deutlich positiv. Auch die Jahre der Präsidentschaft Medwedews hatten bis auf das Krisenjahr 2009 deutlich positive Zuwachszahlen. Mit der abflachenden Weltkonjunktur wurde dann aber auch das Wachstum Russlands geringer.

 Aber Sonin geht es ebenso wie Bidder gar nicht um die russische Wirtschaft. Es ist das System das geändert werden muss:
"Eine schlechte Wirtschaftspolitik ist nie Folge einzelner Fehlentscheidungen. Wir haben es mit einer völlig archaischen Art der Staatsführung zu tun."
Beiden ist an einem baldigen Regime-Change gelegen, zur Not mit Gewalt:
"Ich bin kein Freund von Revolutionen. Es fällt mir aber schwer, mir substanzielle Verbesserungen mit dem derzeitigen Regime vorzustellen. Es wird einen Schnitt geben, eine "nichtstationäre Periode" mit Absturz und einer langsamen Erholung."
 Seine Freunde in den USA und der EU wird es freuen, streben sie doch immer offener einen gewaltsamen Wechsel in Russlands Führung an. Von wem Sonin sich Rettung erhofft, dass verrät er auf die Frage Bidders:
"Wenn morgen freie Wahlen wären, für wen würden Sie stimmen?"
Darauf Sonin:
"Vielleicht für Alexej Nawalny, den Oppositionsführer." 
 Da ist er wieder der Gesinnungsjournalist Bidder. Mit seiner Frage suggeriert er, dass es in Russland keine freien Wahlen gäbe, obwohl die letzten Wahlen, auch von unabhängigen Beobachtern, nicht kritisiert wurden. Auch stört es Bidder wenig, dass Sonin den rechtsradikalen Alexej Nawalny als seinen Favorit für die Präsidentschaft in einer Nach-Putin-Ära bezeichnet.

  Navalny, der sich in einer dubiosen Internetwahl, wie andere Oppositionelle es bezeichneten, zum Oppositionsführer krönen liess, vergleicht Kaukasische Mitbürger gerne schon mal als Kakerlaken, die man mit der Pistole bekämpfen müsse. Man sieht die Vorliebe des Spiegel für Oppositionelle aus dem ultrarechten Milieu in der Ukraine ist keine einmalige Entgleisung.

  Am 18. Dezember dann versucht sich der studierte Volkswirt Bidder selbst in Sachen Wirtschaftspolitik. Das geht natürlich nicht ohne getürkte Zahlen ab - Gesinnung geht eben vor Wahrhaftigkeit.
"Russlands Präsident schwieg auch zu den finsteren Aussichten für das kommende Jahr: Die Zentralbank erwartet einen Absturz der Wirtschaft um 4,5 Prozent - vor vier Wochen sollte es noch ein Plus von 1,2 Prozent werden,"
schlaumeiert Ridder. Dabei tut er so als habe Putin selbst die Zahlen bestimmt. Dabei vergisst er eine ganze Kleinigkeit zu erwähnen: Die -4,5% Wachstum werden für den unwahrscheinlichen Fall prognostiziert, dass der Ölpreis dauerhaft auf 40 Dollar je Barrel sinkt.

 Insgesamt ist Bidder doch wohl sehr enttäuscht. Er hatte gehofft, aus Anlass der traditionellen jährliche Pressekonferenz im World Trade Center in Moskau, über einen völlig zerknirschten
russischen Präsidenten berichten zu können. Nun muss er feststellen, dass davon keine Rede sein kann:
"Putin gibt sich betont gelassen, aber das lässt den Beginn der Veranstaltung auch surreal erscheinen."
 Ganz im Gegenteil, Putin spricht wie alle Politiker dieser Welt von Erfolgen:
"Die Industrieproduktion entwickle sich mit einem Plus von 1,7 Prozent sehr erfolgreich, die Handelsbilanz sei im Plus, die Arbeitslosigkeit liege "irgendwo im Bereich von fünf Prozent."
 Was soll das Gerede des russischen Präsidenten von steigenden Renten und Beihilfen für Mütter wenn Journalisten sich dazu gezwungen sehen:
"ihre neuen iPhones, die sie gekauft haben, bevor die russische Währung weiter an Wert verliert. Manche schauen sich fragend an… Jemand kichert in den hinteren Reihen."
 Sind sie doch:
"...am Morgen auf dem Weg ins World Trade Center an Wechselstuben vorbeigekommen, deren rote Anzeigen in den vergangenen Tagen verrückt gespielt haben."
 Bidder unterschlägt dabei eine Kleinigkeit, nämlich dass die "roten Anzeigen" "an den Wechselstuben" an diesem Morgen anzeigen, dass der Rubel die Verluste der letzten zwei Tage zuvor fast vollständig, an nur einem Tag, wieder gut gemacht hat. Da sind wohl einige Spekulantenträume geplatzt und man versucht, die Verluste durch die Wetten auf einen fallenden Rubel, so gering wie möglich zu halten.

 Den ganz normalen, hart arbeitenden und durchschnittlich verdienenden Russen dürften die "roten Anzeigen" sowieso vollkommen schnurz sein. Sie brauchen keine Dollars sondern sichere Arbeitsplätze und sichere Renten.

 Irgendwann merkt Bidder dann wohl selbst, dass die Wirtschaft nicht so ganz sein Ding ist. Besser kann er eben Gesinnung und die daraus resultierende Propaganda. Zum zigsten Mal packt der Mann der im Juli bereits die Schuldigen an der Katastrophe des Fluges MH 17 ausgemacht und über Twitter hinaus in die Welt posaunt hatte, als die letzten Trümmer noch nicht ganz am Boden angekommen waren, die dämliche russische Geschichte von dem kleinen Kind, dass von den Ukrainern gekreuzigt worden sei.

Eine Mitarbeiterin des Internetkanals, Bidder bringt da etwas durcheinander, er meint natürlich Portal, lässt er fragen:
"Ob der Präsident nicht selbst Angst bekomme angesichts des "Hasses, den die großen Sender in der russischen Gesellschaft schüren".
 Eine Frage, die man wörtlich genau so auch Bidder und den deutschen Medien stellen könnte. Aber solche Gedanken lässt Bidder erst gar nicht an sich herankommen. Stattdessen prügelt er lieber noch ein wenig auf den russischen Präsidenten ein:
"Seinen Statthalter in Tschetschenien nimmt er gegen Kritik in Schutz: Mit einem Brandanschlag auf Menschenrechtler in der Kaukasusrepublik (wir erinnern uns: Das sind die Menschen, die Freund Navalny als Kakerlaken bezeichnete, die man mit der Pistole bekämpfen müsse) und Vergeltungsakten gegen Angehörige von Terrorverdächtigen habe Ramsan Kadyrow sicherlich nichts zu tun."
 Natürlich ist es auch etwas ganz anderes und das Sterben für die Opfer wesentlich angenehmer, wenn Friedensnobelpreisträger Obama ganze Hochzeitsgesellschaften in Pakistan atomisieren lässt, durch Drohnen die aus etlichen Tausend Kilometern entfernt liegenden, metertief in den Boden gegrabenen  Bunkern, ferngesteuert werden. Und alles nur, weil ein unzuverlässiger Informant in Islamabad behauptet hat, just unter diesen Hochzeitsgästen befände sich ein gefährlicher Terrorist.

 Ausschlaggebend ist eben die Gesinnung. Da haben die Menschen in den letzten tausend Jahren nichts dazu gelernt.

So sind viele der Christen, die an den Kreuzzügen des Mittelalters teilnahmen und mordend und brandschatzend durch den vorderen Orient zogen, heilig gesprochen worden, während ihre muslimischen Opfer von der katholischen Kirche, die Bidder sein Journalismustudium ermöglichte, der ewigen Verdammnis preisgegeben wurden.

3 Kommentare:

  1. Ist schon klar, mit Journalismus hat das Geschreibsel dieses Bidder echt nichts zu tun. Wenn ich seine Artikel sehe, denke ich mit Grauen an Broder oder Mattussek zurück). Interessant ist aber, daß er beschäftigt wird, daß Kommentare mit Kritik an ihm total zensiert werden und wieso das Mitbringsel Blome immer noch beim Spiegel hockt. Ich bin mir da nicht so sicher, ob da nicht der Springer seine schmutzigen Hände schon im Spiegel-Verlag hat.

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  2. Würde mir mal endlich Whistleblower wünschen. Was verdienen die bei SPIEGEL ONLINE?
    Denn die Qualifikation ist bei den meisten Autoren, die man nachgegoogelt eher--- äh-möchte ich nicht schreiben.

    Aber die Bennys und Kevins mit Exotenstudien, die nie irgendwas gearbeitet haben und auch nie eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben- sind quasi gefangen. Sie können nicht anders (denken sie). Angst.

    Hier in Berlin Prenzl.Berg gibt es z.B. eine PR-Agentur mit freiberuflichen Journalisten, die dann für den STERN ONLINE anschaffen- die Resultate entsprechen nicht-gymnasialen Ansprüchen, die politische Richtung stimmt dafür.
    Ganz grob geschätzt bekommen die 50- 150 EUR für solche Artikel (weiß ich wirklich nicht) und dass sie für solche "Magazine" arbeiten, ist alternativlos- die arbeiten in monatsweise angemieteten Gemeinschaftsbüros.
    Vermutlich fühlen sich die SPIEGEL ONLINE Redakteure daher sogar noch als Elite.

    Wäre schön, mal die Hintergründe/Löhne zu kennen- das würde wohl das Motiv klarmachen.

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  3. Diesen Blome hat man ja glücklicherweise mittlerweile 'eliminiert' beim Spiegel. Der macht ja jetzt mit diesen Transatlantikern Reichelt und Koch wieder gemeinsame Sache.

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