Jan Hofer moderiert die Tagesschau. Wie immer seriös gekleidet im schwarzen Anzug, weißem Hemd, roter Krawatte mit kleinen weißen Punkten und weißem Einstecktuch. Was er uns zu sagen hat ist dann allerdings weniger seriös:
„Die russische Wirtschaft rutscht offenbar immer stärker in die Krise. Die Zentralbank des Landes geht davon aus, dass die Wirtschaftsleistung des Landes um mehr als 4 % schrumpfen wird. Als Ursache gelten die massiv gesunkenen Rohölpreise und die Sanktionen des Westens im Zusammenhang mit der Ukrainekrise. Die Inflation ist inzwischen auf mehr als 10 % gestiegen.“Die Tagesschau nennt Zahlen, die jede Seriosität vermissen lassen. Sie geht dabei immer vom worstcase aus. So lag die Inflation im November bei 9,07 % im Vergleich zum November 2013. Zahlen über den Dezember gibt es noch gar nicht. Sie sind reine Spekulation und haben somit in einer seriösen Nachrichtensendung nichts zu suchen. Zusätzlich zeichnet der reine Vergleich des Monats November mit dem gleichen Monat des Vorjahres ein Zerrbild. So war die Inflationsrate im November und Dezember 2013 mit 6,48 % im Vergleich zum Restjahr eher niedrig. Die Inflationsrate im Jahresdurchschnitt 2014 betrug Ende November 7,48 % und war damit die viertniedrigste der letzten 20 Jahre. Ohne Zweifel ist die Lage schwierig aber nicht so bedrohlich, wie sie uns, die wir uns an Inflationsraten gewöhnt haben, die seit Jahren unter 2 % liegen, erscheint und auch wohl erscheinen soll.
Zahlen von Inflation.eu |
1994 | 1995 | 1996 | 1997 | 1998 | 1999 | 2000 | 2001 | 2002 | 2003 | 2004 | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | |
Infaltion Dez. -Dez. | 214,77 | 131,61 | 21,85 | 10,99 | 84,47 | 36,59 | 20,13 | 18,69 | 15,02 | 11,98 | 11,72 | 10,92 | 9,02 | 11,88 | 13,28 | 8,81 | 8,77 | 6,11 | 6,54 | 6,48 | |
Inflation Jahresdurchschnitt | 204,90 | 53,07 | 14,76 | 27,36 | 92,64 | 20,98 | 21,61 | 15,84 | 13,68 | 10,88 | 12,70 | 9,69 | 8,99 | 14,10 | 11,70 | 6,86 | 8,46 | 5,06 | 6,77 | 7,48 |
Ähnlich zu werten ist die Angabe über die Prognose der Wirtschaftsleistung Russlands für das Jahr 2015. Auch hier ist wieder die schlimmstmögliche Entwicklung angenommen: Es wird davon ausgegangen, dass der Ölpreis über das gesamte Jahr 2015 nicht über die 60 Dollar Marke steigt, andere Quellen sprechen sogar von 40 Dollar. Zusätzlich dazu wird angenommen, dass sich die Weltkonjunktur nicht belebt.
Aber selbst der Saudi-Arabische Ölminister, Ahmed Zaki Yamani, prognostiziert, dass der Ölpreis in den nächsten 6 Monaten auf 70 - 80 Dollar steigen wird. Auch die Weltkonjunktur zeigt, allen Indikatoren zu Folge, in den nächsten Monaten eine steigende Tendenz. Die Konjunktur in den USA, der größten Volkswirtschaft der Welt, hat in letzter Zeit an Fahrt gewonnen, wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Geht man von diesen Indikatoren aus, so dürfte die Wirtschaftsleistung in Russland in 2015 an der untere Grenze der prognostizierten -2% bis -4% liegen.
Wirtschaftswachstum Russlands in Prozent zum Vorjahr |
Im nun folgenden Einspieler schickt die ARD einmal mehr Propagandaqueen Golineh Atai in die Arena. Die lässt erst einmal Volkes Stimme zu Wort kommen:
"Seit Wochen kennen sie in diesem Schönheitssalon in Moskau nur ein Thema, die steigenden Preise. Sie hat deutlich weniger Kunden. Die kleine Ecke mit Wollprodukten, alles Westimporte, sollte eigentlich das Geschäft aufpeppen. Aber mit der Rubelkrise ist das Gegenteil passiert. In den letzten zwei Wochen konnten wir gar nichts mehr bestellen. Wir hätten zu einem viel höheren Preis kaufen müssen wie wir jetzt verkaufen."Dazu Bilder aus einem etwas kärglichen Friseursalon ohne Spiegel an der Wand und eine Regalecke vollgestopft mit Wollknäuel in abscheulichen Farben. Es macht mehr den Eindruck eines Restelagers als eines gut sortierten Wollgeschäfts.
Mehr Restelager als Wollgeschäft Screenshot Tagesschau |
Nachdem wir nun erfahren haben, wie sehr der russische Mensch unter seiner Regierung und den Folgen ihres Tun zu leiden hat, präsentiert Atai uns den ehemaligen Finanzminister unter Putin und Medwedew, Alexej Kudrin, angeblich eine gewichtige Stimme in Russland, der beleidigt, weil er nicht selbst zum Ministerpräsident gemacht wurde, sondern Putin ihm bei Beginn seiner zweiten Amtszeit als Präsident, Medwedew vorzog. Seitdem gehört Kudrin zu einer der unzähligen Oppositionsgruppen, die untereinander heillos zerstritten sind.
Dem Mann scheint sein Kurzzeitgedächtnis abhanden gekommen zu sein. Behauptet er doch:
"Zum ersten Mal seit Zweitausend, seit der Regierungszeit von Putin und Medwedew werden die realen Einkommen der Bevölkerung sinken. Das wird im nächsten Jahr passieren"Dazu sollte man wissen: Im Jahr 2009 sank das Bruttoinlandsprodukt in Russland als Folge der weltweiten Finanzkrise, ausgelöst durch turbokapitalistische Spekulationsgeschäfte, um 7,8%. Bei einer gleichzeitigen Inflationsrate von durchschnittlich 11,7%, dürften die Realeinkommen der allermeisten Russen wohl kaum gestiegen sein. Kudrin scheint dieses schwärzeste Jahr seiner Amtszeit, einfach aus dem Gedächtnis gestrichen zu haben.
Wer Golineh Atai kennt, der weiß, dass es ihr selten reicht, nur eine Lüge aufzutischen. Und so fährt sie denn auch gleich fort:
"Der Rubel verlor heute wieder."Eine wie Atai kümmert es nicht, dass genau das Gegenteil der Fall war. Der Rubel legte, wenn auch nur leicht, am 24. Dezember im Vergleich zum Euro zu. Mussten am 23. Dezember noch 66,51 Rubel für einen Euro hingelegt werden, so waren es am am 24. nur noch 65,94.
Natürlich auch kein Wort davon, dass der Rubel nach dem schwarzen Dienstag am 17. Dezember nur noch zugelegt hatte. Am Mittwoch den 18. hatte er sogar schon die gewaltigen Verluste vom Montag und Dienstag, insgesamt über 12%, an nur einem Tag wieder wettgemacht. Am Heiligen Abend hatte er, mit 65,94 für einen Euro, schon fast wieder den Wert vom 3. Dezember, mit 65,24 Rubel für einen Euro, erreicht.
Von diesem Kursverlauf war in den westlichen Medien, einschliesslich der ARD-Tagesschau, übrigens nichts zu lesen oder zu hören. Auch bewusstes Weglassen, nicht genehmer Nachrichten, ist eine Manipulation der Öffentlichkeit.
Screenshot: finanzen.net |
"Der Grund: Die drohende Herabstufung von Russlands Kreditwürdigkeit auf Ramschniveau durch eine Ratingagentur."Geschehen war etwas anderes, eigentlich viel gravierenderes als die Androhung einer Herabstufung. Die Ratingagentur Standard & Poor's, die im Verdacht steht, ihre Ratings gern nach den Wünschen der US-Regierung zu richten, hatte Russlands Kreditwürdigkeit auf BBB gesenkt. Das ist zwar noch nicht Ramschniveau, aber eine Androhung auf Ramschniveau, hört sich natürlich viel dramatischer an, als eine biedere Herabstufung, wen interessieren da schon die Fakten.
Zu Standard & Poor's sagte Ewald Nowotny, Chef der Österreichischen Nationalbank am 12. Januar 2012 im Fernsehsender ORF:
"Standard & Poor’s sei „sicherlich sehr viel aggressiver und sehr viel politischer“ als die anderen Ratingagenturen."Nachdem Atai uns kurz berichtet, dass jetzt sogar die grossen russischen Unternehmen wie Gazprom und Rosnef ihre Devisenreserven dazu nutzen sollen um den Rubel zu retten, ein für sie anscheinend schier unglaublicher Vorgang, ist es im Westen doch undenkbar, dass Unternehmen ihr Geld für die Allgemeinheit einsetzen, hier ist nur das Gegenteil denkbar, erfahren wir, dass die russische Zentralbank, erstmals, eine Geschäftsbank vor dem Konkurs retten musste. Auch das ein Vorgang, der im Westen eher zum Alltag gehört:
"Um den Fall des Rubels zu stoppen, soll die Regierung gestern die grössten staatlichen Exporteure, darunter Rosneft und Gazprom dazu angehalten haben, einen Teil ihrer Devisenreserven aufzugeben. Erstmals musste die Zentralbank eine Geschäftsbank vor der Pleite retten."Abschliessend präsentiert uns Golineh Atai mit Konstantin Sonin
"einen der bekanntesten Ökonomen"der zur Zeit in den westlichen Medien herumgereicht wird.
Sonin ist ein Verfechter der Angebotstheorie. Diese Theorie besagt, dass alles verkaufbar ist. Es sei nur eine Frage des Preises. Das geht soweit, dass diese Turbokapitalisten behaupten, jeder Arbeitslose sei selbst Schuld an seinem Schicksal. Er müsse seine Arbeitskraft nur billig genug anbieten, dann bekomme er auch Arbeit.
Sonin gehört zur Chicagoer volkswirtschaftlichen Schule Milton Friedmanns. Friedman und seine Chicago Boys haben in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, das von Piniochet in einen Friedhof verwandelte Chile auch wirtschaftlich zu Grabe getragen.
Dieser "Ökonom" weiß natürlich wie Russland diese Krise überwinden kann:
"Eine Aufhebung der Sanktionen, das könne jetzt nur kurzfristig helfen."Ein kleiner Hinweis Atais, an jene Weicheier in der Heimat, die zu bedenken geben, man solle die Sanktionen gegen Russland doch aufheben, um nicht die gesamte Weltwirtschaft in die Krise zu treiben.
...Ich denke die Regierung muss ausgetauscht werden. Das wäre bereits ein richtig positives Signal. Es bringt rein gar nichts mehr zu diskutieren, was diese Regierung jetzt noch tun kann. Sie kann nichts mehr."Warum nicht gleich Obama bitten die Regierungsgeschäfte in Russland zu übernehmen?
"Kleinunternehmerin Jekatarina Evanova,"die mit dem Wollrestelager in einem Friseursalon ohne Spiegel, von Atai hochtrabend als "Schönheitssalon" tituliert,
"ist in der Krise zu einer alten Idee zurückgekehrt. Sie will auswandern."So setzt man Schlusspunkte: Seht her, jetzt laufen dem Putin schon die eigenen Leute weg. Sieg heftet sich an unsere Fahnen.
Zahlen, Daten, Fakten lügen nicht! Euro - Russischer Rubel - Kurs (EUR-RUB)
AntwortenLöschen75,4560 RUB -0,0115 RUB -0,02 %
Kurszeit 23:01 Kursdatum 19.01.2015
Eröffnung 75,4707 Vortag 75,4674
Tagestief 72,8471 Tageshoch 76,0293
52W Tief 39,6041 52W Hoch 98,8623
Das BIP Rußlands für 2014 wird in Euro mindestens 20 % unter dem Vorjahr stehen!!! Jeder Russe der die Geldentwertung der 90-er Jahre miterlebte, muss zusehen seine Rubel umzutauschen, damit das Ersparte nicht verloren geht. Warum sollte der Ölpreis wieder auf 70 - 80 $ pro Barrel steigen. Der Ölpreis der letzten Jahre war völlig überzogen. Weltweit wird der Bedarf durch den Energiewandel Schritt für Schritt zurückgehen. Die arabischen Länder haben Gewinnschwellen von unter 20 $ pro Barrel. Ein niedriger Ölpreis wird deren Weltmarktanteil noch deutlich erhöhen. Eine weitere Gefahr für Russland stellt die fortschreitende Verflüssigung von Erdgas dar. Nicht Russland hat die grössten Gasreserven der Welt sondern Katar. Deren Selbstkosten für die Förderung betragen allerdings nur ein Zehntel. Es ist daher nur ein Frage der Zeit, wann Russlands Devisenreserven aufgebraucht sind. Anstatt 1/3 des Haushalts für das Militär auszugeben, sollte Russland anfangen sich aus seinen geistigen Fesseln zu lösen, um zu erkennen, was es tatsächlich ist. Ein Drittland. Mit Gebärden wie aus den Zeiten des kalten Krieges schadet es sich nur selbst.