Donnerstag, 23. Februar 2017

Deutschland eine Atommacht? - Eliten fordern die deutsche Bombe

Schon der Name der Veranstaltung
"Münchner Sicherheitskonferenz"
 die am Wochenende im Münchner Luxushotel Bayrischer Hof stattfand, ist eine eklatante Irreführung der Öffentlichkeit. Der ursprüngliche Name
"Münchner Wehrkundetagung" 
den dieses Stelldichein der Reichen und Mächtigen, das nun zum 53. mal auf Kosten der Steuerzahler stattfand, trifft den Sinn und Zweck der Zusammenkunft da schon wesentlich genauer. Denn es geht hier weniger um Sicherheit, als um die Rechtfertigung vergangener und die Vorbereitung zukünftiger Kriege. Hier treffen sich Militärs, Politiker, Lobbyisten der Rüstungsfirmen, Finanzjongleure wie George Soros, Milliardäre wie Bill Gates, die sich steuersparend das Mäntelchen eines Philantropen umhängen, alternde Kriegstreiber wie der US-amerikanische Senator John McCaine und Pausenclowns wie Bono von der irischen Rockband U2 und kungeln in den Hinterzimmern ohne demokratische Legitimation über Leben und Tod von Millionen von Menschen und über die nächsten schönen Milliardendeals der Rüstungsindustrie.

  Gehört die düstere Sicht der Weltlage, die Klage über die Bedrohung der westlichen Wertegemeinschaft durch Mächte der Finsternis seit jeher zu den festen Ritualen der zumeist erzkonservativen, nur auf persönliche Einladung an der Konferenz teilnehmenden Weltenretter, so wurde dieses Jahr noch einmal an der Dramatisierungsschraube gedreht. War die Stossrichtung westlicher Vorwärtsverteidigung in den Jahren zuvor eindeutig nach Osten und Süden ausgerichtet, gegen die bösen Russen und Chinesen und die Islamisten in Nordafrika und auf der arabischen Halbinsel, so hatte im November des letzten Jahres ein wirkmächtiger Gegner im Westen sein Haupt erhoben.

 Dermassen eingekeilt zwischen Putin im Osten, den IS-Terroristen im Süden und dem die Welt (wie wir sie kennen) verschlingenden und der Freiheitsstatue in Terroristenmanier den Kopf abschlagenden Donald Trump (so sieht es nicht nur "Der Spiegel") schien nur noch ein winziger Hoffnungsschimmer über der Konferenz: Deutschland und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der alte Kriegstreiber John McCain drückte das so aus:
"Nicht jeder Amerikaner versteht die absolut lebenswichtige Rolle, die Deutschland und seine ehrenvolle Bundeskanzlerin Merkel bei der Verteidigung der Idee und des Gewissens des Westens spielen. Aber für alle von uns, die das tun, lassen Sie mich 'Danke' sagen."
 Diese hatte denn auch gleich eine ihrer nichtssagenden Plattitüden bereit, für die sie von den Deutschen nunmehr schon zwölf Jahre so geliebt und verehrt wird:
"Kein Staat kann die Herausforderungen allein bewältigen. Wir müssen für die multilateralen Strukturen kämpfen."
 Die "Frankfurter Allgemeine" geriet darüber geradezu in Verzückung:
"Wohltuend wirkte dagegen die klare Ansprache der deutschen Delegation. Merkel verschaffte sich Anerkennung bis tief in die Opposition durch ihr klare Unterstützung eines Europas der Reformen, von der Leyen überzeugte durch ihre Hervorhebung der Nato als Wertegemeinschaft, Gabriel durch sein Bekenntnis zur sozialen Verantwortung der Deutschen in Europa. Die Regierung nimmt die Rolle an, die sich nach Brexit und Trump-Wahl viele von Berlin wünschen." 
 Deutschland als neue Führungsnation, nicht nur in Europa sondern für die ganze Welt, das ist  der geheime Wunschtraum der Konservativen, die trotz aller gegenteiligen Beteuerungen die schmerzliche Niederlage von 1945 und den Untergang des deutschen Reiches nie verwunden haben. Deutsche Führung durften die europäischen Nationen schon unmittelbar nach dem Vollzug der deutschen Einheit durch die Annexion der DDR durch die Bundesrepublik 1990, mehrfach schmerzlich erfahren.

 Zielstrebig wurde der Balkan durch die Zerschlagung Jugoslawiens in sieben Kleinstaaten durch Deutschland, hier namentlich durch den damaligen Aussenminister Genscher, und Österreich betrieben. Über 100.000 Menschen kamen in den daraus folgenden Kriegen ums Leben.

 Auf Drängen des deutschen Bundeskanzlers Kohl wurde der Euro in seiner jetzigen Form eingeführt. Eine Währung, die angesichts der deutschen Wirtschaftskraft krass unterbewertet ist und die dazu führte, dass es vor allen Dingen in den Südländern der EU zu lebensbedrohlichen Wirtschaftszusammenbrüchen kam. Deutschlands Antwort darauf war eine gnadenlos durchgesetzte Austeritätspolitik, die zu noch mehr Armut in den betroffenen Ländern führte. Die griechische Regierung, die sich zu widersetzen versuchte, wurde entmachtet und zu einer reinen Protektoratsverwaltung degradiert. Der deutsche Finanzminister Schäuble bestimmte fortan sogar deren Zusammensetzung.

 Nun scheint es, dass zumindest einigen Vertretern der Presse diese eher indirekte Machtausübung nicht mehr genügt. Unverblümt fordern Peter Dausend und Michael Thumann in der "Zeit" eine atomare Aufrüstung Deutschlands. Was vor Jahren noch undenkbar war formulieren die beiden so: Deutsche Politiker
"hätten das Denken in nuklearen Kategorien verlernt."
 Auf dem Weg zur Bombe wollen sich Dausend und Thumann auch durch internationale Verträge nicht aufhalten lassen. So bedauern sie, dass Merkel 2007 das Angebot zur Teilhabe an der französichen Force de Frappe für die Deutschen ablehnte,
"weil sie den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben haben."
  Ausserdem so stellen die beiden Autoren mit höchstem Bedauern fest, sei wieder einmal die deutsche  Bevölkerung und die Feigheit der sie regierenden Politiker ein Hemmschuh für Deutschlands wahre Grösse:
 "Das Label 'Atommacht Deutschland' ist zu Hause politisch nicht durchzusetzen. Deutschland, das weiß jeder Minister, ist ein pazifistisches Land, die Bevölkerung lehnt Beteiligungen der Bundeswehr an internationalen Militäreinsätzen mehrheitlich ab. Atomwaffen werden hierzulande erst diskutiert, wenn man sie verschrottet."
 Dausend und Thumann sehen Deutschland wieder einmal in einem Zwei-Fronten-Krieg:
"Präsident Wladimir Putin hat die Nuklearwaffen neu entdeckt und sie vom letzten Mittel der Verteidigung zur taktischen Waffe im Krieg erklärt. Die russische Militärdoktrin von 2013 sieht den möglichen Einsatz von Nuklearwaffen nicht erst bei einem feindlichen atomaren Angriff vor, sondern schon in einem konventionellen Krieg, der für Russland existenziell zu werden droht."
 Droht also von Osten der Russe, so gibt es auch an der Westflanke in Zukunft keine absolute Sicherheit mehr:
"Heute müssen die Europäer, wenn Trump so weiter macht, ihre Sicherheit allein organisieren."
 Da aber die beiden europäischen Atommächte Großbritannien und Frankreich unsichere Kantonisten sind, so drohe die britische Premierministerin Theresa May:
"Sollte die EU Großbritannien bei den Brexit-Verhandlungen bestrafen wollen, hätte das Konsequenzen für die Sicherheitspolitik",
und:
"Auf ähnliche Gegengeschäfte könnte auch Frankreich pochen: Die Force de Frappe für Europas Sicherheit, wenn man die Sparpolitik beendet."
 Bleibt allein Deutschland übrig als Retter des Abendlandes.

 Das sieht auch Jan Techau, Direktor des "Richard C. Holbrooke Forum for the Study of Diplomacy and Governance an der American Academy" in Berlin so. Er fürchtet gar um die,doch gerade erst wiedererrungene Einheit Deutschlands:
"Als Moralapostel droht Deutschland zu zerreißen".
Auch Techau stellt sich die Frage nach der Verlässlichkeit Großbritanniens und Frankreichs:
"Ist genug Vertrauen im europäischen politischen Markt, um sich ganz auf Frankreich und Großbritannien zu verlassen?"
 Für Techau liegt die Antwort schon in der Frage und so tun sich gleich die nächsten Fragen auf:
"Wie soll nukleare Erpressbarkeit verhindert werden, falls der amerikanische Nuklearschirm eines Tages wegfällt und Europa als sicherheitspolitischer Raum wieder offen ist? Wer füllt das Vakuum?"
 Auch für Techau bleibt da nur die Forderung nach einer deutschen Atommacht als letzter verlässlicher Wall gegen die asiatischen Horden aus dem Osten:
"Was tut ein Land, das vielleicht sogar gezwungen ist, die Frage eigener Atomwaffen zu diskutieren?
 Eine angstvolle Frage, denn da sind die unwilligen Deutschen, die partout nicht einsehen wollen warum sie nach der völligen Vernichtung Europas im zweiten Weltkrieg als Folge deutscher Grossmannssucht, sich schon wieder in ein noch viel grösseres militärisches Abenteuer stürzen sollen. Die Deutschen mit ihren kleinkarierten moralischen Bedenken, so sieht es Techau, gegen eine alles Leben auf unserem Planeten auslöschende Bombe. Diese krankhafte Sucht der Deutschen nach Frieden, für Techau der Grund für aussenpolitische Fehlleistungen:
"Deutschlands neurotisches Bestreben, am Ende jedes Vorhabens „moralisch sauber“ dazustehen, durchzieht alle außenpolitischen Debatten".
 Techau hat sich schlau gemacht und betätigt sich als Küchenpsychologe - Deutschland gehört auf die Couch, denn die
" 'übertreibende Beurteilung der Moral als alleinigen Maßstab für das Verhalten' (Duden) führt in den Moralismus, eine isolierende Neurose."
 Wir alle, so diagnostiziert "Dr." Techau leiden an einem Trauma. Was noch vor kurzem als Erinnerungskultur den Deutschen international hoch angerechnet wurde, identifiziert "Dr." Techau als
"Nachwirkung des kollektiven Traumas"
der Deutschen,
"die am Ende des Zweiten Weltkrieges feststellen mussten, dass all ihre Energie, ihr Idealismus, ihre Entbehrungsbereitschaft, ihr Ehrgeiz, ihre Schaffenskraft, ihre Disziplin in das schrecklichste aller Menschheitsprojekte geflossen war, die nationalsozialistische Herrschaft mit ihren Kriegen, ihrem Rassenwahn, ihrer Terrorherrschaft und, vor allem, ihrem Völkermord."
 Lassen wir einmal, die schon ans bösartige grenzende Verfälschung der Verantwortung für die Greuel der Nazis durch Techau, der die Deutschen als Opfer und nicht als Täter darstellt beiseite, so verwundert oder besser befremdet die Darstellung des Naziterrors als Menschheitsprojekt zutiefst. Und genauso wie der Naziterror, für den immerhin 80 Millionen Menschen ihr Leben lassen mussten nur ein, wenn auch "schreckliches" Projekt war, so scheint für Techau auch die atomare Abschreckung, falls sie denn doch nicht funktioniert, und an ihrem Ende die Vernichtung der Menschheit steht, nur ein, wenn auch leider fehlgeschlagenes Projekt zu sein.

 Moralische Bedenken, ja gar Moral als Grund jeden politischen Handelns ist "eine isolierende Neurose". Techau ist Pragmatiker. Für ihn gilt der alte Lehrsatz des preussischen Generals Carl von Clausewitz:
"Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln",
noch in der Ursprünglichkeit seines Erfinders. Für Techau ist
"das Militärische (...) letztlich die folgenschwerste und deshalb auch die anspruchsvollste, gewissermaßen die Krönungsdisziplin der Außenpolitik"
und durchaus legitim zur Durchsetzung eigener Interessen:
"In der außenpolitischen Praxis wird dem an Normen und Werte gebundenen Akteur also permanent der moralische Kompromiss abverlangt. Das gilt in besonderem Maße für militärische Fragen, bei denen die moralischen Fragen in extrem zugespitzter Form in Erscheinung treten und bei denen der Kompromiss folglich besonders schmerzhaft ist."
 Hier allerdings muss man sich Sorgen um die psychische Gesundheit Techaus Gedanken machen. Es hat den großen Anschein, als läge bei ihm eine Spaltung der Persönlichkeit vor. Werden uns doch immer wieder die Verteidigung der "Normen und Werte" des Westens als Gründe dafür benannt, in fremde hilflose Länder einzufallen und sie in Grund und Boden zu bomben, so verurteilt er eben jene "Normen und Werte" in der "außenpolitischen Praxis" und im besonderen "für militärische Fragen" als wenig hilfreich, ja als hinderlich. Und er nennt Beispiele:
"Dieser Mechanismus ist in der Geschichte der deutschen Außenpolitik nach der Wiedervereinigung immer wieder zu beobachten, vom Sich-Freikaufen Deutschlands aus der Operation „Desert Storm“ zur Befreiung des von Saddam Hussein besetzten Kuwait 1991 bis hin zur Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in der Libyenfrage 2011."
 Techaus Pragmatismus ist gnadenlos. Er macht alles zunichte, was wir von unseren Eltern, in der Schule und durch unsere Religion gelernt haben:
"Dabei ist gar nicht entscheidend, ob die Enthaltung im Nachhinein als richtig oder falsch zu bewerten ist."
Wichtig ist für Techau, Augen zu und durch, egal wie hoch die Leichenberge auch sein mögen:
"Wichtig ist, dass Deutschland die Entscheidung vermied und einen Vertrauensschaden unter den eigenen Alliierten in Kauf nahm, weil es die eigene moralische Sauberkeit höher veranschlagte als die Übernahme von Verantwortung".
Für Techau gibt es in der Politik, im Zusammenleben der Völker nur eine Handlungsdirektive, militärische Gewalt. Für ihn gibt es auch im Verhältnis der Nationen zueinander nur das Prinzip Führung und bedingungslose Folgschaft. Wem diese Führung zukommt, darüber besteht bei Techau kein Zweifel:
"Denn wenn wir über so unterschiedliche Frage sprechen wie die Rettung des Euros, die Sanktionen gegen Russland, über Arbeitsteilung in der Nato, über den Brexit und die Bankenrettung, die Zukunft der EU, über ein größeres militärisches Engagement Deutschlands und sogar über eine europäische Armee, dann sprechen wir in Wirklichkeit darüber, was es kostet, einen strukturell instabilen Kontinent zu stabilisieren. Was tut ein Land wie Deutschland in einer Situation, in der zeitgleich in Europa und in den Vereinigten Staaten das Gefühl aufkommt, dass diese Kosten zu hoch sind?
…Kann Deutschland dann gegensteuern? Kann es in Führung gehen mit einem Bekenntnis zu diesen Strukturen und zu dem Preis, der für sie zu zahlen ist?"
Deutschland - die europäische Führungsmacht? Deutschland - eine Atommacht? Ist es das, was wir aus den Katastrophen des 20. Jahrhunderts gelernt haben? Herrscht im Verhältnis der Völker untereinander wieder das Gesetz des Dschungels? Ist die Charta der Vereinten Nationen, beschlossen im Angesicht der Opfer und der Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges obsolet?
"WIR, DIE VÖLKER DER VEREINTEN NATIONEN - FEST ENTSCHLOSSEN,
 künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat,
unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein, erneut zu bekräftigen",
heißt es in der Präambel. Und im Kapitel 1 "Ziele und Grundsätze" heißt es in Artikel 1:
"Die Vereinten Nationen setzen sich folgende Ziele:

1. den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen;

2. freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln und andere geeignete Maßnahmen zur Festigung des Weltfriedens zu treffen;"
 In diesen Grundsätzen, denen auch die Bundesrepublik Deutschland durch ihren Beitritt zur UN zugestimmt hat, ist keine Rede von der Führung einer Nation und es ist auch nicht die Rede davon, dass "das Militärische ...die anspruchsvollste, gewissermaßen die Krönungsdisziplin der Außenpolitik" sei.

 Die Menschheit schlittert unweigerlich in die größte aller Katastophen, die mit ihrer Ausrottung enden wird, wenn wir weiterhin diesen Kleingeistern in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Journalismus, stehen geblieben im wilhelminischen "immer feste druff", die Führung unserer Welt überlassen.

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