Donnerstag, 10. August 2017

Venezuela: Der Hegemon hat zur finalen Jagd geblasen

  Der Hegemon hat zur finalen Jagd geblasen. Und da stehen sie bereit, die Heckenschützen in den deutschen Medienkonzernen, die willfährigen Leihfedern, wie sie Albrecht Müller einst bezeichnete.

 Jahrelang haben die unterschiedlichsten US-amerikanischen Präsidenten das kleine Venezuela in seinen verzweifelten Bemühungen seine Souveränität zu erlangen nach Kräften behindert. Wer das Pech hat im „Hinterhof der USA“ geboren worden zu sein, der muss sich eben damit abfinden wie ein Sklave für die Gringos jenseits des Rio Bravo zu schuften, der muss akzeptieren, dass er sein Leben lang in riesigen Elendsvierteln ohne Trinkwasser und Kanalisation dahinvegetieren muss, der muss Drogensucht und Gewaltkriminalität ertragen, der muss hohe Säuglings- und Müttersterblichkeitsraten hinnehmen. Diesen Menschen wird von den USA nicht gestattet sich ihre Regierungen selbst auszuwählen, ihr Leben selbst zu bestimmen.

 Völker, die sich für ihre Selbstbestimmung entscheiden, die die Früchte ihrer Arbeit selbst ernten wollen, die die Bodenschätze ihres Landes zu ihrem eigenen Nutzen verwenden wollen, die ihre Wirtschaft in den Dienst ihres eigenen Landes stellen wollen, denen wird von den USA sehr schnell klar gemacht, wer Herr und wer Knecht, wer Hegemon und wer Vasall ist.

 Dabei scheuen die USA vor keiner kriminellen Handlung zurück, weder vor Krieg, noch Mord, an Alten, Frauen und Kindern, weder vor Folter, Verschleppung und Vergewaltigung. Die Vorgehensweise ist dabei immer gleich. Die Länder werden wirtschaftlich destabilisiert, oppositionelle Gruppen, oft erst von der CIA ins Leben gerufen, werden heimlich mit Dollars und Waffen aufgerüstet, die Regierung wird mit hohem Aufwand von PR-Profis in der ganzen Welt als antidemokratisch, autoritär oder diktatorisch diskriminiert, Demonstrationen und Protestaktionen werden organisiert und finanziert, Lebensmittel, vor allen Dingen Grundnahrungsmittel werden künstlich verknappt um gerade die breite Masse zu treffen. Es wird so lange provoziert, auch und vor allen Dingen mit rechtswidrigen Aktionen, bis es zu Gewalttätigkeiten kommt.

 Wenn dann nicht das eigene Militär putscht, angeführt von Offizieren, die in den USA an Elitemilitärschulen, wie dem berüchtigten "Western Hemisphäre Institute for Security Cooperation" ausgebildet worden sind, dann greifen entweder die US-Marines ein, erobern handstreichartig, das wehrlose Land oder die USA stürzen das Land in einen jahrelangen Bürgerkrieg - eine seit Friedensnobelpreisträger Obama bevorzugte Methode - mit tausenden von Toten, Millionen Flüchtlingen, traumatisierten Kindern, geschändeten Frauen, zerstörter Natur und einer Wüste aus Schutt und Asche in der es keine Infrastruktur mehr gibt, kein frisches Trinkwasser, keine ärztliche Versorgung, dafür aber Horden von Kriminellen, Rauschgifthändlern, Pistoleros und Kindern, die schon im Alter von zehn oder elf ihren ersten Mord begehen.

Wenn es eine Hölle gibt, dann ist sie dort, wo die USA für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte eintreten. Und wenn es einen Teufel gibt, dann ist es der jeweilige Präsident der USA. Wikipedia nennt eine Liste von Militärinterventionen der USA, allein für Mittelamerika und die Karibik:

Nicaragua: 1833, 1855-57, 1867, 1894, 1896, 1909-25, 1926-33, 1981-90
Mexiko: 1845-48, 1914, 1916-17
Honduras: 1863, 1896, 1903, 1905, 1907, 1911-13, 1917, 1919, 1924-29
Kuba: 1898, 1901-03, 1906-09, 1912, 1917-19, 1921-23, 1933, 1961, 1962
Panama: 1901, 1902, 1903, 1908, 1912-14, 1917-18, 1921, 1964, 1989-90
Dominikanische Republik: 1869-70, 1903-05, 1907, 1914, 1916-24, 1965-66
Haiti: 1914, 1915-35, 1944, 1994-95, 2004, 2010
Costa Rica: 1919
Guatemala: 1920, 1954
Grenada: 1983
Puerto Rico: 1898

 Wohlgemerkt, hier sind nur die Militärinterventionen aufgeführt und auch nur die, in Mittelamerika und der Karibik. Die menschenverachtenden Militärdiktaturen in Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Ecuador, Paraguay, Peru und Uruguay während derer Zigtausende umgebracht und hunderttausende Menschen spurlos verschwanden, gingen ebenfalls auf Initiativen der USA zurück und wurden von diesen ausdrücklich befördert. Allein in Argentinien wurden in den Jahren der Militärjunta 30.000 Menschen ermordet, teilweise nach wochenlangen Folterungen.

 Neben Kuba hat sich in den letzten fast zwanzig Jahren das kleine aber erdölreiche Venezuela zu einem der Hauptkristallisationspunkte US-amerikanischer Aggression entwickelt. 1999 war dort der Sozialist Hugo Chavez zum Präsidenten gewählt worden. Schon im Frühjahr 2002 putschte ein Teil der Armee mit tatkräftiger Unterstützung der USA gegen Chavez. Im Herbst legte dann ein Generalstreik, bei dem es zu massiven Sabotagehandlungen in der staatlichen Ölindustrie kam, die Ölproduktion des Landes für mehrere Monate fast vollständig still. Wikipedia zitiert aus dem Buch von Dario Azzellin, „Venezuela Bolivariana. Revolution des 21. Jahrhunderts?“:
In der Ölindustrie nahm dieser den Charakter direkter Sabotage an: Das Unternehmen Intesa, ein Joint Venture der Petróleos de Venezuela und des US-amerikanischen Rüstungskonzerns SAIC, war für die Informatik und Computersteuerung der Ölförderung zuständig. Insbesondere Angestellten dieses Unternehmens gelang es, die Ölförderung Venezuelas weitgehend zum Erliegen zu bringen, indem sie die Fördereinrichtungen per Softwarebefehl herunterfuhren und anschließend das Steuerungssystem beschädigten. Die volkswirtschaftlichen Schäden, die durch Sabotage an der Ölförderung entstanden, beliefen sich auf acht bis zehn Milliarden Dollar. Das Bruttoinlandsprodukt sank dadurch im Jahr 2002 um 8,9 Prozent und im Jahr 2003 um 9,4 Prozent. Es dauerte noch bis zum April 2003, bis alle wichtigen Ölfördereinrichtungen wieder in Betrieb genommen werden konnten“.
 Als der populäre Chavez 2013 einem Krebsleiden erlag, wurde sein bisheriger Aussenminister Maduro, der die Wahlen vom 14. April 2013 mit 50,8% gewann, Präsident Venezuelas und die bis dahin chancenlose bürgerliche Opposition sah ihre Chance für eine Rolle rückwärts gekommen. Mithilfe der USA wurden Massendemonstrationen organisiert, gleichzeitig durch Korruption und Schmuggel die Lebensmittel verteuert und verknappt.

 So berichtet dasOnline-Portal „amerika 21“ im September 2015 darüber, dass Venezuela die Grenzen zum Nachbarland Kolumbien geschlossen habe:
Nach offiziellen Schätzungen werden rund 40 Prozent aller Lebensmittel, die in Venezuela auf den Markt kommen sollten, am Zoll vorbei ins Nachbarland geschafft und dort zu deutlich höheren Preisen verkauft. Auch große Mengen Treibstoffe werden über die Grenze geschmuggelt.“
 Das im kolumbianischen Meddelin erscheinende Blatt „El Colombiano“ ergänzt:
Der subventionierte Preis von Öl und allen darauf basierende Produkte wie Benzin, stellt einen hohen Anreiz für Schmuggler da. Während in Kolumbien eine Gallone (3,8 Liter) Kraftstoff $ 4,3 in Venezuela kostet ist 0,07 Dollar.“
 Inzwischen wurden die unvernünftig hohen Subventionen für Benzin zurückgenommen und der Preis dem Kolumbiens angepasst.

 Im Februar 2014 kam es dann zu ersten Protesten und Straßenschlachten. Rechtsgerichtete Politiker, darunter María Corina Machado und Leopoldo López, Parteiführer der Voluntad Popular hatten zu Protesten zum Sturz der Regierung aufgerufen. In der hiesigen Presse hiess es, verzweifelte Studenten protestierten gegen Hunger, Korruption und Misswirtschaft. Neutrale Beobachter berichteten von Krawallmachern in Markenklamotten und Designerturnschuhen.

 López dagegen hatte nach ersten Ausschreitungen im Fernsehen angekündigt, die Proteste würden weitergehen,
"bis wir jene, die uns regieren, vertrieben haben".
 Machado sagte, dass dem „despotischen Regime“, gemeint war die rechtmässige, demokratisch gewählte Regierung Venezuelas, „die Antwort auf der Strasse“ zu geben sei. Die Proteste waren so gewalttätig, das in ihrem Verlauf über 40 Menschen zu Tode kamen.

 Beide Politiker gehörten 2002, während des gescheiterten Militärputsches zu den rund 400 Unterzeichnern des Carmona-Dekrets. Mit diesem Papier war im April 2002 der damalige Präsident der Handels- und Industriellenvereinigung Fedecámaras, Pedro Carmona zu Venezuelas Präsident erklärt, die Verfassung ausser Kraft gesetzt, das Parlament aufgelöst und die Richter des obersten Gerichtshofs abgesetzt worden.

 Machado ist Gründerin der NGO Súmate, die verdächtigt wird das Carmona-Dekret organisiert zu haben. Anfang 2004 präsentierte Hugo Chavez ein Papier des Journalisten Jeremy Bigwood der dessen Freigabe aufgrund des Freedom of Information Act in den USA erstritten hatte, aus dem hervorging, dass das "National Endowment for Democracy" (NED) Súmate in den Jahren 2000 – 2001 50.000 Dollar heimlich zugeschoben hatte. Insgesamt hatte das NED vor dem Putsch 2002 über eine Million Dollar ausschliesslich an oppositionelle Organisationen verteilt.

 2015 begründete US-Präsident Obama dann eine weitere Runde von Sanktionen gegen das kleine Südamerikanische Land mit der 
„außerordentliche Bedrohung für die nationale Sicherheit“
der USA. Ein höchst aussergewöhnlicher Schritt, der dem Präsidenten allerdings erlaubt, rigorose Sanktionsmassnahmen gegen Venezuela einzuleiten.

Und in der Tat scheinen die Würfel in Washington längst gefallen zu sein. Der Regime-Change ist nicht mehr eine Frage des „Wie“ sondern nur noch des „Wann“. Vor dem Aspen Secutity Forum 2017 „The View from Langley“ am 20. Juli in Aspen Colorado, wurde der neue Chef der CIA Mike Pompeo von der venezolanisch-US-amerikanischen Journalistin und Politikberaterin Vanessa Neumann, seit einer Affäre mit Rolling Stones Frontmann Mick Jagger auch bekannt als „The Cracker from Caracas“, gefragt:
Mich interessiert ihre Meinung über die amerikanischen Interessen in, oder die Bedrohung durch Venezuela und welche Interessen haben Russland Iran und etc. in der Region?“
Darauf antwortete Pompeo:
Bei jedem Land, dass so groß ist und mit einer wirtschaftlichen Kapazität wie Venezuela, hat Amerika ein großes Interesse daran, dass es stabil ist und so demokratisch wie möglich. Und so arbeiten wir hart daran, was zu tun ist. - Immer vorsichtig, wenn wir über Süd- und Zentralamerika und die CIA sprechen – da gibt es viele Geschichten."
Er hielt das wohl für witzig. Seine Zuhörer übrigens auch - das Protokoll vermerkte Heiterkeit im Saal:
"Darum werde ich vorsichtig sein, mit dem was ich sage - aber soviel: Wir sind sehr hoffnungsvoll, dass es eine Veränderung geben wird in Venezuela und wir, die CIA tun unser bestes um die Dynamik dort zu verstehen. Wir stehen in Verbindung mit unserem Aussenministerium und mit anderen. Die Kolumbianer - ich war gerade vor einer Woche unten in Mexiko City und in Bogota, um über dieses drängende Problem zu sprechen und Verständnis zu wecken für die Dinge, die sie tun sollten für ein besseres Ergebnis für ihren Teil der Welt und für unseren Teil der Welt.“
 Eine kaum verschlüsselte Botschaft, über das, was in der US-Administration in Hinsicht auf Venezuela und Präsident Maduro geplant ist. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, die bolivarische Regierung in Caracas zu stürzen, scheint den militanten Kräften in Washington die Zeit nun so günstig wie nie zuvor. Der überaus beliebte Chavez ist tot und sein Nachfolger Maduro hat weder das Charisma seines Vorgängers noch ist er bei der Bevölkerung halb so beliebt wie dieser.

 Politische Fehler, die man Chavez noch verzieh, werden Maduro gnadenlos angekreidet. Das Land versinkt immer mehr, auch mit der Hilfe der USA und seiner multinationalen Unternehmen in einer Wirtschaftskrise. Maduro verwendet die Einnahmen aus der Erdölproduktion in erster Linie dafür, die Auslandsschulden des Landes zu bedienen, anstatt sie zur Bewältigung der Krise zu verwenden. Dazu kommt, der gesunkene Ölpreis und die Strangulation der Ölproduktion durch die Zuliefererfirmen Haliburton und Schlumberger, ohne deren Technik in der Ölförderung und Exploration gar nichts geht. Schlumberger hat sich vor einem Jahr aus Venezuela zurückgezogen und sämtliche Arbeitnehmer entlassen.

 Jetzt versuchte Maduro den Befreiungsschlag. Eine neue Verfassung soll das Land befrieden und die Errungenschaften der bolivarischen Revolution sichern. Am 30. Juli fand eine Volksabstimmung zu einer verfassunggebenden Versammlung statt. Aus 545 Mitglieder soll diese sich dann zusammensetzen. Für die 545 Sitze bewarben sich 6.100 Kandidaten.

 Die Opposition wertete die Wahl zu einer verfassunggebende Versammlung als einen Akt zur Einführung der Diktatur in Venezuela und rief zum Boykott auf, bemängelt allerdings gleichzeitig, dass die meisten Kandidaten den regierenden Sozialisten nahestehen.

 Es muss wohl nicht noch ausdrücklich erwähnt werden, dass in der deutschen Presse diese schozophrene Argumentation wörtlich übernommen wurde. Nichts wird hinterfragt. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Argumenten von Leuten, die schon den Putsch gegen Maduros Vorgänger Hugo Chavez organisiert oder zumindest unterstützt haben, findet nicht statt. So schreibt „Die Zeit“ am 29. Juli:
Die Opposition fürchtet, dass der Präsident die verfassunggebende Versammlung nutzt, um seine Macht weiter auszubauen – bis hin zu einer Diktatur. Viele Kandidaten, die am Sonntag zur Wahl antreten, stehen den regierenden Sozialisten nahe.“
 Beide Aussagen sprechen für eine hanebüchene Ignoranz der wahren Gegebenheiten. Es wird der Eindruck erweckt als habe bereits die verfassunggebende Versammlung die Aufgabe eine neue Verfassung zu beschliessen. Dabei wird in dem Gremium nur ein Entwurf erarbeitet, über den dann die Bevölkerung Venezuelas in einer weiteren Abstimmung entscheidet. Erst bei einer Zustimmung der Bevölkerung erreicht der Entwurf Gesetzeskraft.

 Das viele Kandidaten den regierenden Sozialisten nahestehen, versteht sich wohl von selbst aus der Tatsache heraus, dass die Oppositionsparteien die Volksabstimmung boykottieren, also von vornherein keine Kandidaten benannt haben.

 Gänzlich in den Fallstricken der Propaganda verfangen hatte sich Evan Romero-Castillo, Redakteur bei der Deutschen Welle. Romero Castillo stufte die Volksabstimmung gar als „verfassungswidrigen Akt“ ein. Seine Begründung ist dabei ebenso einfach wie dämlich. Maduro habe nicht nur das von der Opposition beherrschte Parlament übergangen, sondern auch
das Ergebnis einer vor zwei Wochen stattgefundenen Volksbefragung.“
 Diese sogenannte Volksbefragung war allerdings nichts mehr als ein Propagandagag der Opposition und hatte keinerlei rechtliche Bedeutung. Abgesehen von der Tatsache, dass eine Volksbefragung, soll sie denn irgendeine rechtliche Legitimation haben, von der staatlichen Wahlbehörde durchgeführt werden muss, waren den Organisatoren jegliche Regulatorien für die Abstimmung völlig schnurz. So hatte der Parlamentspräsident Borges noch kurz vor dem Abstimmungstermin getwittert, dass alle Venezolaner
ob als Wähler eingeschrieben oder nicht, mit gültigem Ausweis oder ohne“
an der Abstimmung teilnehmen könnten.

 Was dabei herauskommen würde, war den Bürgern des Landes ein gutes Jahr zuvor vor Augen geführt worden. Bei dem Versuch der Opposition Präsident Maduro mit einem Abwahlverfahren aus dem Amt zu entfernen, waren von den gut 1,85 Mio. abgegebenen Stimmen fast ein Drittel, exakt 605.727 ungültig. Unter den ungültigen Stimmzetteln waren beispielsweise 10.995 von Toten abgegeben worden, 9.333 stammten von nachgewiesen nicht existenten Personen, 3003 von Minderjährigen und 1.335 von nicht wahlberechtigten verurteilten Kriminellen.
Die Skeptiker sahen sich bestätigt, als öffentlich wurde, dass die angeblich abgegebenen gut 7,1 Mio. Stimmzettel gleich nach der Abstimmung verbrannt worden waren, angeblich um die Wähler zu schützen.

 Kein Grund für die internationale Journaille eine gewisse Skepsis an den Tag zu legen. Vielmehr feierte man einen Sieg gegen den ungeliebten Maduro und sein „sozialistisches Experiment“. Der österreichische "Standard“ jubelte:
7,1 Millionen Teilnehmer bei Referendum gegen Maduro“
Der Spiegel“ wertete die Privatveranstaltung mit anschliessender Volksverdummung gar als Volksabstimmung ein:
Millionen Venezolaner stimmen bei Anti-Maduro-Referendum ab - Mit einer Volksabstimmung wehrt sich Venezuelas Opposition gegen den autoritären Präsidenten Maduro.“
Die Welt“ träumte gar von Wahlergebnissen, wie sie nur der von dem Blatt früher bis aufs Messer bekämpfte Erich Honnecker in Ostberlin erreichte:
Bei einer vom Parlament initiierten Volksbefragung hat sich eine überwältigende Mehrheit von 98,4 Prozent gegen die Verfassungspläne der sozialistischen Regierung von Präsident Nicolás Maduro ausgesprochen.“
 Eine Euphorie, die unseren Medien bei der Verkündung des Ergebnisses zur Wahl der verfassunggebenden Versammlung nicht so recht aus der Feder fließen wollte. Ganz im Gegenteil Skepsis ob der Richtigkeit des gemeldeten Ergebnisses war vorherrschend. Am Wahltag, den 30. Juli wusste die ARD schon:
Eine Wahl, die die Mehrheit nicht will“
Der Spiegel“ zitiert zunächst den Consejo Nacional Electoral (CNE), die nationale Wahlkommission, vom Spiegel schlicht und ergreifend und vom „Google“-Übersetzer abgeschrieben, „Wahlrat“ genannt:
Am späten Sonntagabend gab der Wahlrat CNE die ersten Zahlen bekannt. Demnach haben sich gut acht Millionen Venezolaner an der Wahl beteiligt“,
wechselt sodann aber unvermittelt in die Möglichkeitsform, weil ja nicht sein kann was nicht sein darf und bemüht sich bei seiner Leserschaft erhebliche Zweifel an diesem Ergebnis zu wecken:
Das entspräche einer Beteiligung von 41,53 Prozent. Die Opposition hält die Zahlen für manipuliert.“
 Lieber aber, als sich mit der unerwartet hohen Wahlbeteiligung, befasste sich die institutionalisierte Empörung mit der Tatsache, das zwei Oppositionspolitiker, die zuvor auf dem Gnadenweg aus der Haft mit Auflagen in den Hausarrest entlassen wurden, am Abend des 1. August wieder festgenommen und in die Haft zurückgebracht wurden.

 Leopoldo López, der ja schon an Staatsstreich gegen Hugo Chavez 2002 nicht ganz unbeteiligt war, wurde im September 2015 durch das Gericht in Caracas wegen Anstachelung zur Gewalt und Verschwörung, weil er zu den wochenlangen Unruhen im Frühjahr 2014 mit 43 Toten und hunderten von Verletzten aufgerufen hatte, zu 13 Jahren, neun Monaten Gefängnis verurteilt.

 Antonio Ledezma war der Bürgermeister Caracas'. Er wurde im Februar 2015 ebenfalls im Zusammenhang den Unruhen 2014 und einem Putschversuch gegen die Regierung Maduro 2015 festgenommen. Er wurde zwei Monate später aus gesundheitlichen Gründen aus der Haft entlassen und unter Hausarrest gestellt.

 López und Ledezma hatten entgegen ihren Auflagen, aus dem Hausarrest heraus weiterhin zum Widerstand gegen die Regierung aufgerufen. Das internet-Portal „Amerika 21“ schreibt:
Beide Politiker hatten in den vergangenen Tagen über Soziale Netzwerke wiederholt zu Protestaktionen gegen die Regierung von Präsident Nicolás Maduro und zur Nicht-Anerkennung der verfassunggebenden Versammlung aufgerufen sowie die Streitkräfte aufgefordert, sich gegen die Regierung zu stellen.“
 Allerdings vergaßen die Qualitätsmedien der deutschen Öffentlichkeit den Umstand mitzuteilen, dass López und Ledezma nicht etwa aus reiner Willkür wieder einfahren mussten, sondern ganz einfach weil sie gegen Bewährungsauflagen verstossen hatten. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ schreibt z. B.:
Die beiden Oppositionspolitiker waren vom Hausarrest in Haft genommen worden. Das Oberste Gericht in Venezuela hatte dies mit Fluchtgefahr begründet.“
 Nun ist es aber in jedem Staat der Erde, auch in der Bundesrepublik Deutschland einmal so, dass, wer gegen seine Bewährungsauflagen verstösst, den Rest seiner Strafe absitzen muss.

 Der ein oder andere mag solch eine Falschnachricht durch unterlassen als Petitesse erscheinen. Wenn man aber dem Ausspruch des US-Aussenministers Rex Tillerson, der im gleichen Artikel der „Zeit“ zitiert wurde, in diesem Zusammenhang die geforderte Beachtung schenkt, so erhält diese Falschinformation eine ganz andere Gewichtung. „Die Zeit“ schreibt:
Tillerson sagte in Washington, seine Regierung prüfe alle politischen Optionen, 'um einen Wandel zu erreichen'"
 Es dürfte auf dieser Welt nicht viele Politiker geben, die einen solchen oder ähnlichen Ausspruch eines führenden US-Politikers über eine längere Zeit hin überlebt haben.

 Gängige Praxis der USA um, wie Aussenminister Tillerson es ausdrückte „Wandel zu erreichen“ ist es, dem zu beseitigendem Staatsmann ausser ihn Diktator zu nennen und ihm, zumindest, geistige Nähe zu Adolf Hitler zu attestieren, Wahlfälschung vorzuwerfen.

 War der Vorwurf, das Ergebnis zur Wahl der Verfassunggebenden Versammlung sei gefälscht, eine Beteiligung von über 8 Millionen Bürger Venezuelas weit übertrieben, mangels plausibler Erklärung noch äusserst dürftig, so ergab sich plötzlich eine, wie es schien glückliche Fügung: Die Londoner Firma "Smartmatic", die seit 2004 den technischen Support für die Wahlen und Abstimmungen in Venezuela geleitet hat, vermeldete:
Aufgrund der Zuverlässigkeit unseres Systems wissen wir ohne jeden Zweifel, dass das Ergebnis der letzten Wahlen manipuliert wurde."
Das Unternehmen erklärte, dass bei der Wahl zur verfassunggebenden Versammlung:
schätzungsweise eine Differenz von einer Million Stimmen zwischen der tatsächlichen Beteiligung und dem von den Behörden bekanntgegebenen Resultat liegt“
 Endlich war er da, der Beweis, dass Maduro betrogen hatte. Gierig stürzte sich die internationale Presse auf die Mitteilung des Unternehmens, ohne auch nur im Ansatz zu hinterfragen, warum ein Unternehmen, dass ausschliesslich für den Support der elektronischen Wahlmaschinen zuständig ist, noch dazu seinen Sitz nicht etwa in Caracas sondern in London hat, so dezidiert wissen will, dass die genannten Zahlen falsch sind? So nimmt es dann auch nicht Wunder, dass, als herauskam, dass alles mehr oder weniger nur ein Schwindel war, niemand bereit war, dieses auch seinen Lesern zu erklären.

 Dabei zeigt allein die Tatsache, dass Smartmatic nicht etwa zuerst seinen Auftraggeber, die nationale Wahlkommission, Consejo Nacional Electoral (CNE) kontaktierte, sondern gleich die Presse alarmierte. Die CNE erklärte daraufhin, Smartmatic habe alle technischen Überprüfungen am 25. Juli vorgenommen und die einwandfreie Funktionsfähigkeit protokolliert.

 Was aber, so fragt man sich, treibt ein Wirtschaftsunternehmen dazu, Kunden und potentielle Neukunden durch solch hanebüchene Schauergeschichten, geradezu mit dem Knüppel vom Hof zu jagen?

 Dafür scheint es zwei Gründe zu geben, die durchaus in einem kausalen Zusammenhang stehen.

 Der erste Grund dürfte sein, das Smartmatic auf den internationalen Markt schielt, an erster Stelle den US-amerikanischen. Will man aber mit US-amerikanischen Regierungsstellen Geschäfte machen, dann macht es sich seit einiger Zeit nicht besonders gut, wenn man in Verbindung gebracht wird mit Venezuela oder gar dessen chavinistischer Regierung unter Nicolás Maduro. Das bekamen die Bosse der Firma schon einmal, im Jahre 2006, bitter zu spüren.

 2005 hatte Smartmatic "Sequoia Voting Systems" von der britischen Firma "De La Rue" übernommen, um im US-Markt Fuss zu fassen. Daraufhin nahm das „Committee on Foreign Investment in the United States“ (CFIUS) eine Untersuchung über die Verbindungen der Firma zur Regierung Venezuelas unter Hugo Chavez auf. Im Laufe dieser Untersuchung sah sich Smartmatic gezwungen, Sequoia Voting Systems wieder zu verkaufen.

 In der Tat ist Smartmatic venezolanischen Ursprungs. Die Firma geht zurück auf die drei Ingenieure Antonio Mugica, Alfredo José Anzola und Roger Piñate, die eine kleine Softwarefirma in Caracas gründeten. Unter dem Namen Smartmatic wurde die Firma dann 2000 im US-Bundesstaat Delaware, einem ausgewiesenen Steuerparadies, eingetragen. Der Firma wurden von Anfang an enge Verbindungen zur Chavez-Regierung nachgesagt. So soll einer Schwesterfirma , die "Bizta Corporation" 2003 ein 200.000 Dollarkredit von der Regierung Venezuelas gewährt worden sein. Im Gegenzug wurde diese dann Miteigentümer mit einem Anteil von 28%.

 Nachdem Smartmatic, nun mit Sitz in Boca Rato in Florida 3 Jahre lang faktisch keine Geschäftstätigkeit aufzuweisen hatte, bekam sie den Zuschlag für das Referendum zur Abwahl Hugo Chavez' im Jahr 2004. Das brachte dem Unternehmen auf einen Schlag etwa 120.000 Dollar ein. In den Folgejahren führte Smartmatic für das Consejo Nacional Electoral (CNE) 14 Wahlen und Abstimmungen durch.

 2012 dann verlegte Smartmatic seinen Firmensitz nach London. 2014 wurde die Holding GSO Corporation Limited gemeinsam mit Lord Mark Malloch-Brown gegründet.

 In der Person dieses Lord Mark Malloch-Brown, Präsident der GSO, und seinen internationalen Beziehungen und Verbindungen, dürfte der zweite Grund für den scheinbaren Selbstmord des Unternehmens liegen. Malloch-Brown ist bestens vernetzt im internationalen Big Business. Er gehört den Vorständen von „Investec Asset Management Limited“ und „Seplat Petroleum Development Company“ an, beide im Öl- und Gasgeschäft, vorwiegend in Afrika und Asien tätig und sowohl an der Londoner als auch an den Börsen von Johannesburg und Lagos notiert und sitzt im Vorstand von „KEROGEN Capital“ einer privat equity Firma ebenfalls im Öl-und Gasgeschäft.

 Aber nicht nur im Big Business tummelt sich der Lord. Auch in den obersten Gefilden der internationalen Politik fühlt er sich heimisch. Er war Staatsminister im britischen Auswärtigen Amt für Afrika und Asien und Mitglied des Kabinetts von Gordon Brown, Administrator des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP), stellvertretender Generalsekretär und Stabschef der UNO unter Kofi Annan, stellvertretender Vorsitzender des Weltwirtschaftsforums, im Vorstand des US-Think Tanks „Center for Global Development“

 Lord Malloch-Brown ist stellvertretender Vorsitzender von George Soros Investment Funds sowie seines Open Society Institute, von dem aus der Hedgefonds-Manager und Milliardär  die Destabilisierung ganzer Weltregionen steuert.

Hier wurden die allermeisten der Farbrevolutionen wie in Georgien, der Ukraine, Libanon, Kirgisien Myanmar und Tunesien erdacht, gestartet, gesteuert und finanziert. Von hier aus wurde die Ukraine ins Unglück gestürzt und der arabische Frühling unterstützt, bis er in einem unendlichenBlutbad in Libyen und Syrien und einer der brutalsten Diktaturen der Welt in Ägypten endete. Soros destabilisiert und Zockt. In Russland hat er in der Jelzin-Zeit viel Geld verloren. Seitdem tut er alles was er kann, dass Land ins Chaos zu stürzen. Warum sollte er nicht auch seine Finger in Venezuela im Spiel haben? Schliesslich werden in dem Land die größten Erdölreserven der Welt vermutet.

 Malloch-Brown ist einer der Vizepräsidenten der Weltbank und einer der Vorsitzenden der „International Crisis Group“, einem wirkmächtigen Think Tank mit Sitz in Brüssel, Washington D. C. und New York. Sein Budget von jährlich über 15 Mio. Dollar finanziert der zu 49% aus Zuwendungen von Regierungen. Gutachten und Handlungsempfehlungen des Think Tank sind vielfach Grundlage des Handelns von Regierungen rund um den Erdball. Und hier schliesst sich dann der Kreis. In einem Beitrag auf der Seite der International Crisis Group geht Phil Gunson explizit auf die Behauptungen von Smartmatic ein und gibt ihnen so die Weihen internationaler Anerkennung.


Im Board of Trustees, einer Art Aufsichtsrat der International Crisis Group sitzen übrigens auch neben anderen internationalen Strippenziehern wie Carl Bildt, ehemaliger Aussenminister Schwedens, Wesley Clark, der als Oberbefehlshaber der Nato im völkerrechtswidrigen Kosovokrieg Serbien in Schutt und Asche legte, Javier Solana, der Clark bei seinem morden in Serbien als Generalsekretär der Nato, politisch den Rücken freihielt, Wim Kok, ehemaliger Ministerpräsident der Niederlande, wer hätte es gedacht: George Soros und sein Sohn.


 Der Acker ist bereitet. Nun kann sie aufgehen die Saat der Gewalt. Der Tag, an dem man Nicolás Maduro, aus einem Erdschacht zieht und öffentlich erhängt, wie den Iraker Saddam Hussein, oder aus einer Wasserröhre um ihn auf grausame Weise zu Pfählen wie Libyens Muammar Gaddafi ist nicht mehr fern. Bis dahin werden die Menschen in Venezuela mit ihrem Blut für den Ölreichtum ihres Landes bezahlen.

2 Kommentare:

  1. Benjamin Morgentau11. August 2017 um 10:38

    Ein richtig toller Artikel der spannend zu lesen ist wie immer hier bei Spiegelkabinett.

    Ich denke so oft daran das wenn es das Internet, so wie es bis heute noch existiert, nicht geben würde das ich dann in der genau gleichen Blase aus Betrug, Gewalt und Krieg leben mpsste wie zu Zeiten des eisernen Vorhangs. Auch die Lügen zum Irakkrieg verfolgte ich damals via Zeitungen und Radio noch mit, völlig unwissend das hier strategisch die Eroberung eines Landes vorbereitet wurde. Seither sind mit der Entwicklung des Internet (Technik, Patente, Lizenzen, Urheberrechte alle unter US Recht und somit jederzeit Sanktionsfähig) soviele Informationen zugänglich geworden um sich eine unabhängigere Meinung bilden zu können.

    Kein Problem dürfte es sein für private Youtube Konten die eine bestimmte Anzahl Zuseher überschreiten eine Rundfunklizenz zu verlangen. Bei privaten Blogs und URLs eine Journalismus bzw. Presselizenz ohne die man keine URL besitzen oder eben kein Webhosting beziehen darf.

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  2. Kritiker könnten bemängeln das nicht auf die Wahl 2015 eingegangen wird, bzw. Einfach über den Tisch fällt.

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