Freitag, 21. September 2012

Die Besitzer der Republik lassen ihre Bluthunde von der Kette

 Es ist nicht einmal ein ganzer Satz, nur ein Halbsatz im Armuts-und Reichtumsbericht: „…ob und wie über die Progression in der Einkommensteuer hinaus privater Reichtum für die nachhaltige Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden kann“. Und schon lassen die, die in dieser Republik einzig und allein das Sagen haben, die Besitzer des Geldes, des Bodens, der Fabriken, Banken und Handelsketten ihre Bluthunde von der Kette.

 Besonders hervor tut sich wieder einmal ein Bürschchen, dass bisher noch nichts wirklich auf die Kette gekriegt hat, Phillipp Rösler. Wohl ahnend, dass es mit seiner politischen Karriere im nächsten Jahr, nach den Bundestagswahlen, wenn Peer Steinbrück und seine SPD wieder bei Mutti Merkel ins warme Koalitionsbett steigt, vorbei ist, dient er sich bei den Wohlhabenden schon mal als Lobbyhure an.

 Dabei schreckt Rösler vor nichts zurück, am allerwenigsten vor der Wahrheit. So liess er verlauten, er lehne: „..Forderungen nach höheren Steuern für die, die den Sozialstaat finanzieren“ ab. Da hat wohl einer bei Mitt Romney gelauscht, der bei einer Spendengala erklärte 47% aller Amerikaner zahlten keine Steuern und lägen nur dem Staat auf der Tasche. In den USA hat das einen Sturm der Empörung hervorgerufen. In Deutschland lassen sich 80% der Bevölkerung von einem Nichtsnutz an der Spitze des Wirtschaftsministeriums, noch dazu aus dem Ausland, so über alle Massen beleidigen und - schweigen.

 Rösler kennt natürlich die Zahlen, die von seinem Kollegen, Wolfgang Schäuble, im Finanzministerium jedes Jahr veröffentlicht werden. Wenn nicht empfehle ich ihm die Online-Enzyclopädie Wikipedia, aus der ich die Zahlen entnommen habe. Danach ist der grösste Einnahmeposten des Herrn Schäuble die Umsatz-, oder Mehrwertsteuer. Mit rund 190 Milliarden Euro in 2011 bringt sie fast die Hälfte der Gesamteinahmen des Bundes, mit etwa 403 Milliarden auf. Und die wird von Allen aufgebracht die in einen Laden gehen und etwas kaufen, also von uns allen, also zu 80% von den Menschen, die von Rösler als Schmarotzer bezeichnet werden, da sie vom Szialstaat profitieren.

 Der zweitgrösste Posten mit 139 Milliarden Euro sind die Lohnsteuer, die die Arbeitnehmer ins Staatssäckel einzahlen. Die Einkommensteuer, der Freiberufler, Selbstständigen und anderer Grossverdiener bringt zusammen gerade einmal knapp 32 Milliarden zusammen, das entspricht mageren 7,9% des gesamten Steueraufkommens und ist somit erheblich weniger als die Mineral- oder mit neuem Namen, die Energiesteuer mit 40 Milliarden Euro. Eine Steuer, die auch von der Allgemeinheit aufgebracht wird, da bei uns praktisch jede Familie mindestens ein Auto fährt.

 Die Körperschaftssteuer, also die Steuer, die die grossen Kapitalgesellschaften auf ihre Gewinne bezahlen müssen, macht ganze 15,6 Milliarden aus. Das entspricht 3,78% des Steueraufkommens der Bundesrepublik Deutschland.

 Die Erbschaftssteuer, die immer wieder genannt wird, wenn von mehr Gerechtigkeit in unserem Land die Rede ist, trug ganze 4,2 milliarden zu den öffentlichen Haushalten bei. Die Vermögenssteuer gar war in 2011 eine Minuseinnahme. Der Staat musste an die Superreichen 4 Millionen Steuern zurückzahlen, während sie noch 1997 mit 898 Millionen Euro zu den damaligen Einnahmen beitrug.

 Rösler lügt dreist, wenn er uns glauben machen will, der Sozialstaat würde von den Wohlhabenden finanziert. Der Sozialstaat wird von den vielen Menschen finanziert, die jeden Morgen zur Arbeit gehen, acht Stunden und mehr schuften, sich von ihren Chefs schikanieren lassen und am Ende des Monats, ihr gesamtes erarbeitetes Einkommen, für ihren Lebensunterhalt in die Geschäfte getragen haben. Sie zahlen die beiden grössten Posten des Bundeshaushaltes, die Lohn- und die Umsatzsteuer, die zusammen 81,5% der gesamten Einnahmen ausmachen.

 Ein ebenso dreiste Lüge wie die, dass die Reichen des Landes den Sozialstaat bezahlten ist, wenn Rösler mit der Aussge: „Noch mehr Umverteilung“, sei für ihn „nicht zustimmungsfähig“ insistiert, in Deutschland fände eine Umverteilung von oben nach unten statt. Die Zahlen sprechen eine ganz andere Sprache. So ging die Körperschaftssteuer von 2007 mit knapp 23 Milliarden Euro (oder 6,11% der Gesamteinnahmen) auf 15, 6 Milliarden Euro (3,78%) in 2011 zurück. Das das nicht konjunkturbedingt ist, ersieht man daraus, dass sie bereits 1997 17 Milliarden (5,99%) betrug.

 Noch eklatanter zeigt in welche Richtung wirklich umverteilt wurde, nämlich von unten nach oben. Wie oben schon erwähnt betrug die Vermögenssteuer 1997 898 Millionen Euro, was einem prozentualen Anteil am Gesamtaufkommen von 0,31% entsprach. 2011 trug die Vermögenssteuer nicht nur nichts mehr zu den Einnahmen des Staates bei, es wurden 4 Millionen Euro Steuern erstattet. In Anbetracht dieser Zahlen, kann man Herrn Rösler nur zustimmen: „Noch mehr Umverteilung ist nicht zustimmungsfähig.“

 Aber nicht nur Rösler fühlte sich genötigt für seine Klientel das gelogene Wort zu ergreifen. Steffen Kampeter, CDU und Staatssekretär im Finanzministerium prägte den bemerkenswerten Begriff für einen Bericht aus dem CDU geführten Arbeits- und Sozialministerium. Das sei „Linksrhetorik pur“. Michael Fuchs, intern auch Atom-Fuchs genannt, warf von der Leyen gar Bruch des Koalitionsvertrages vor. Von der Leyen, so Fuchs, verfolge genau das Gegenteil von dem, was im Koalitionsvertrag beschlossen worden sei.

 Da wollte unsere Kanzlerin aber auch nicht abseits stehen. Die Dame, die den Abend, als die Schlagbäume an den DDR-Grenzen fielen, in der Sauna verbrachte, und die heute ihre Abende gern schon mal für eine Geburtstagsfeier des Herrn Ackermann im Bundeskanzleramt opfert, streute das alte Schauermärchen von dem gebeutelten Mittelständler, der sich von den überhohen Steuerabgaben genötigt sieht, das Land zu verlassen um sein blankes Überleben zu sichern. Die Namen dieser Herrschaften kann man dann, auf von Nordrhein-Westfalen gekauften Steuerhinterziehr-CDs, wiederfinden.

 Ein einziger Halbsatz und unsere Politiker reagieren derart aufgebracht, mit Lügen, Verdrehungen der Wahrheit und Halbwahrheiten. Ein sicheres Zeichen dafür, dass sie allerhand zu verbergen haben und wer im Hintergrund bei uns wirklich die Fäden zieht.

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