Mittwoch, 20. Februar 2013

Düsseldorfer Landgericht stellt Verfahren gegen Banker wegen Untreue ein


 Wieder einmal hat ein Deal zwischen einem unfähigen und skrupellosen Banker und der Justiz dazu geführt, dass dieser sich mit einem Betrag, der dem Inhalt seiner Portokasse gleichkommt, von jeglicher Verantwortung für einen Millionenverlust zu Lasten des Steuerzahlers freikaufen kann.

 Den meisten Blättern war es nur noch eine Randnotiz wert. Das Verfahren wegen Untreue gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Westdeutschen Landesbank, Jürgen Sengera, wurde gegen eine Zahlung von 100.000 Euro für soziale Zwecke eingestellt. Eine Strafe die der ehemalige Torwart der deutschen Handballnationalmannschaft verschmerzen kann. Zahlte ihm die Bank doch 2003 bei seinem Ausscheiden, nach einem von ihm als Vorstandschef zu verantwortendem verlust von 1, 7 Milliarden Euro, eine Abfindung von 3, 25 Millionen Euro. In einem ersten Verfahren 2008 war Segera bereits vom Düsseldorfer Landgericht freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft ging in die Revision vor den Bundesgerichtshof, der das Urteil aufhob und an das Düsseldorfer Landgericht zurückverwies.

 Mit Sengera hat wieder einmal ein Bankmanager, dem zumindest eine schwere Pflichtverletzung mit der Konsequenz eines Milliardenverlustes für sein Institut vorwerfbar ist, mit einem lächerlichen Bussgeld seinen Kopf aus der Schlinge gezogen. Die Begründung des Gerichts für die Einstellung des Verfahrens ist auch dementsprechend lächerlich. Sengera sei nicht vorbestraft, er habe sich nicht persönlich bereichert und die Tat liege viele Jahre zurück.

 Was war geschehen? Im Juni 2000 fusionieren in Großbrittanien Granada Home Technology und Thorn UK Radio Rentals zu dem Elektro- und Elektronicgeräteverleiher Boxclever. Der Londoner Finanzinvestor Terra Firma steigt ein und finanziert sein Engagement auf die übliche Weise durch Kredit, den er Boxclever aufbürdet. Dummerweise findet sich aber in der gesamten Finanzwelt keine Bank, die den Deal finanzieren will.

 Zur gleichen Zeit übernimmt in Düsseldorf Jürgen Sengera, über den der Chef der Bankenaufsicht BAFIN, Jochen Sanio später urteilt, er sei in keiner Weise zur Führung einer Bank geeignet, den Vorstandsvorsitz der West LB. Sengera hat grosse Pläne. Deshalb plant er, sich von zehn Prozent seiner Mitarbeiter zu trennen. Geld muss her um aus der biederen West LB einen Global Player zu machen.

 In London ist mit Robin Saunders eine der schillernsten Persönlichkeiten der damaligen Investmentbranche für die Düsseldorfer tätig. Saunders, die einen sehr extrovertierten Lebensstil pflegt, wird nachgesagt, dass alles was sie anfasse zu Gold wird. Handballtorwart Sengera muss ihrer Faszination vollkommen erlegen sein, sonst hätte er gesehen, dass das Geschäft mit dem Verleihen von Fernsehgeräten und Ähnlichem, durch den rapiden Verfall der Anschaffungspreise  dieser Geräte zu implodieren drohte.

 Saunders beschwatzte Sengera dermassen, dass dieser die Forderung des Zentralen Kreditmanagement der Bank, 200 Millionen, des 1,35 Milliarden Kredites als Sicherheit zurückzuhalten missachtete und sogar den zögernden Aufsichtsrat darüber belog.

 „Stern.de“ zitiert am 19. Juni 2008 aus der Urteilsbegründung im ersten Verfahren vor dem Düsseldorfer Langderichts: Die WestLB habe sich von den Kreditnehmern unter enormen Zeitdruck setzen lassen, kritisierte das Gericht. Sengera habe es unterlassen, die notwendigen Informationen für die Kreditgewährung einzuholen und überprüfen zu lassen. So habe es keine eigene Marktanalyse gegeben. Der Unternehmenswert und das Vermögen seien nicht sorgfältig bewertet, die Sicherheiten nicht hinreichend geprüft und die erhofften Synergieeffekte nicht ausreichend kritisch hinterfragt worden. Sengera habe die Chancen des Kredits überbetont. Die entscheidenden Vorstandsbeschlüsse seien missverständlich und teilweise falsch formuliert gewesen. Sengera habe auch den Kreditausschuss des Aufsichtsrats falsch über das Geschäft informiert und behauptet, den Bedenken der Kreditprüfer sei Rechnung getragen worden, in dem 200 Millionen britische Pfund zurückgehalten würden. Umso mehr verwundert dann der Freispruch des Gerichts.

 2003 geht Boxclever pleite. Der Bank entsteht ein Schaden von annähernd 500 Millionen Euro. Die Eigentümer der Bank, das Land NRW und die Sparkassen Nordrhein-Westfalens müssen erhebliche Summen nachschiessen.

 Die West LB macht unter Sengera im Jahr 2002 mit 1,7 Milliarden Euro vor Steuern, den bis dahin höchsten Verlust einer Bank in der Geschichte der Bundesrepublik. In der Folge des Skandals wird fast der gesamte Vorstand der Bank ausgetauscht. Die Verluste tragen die Steuerzahler und die Sparer der Sparkassen.

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