Freitag, 27. Januar 2012

Der Riesterbeschiss

In diesen Tagen liest und hört man viel über die Hannover-Connection und wer da mit wem gekungelt hat. Ein Name taucht aber immer wieder auf: Carsten Maschmeyer. Der AWD-Gründer, der nicht davor zurückschreckte unbedarften alten Damen mit einer Kleinrente Anteile an geschossenen Fonds zu verkaufen, und Ehegespons von Veronica Ferres, die Frau, die ihn von seiner unsäglichen Schnottenbremse befreite, hat seine Finger wohl in fast jedem schiefen Deal in der spröden Hauptstadt Niedersachsens.

 Schon im Jahr 1998 förderte er Schröders Wiederwahl zum Ministerpräsidenten mit einer grossen Anzeigenkampagne "Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse sein". Der nächste Kanzler wurde ein Niedersachse und nie ganz zum verstummen gebrachte Gerüchte besagen, dass Maschmeyer auch bei der Bundestagswahl 1998 kräftig an Schröders Karrieresprung mit geholfen hat. Auch bei der Wahl 2002 kam finanzieller Rückenwind aus Hannover.

 Als Gaz-Gerd dann nach Ablauf seiner Tätigkeit als Bundeskanzler in das wesentlich lukrativere Amt eines Aufsichtsratsvorsitzenden der Ostseepipeline-Gesllschaft unter finanzieller  Federführung der russischen Gazprom seines demokratischen Freundes Putin gewechselt war, da kaufte der Versicherungsvertreter Maschmeyer dem, zum Schriftsteller  und Autor seiner eigenen Memoiren mutierten Schröder das Manuskript für eine Million Euro ab.

 So viel hingebungsvolle Männerfreundschaft macht misstrauisch. Sollte ein Mann der Kleinanleger und Rentner, ohne mit der Wimper zu zucken, um ihr gesamtes Gespartes bringt, nur um der Freundschaft willen, sein Geld so zum Fenster hinaus werfen? Berechtigte Zweifel scheinen durchaus angebracht.

 Aber auch Schröder ist ein grosser Verehrer der selbstlosen Männerfreundschaft, wie man schon an seiner innigen Beziehung zu Russlands astreinem Demokraten Putin erkennen kann. Als er nun endlich sein, bis zu jener Zeit heiss ersehntes Lebensziel erreicht hatte und Bundeskanzler war, da erinnerte er sich seines alten Kumpels Maschmeeyer und dessen Freunden aus der Versicherungwirtschaft.

 Sie, die nicht so im Rampenlicht standen wie er und die Tag für Tag sich für ihre kargen Monatseinkommen abrackern mussten, hatten es verdient in die Gnade seines Wohlwollens zu kommen. Die Angst der Deutschen vor einem Leben im Alter in Armut schien ihm ein guter Ansatz, seinen grosszügigen Freunden zu helfen.

 Vorgänger Kohl, mit seinem Finanzminister Waigel, hatten zur Verschleierung ihrer unseriösen und nur der eigenen Wiederwahl dienenden Finanzierung der Übernahme der DDR, die öffentliche Rentenkasse schamlos geplündert. Als ein Ausweg aus dieser Misere erschien da die private Zusatzversicherung.

 Um diese Idee umzusetzen holte er sich den vom Fliesenleger zum 2. Vorsitzenden der IG-Metall aufgestiegenen, sich wie er, Schröder, zu höherem berufen fühlenden und von jeder Kenntnis des Versicherungswesens völlig unbeleckten Walter Riester in sein Kabinett als Minister für Arbeit und Sozialordnung.

 Der hatte ein Grossteil seiner Tätigkeit bei der IG-Metall, hochdotiert in  Aufsichtsräten verschiedener deutscher Spitzenunternehmen verdöst und wusste daher genau, wo die süssesten Trauben hingen, und wie man sie sich einverleiben konnte.

Unter selbstloser Federführung der Versicherungswirtschaft liess er in seinem Ministerium ein Gesetz für eine privat finanzierte Altersversorgung erarbeiten. Die Riester-Rente war geboren.

 Nun musste man diese Maschine zum Geld drucken für die Versicherungen nur noch an den Mann bringen. Eine im ersten Augenblick schwierig, wenn nicht gar aussichtslos, erscheinende Aufgabe. Schliesslich hatte die Riester-Rente eigentlich nur Nachteile. So sollten die Arbeitnehmer mindestens 4% ihres Jahreseinkommen in die Versicherung einzahlen, wobei eine Erhöhung von 2% über mehrere Jahre gestreckt, bei der gesetzlichen Rentenkasse den gleichen Effekt gehabt hätte. Der Staat finanzierte mit, durch hohe Subventionen aus Steuergeldern und aus der ach so leeren Rentenkasse. Die Rendite war gleich null. Sso muss ein 35 jähriger Einzahler 90 Jahre alt werden um erst eimal sein angespartes Geld wieder heraus zu bekommen. Hartz IV Empfängern wird die Auszahlung im Rentenalter auf den Regelsatz angerechnet, er spart alsoausschliesslich für Vater Staat. An Gebühren und Provisionen werden bei Abschluss erst einmal 20% und mehr auf die gesamte Versicherungssumme fällig. Der Versicherungsnehmer zahlt also die ersten Jahre nur für seine Schulden bei den Konzernen, die er durch den Vertragsabschluss aufgehäuft hat.

 "Alles kein Problem," sagten die Jungs aus den Marketingabteilungen von Allianz und Co. Schliesslich wussten sie aus jahrelanger Erfahrung wie man gutgläubigen Menschen, absolut nutzlose, Versicherungen aufschwatzt und ihnen ihr sauer verdientes Geld aus der Tasche zieht. Ein beispielloses mediales Trommelfeuer setzte ein. Zunächst wurde die gesetzliche Rente madig gemacht, bis alle der Meinung waren, sie müssten im Alter betteln gehen, dann versuchte man den Alten einzureden sie schmarotzten auf dem Rücken der kommenden Generationen und dann, als schon alles verloren schien, präsentierten Bundesregierung, Versicherungen und so ziemlich alle Institutionen des Landes, bis hinunter zum Karnickelzuchtverein, die Rettung: Die Riester-Rente. Da konnten Wissenschaftler und Mathematiker noch so viele Belege bringen, "The German Angst" hatte obsiegt. Die Deutschen kauften, Lemmingen gleich, die teuren Rentenverträge und die Versicherungen konnten gar nicht so schnell Tresore bauen wie ihnen das Geld ins Haus getragen wurde.

 Übrigens um auf Carsten Maschmeyer zurück zu kommen, der kaufte sich nun eine riesige Villa auf Mallorca, in der er Bundespräsident Wulff in dessen Urlaub unterbrachte und eine blonde, gross gewachsene Schauspielerin, die ab jetzt bei jeder Nabelschau der Reichen und Schönen, die er so über alles liebte, nicht mehr von seiner Seite wich. Aber er vergass auch den Riester Walter nicht. Der durfte nach dem Ausscheiden aus der Bundesregierung nun die süssen Traben verzehren, die er sich redlich verdient hatte. Er hielt im Auftrag Maschmeyers und von diesem fürstlich entlohnt Inhaltsleere Vorträge über eine Sache von der er so rein gar nichts verstand, der finanziellen Vorsorge fürs Alter durch Abscluss einer Riester-Rente.

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