Montag, 30. Januar 2012

Deutscher Sparkommissar für Griechenland?

 Griechenland soll jetzt einen Sparkommissar bekommen, jemand der das letzte Sagen hat, jemand der den Griechen das letzte bisschen Souveränität nimmt, jemand, am besten ein Deutscher, denn wir Deutschen können ja am besten sparen, der ihnen das letzte bisschen Stolz mit grossen, derben Stiefeln zertritt.

 Ich höre, wie die Moderatorin im Frühstücksfernsehen der ARD, Anna Planken, den Chefökologen der Bremer Landesbank, Folker Hellmeyer, der vorher sehr deutlich und einleuchtend Griechenlands Probleme und die Fehler der Europäer beim managen der Krise geschildert hat, mit dummen Einwänden nervt. Immer würde über die Fehler Deutschlands gesprochen, nun sei es auch  mal an der Zeit, über die griechischen Fehler zu sprechen. Sie erregt sich, kommt geradezu ins Stottern. Schliesslich seien die versprochenen Privatisierungserlöse  wesentlich geringer als prognostiziert, der Haushalt sei noch nicht in Ordnung und die Griechen brauchten schon wieder und immer mehr Geld.

 Mich nerven diese selbst gestrickten Moderatoren und Moderatorinnen, diese jugendlich wirkenden Dampfplauderer. Jahrelang haben sie studiert, aber Zusammenhänge erkennen, verschiedene Faktoren in ihre Überlegungen einbeziehen ist ihnen unmöglich. Sie wissen das 2+2=4 ist nur deswegen, weil sie es irgendwann einmal auswendig gelernt haben. Kachelmann hat das mal so oder so ähnlich beschrieben: "Sie nerven dich das halbe Jahr mit der Frage nach Sonnenschein und das andere halbe Jahr mit der Frage nach Schnee, ohne auch nur halbwegs zu begreifen wie komplex Wetter ist."

 Eindimensional wie Frau Planken , so kommen wir daher, vom grützdoofen Bildleser bis zur Kanzlerin. Wir suhlen uns in Selbstgerechtigkeit. Das war schon immer unsers. Auf der einen Seite wir , die Musterschüler und auf der anderen Seite eben die faulen, überbezahlten Griechen, denen wir nur so unsere Milliarden hinterherwerfen. Es ist uns egal was wirklich passiert, es ist uns egal, dass von den angeblichen Milliarden, die wir gar nicht gezahlt haben, für die wir nur bürgen, gegen Bares, bei den Griechen nicht ein müder Cent ankommt. Das ist nur noch mehr Spielgeld für die reichen und Mächtigen dieser Welt. Es ist uns egal, dass gerade wir Deutschen an der Krise verdienen. Hellmeyer spricht von 70 -80 Milliarden Euro, bis jetzt.

 Wir wollen den Zusammenhang nicht sehen zwischen den Griechenland, wie einem unterlegenen Kriegsgegner, von der so genannten Troika unter deutscher, merkelscher Führung, IWF, EZB und Euroländern, auferlegten Sparmassnahmen und dem Zusammenbruch der griechischen Wirtschaft. Die griechische Wirtschaft ist in den letzten zwei Jahren um 11% geschrumpft. Das hätte der vergleichsweise grossen und stabilen deutschen Volkswirtschaft sogar das Genick gebrochen.

 Griechenland braucht nicht unser dummes Geschwätz, es braucht keinen Sparkommissar, schon gar nicht einen deutschen, es braucht unsere Solidarität in Form eines Marschallplans. Es muss in die Lage versetzt werden, durch Exporte, zur Not durch festgelegte Importquoten in den reichen Ländern, seine immensen Auslandsschulden zu begleichen.

 Die griechische Geschichte ist geprägt von Krieg, Bürgerkrieg und Militärdiktatur und dem immer noch schwelenden Konflikt mit der Türkei. Von den Deutschen im zweiten Weltkrieg wirtschaftlich brutal ausgenommen, während einer Hungersnot kamen mindestens 125.000 Menschen um, von den Westmächten Großbritannien und USA in einen mörderischen Bürgerkrieg gepresst, in dessen Verlauf sogar Napalm gegen die Bevölkerung eingesetzt wurde und von 1967 bis 1973 von einer mit Unterstützung der USA grausamen Militärjunta regiert, der tausende Menschen zum Opfer fielen. Sie richtete die sich gerade erholende Wirtschaft Griechenlands, erneut zu Grunde.

 Noch heute herrscht eine latente Spannung zwischen Griechenland und der Türkei, die zu einem wechselseitigen Wettrüsten führte, durch da,s nicht zuletz,t die deutsche Rüstungsindustrie gewaltig verdiente und noch verdient.

 Es wäre also, gerade für uns Deutsche, ein Gebot, Griechenland konstruktiv zu helfen, beim Aufbau eines funktionierenden Staatswesens, die Infrastruktur zu entwickeln und bei einem Ausgleich zwischen der Türkei und Griechenland mit zu helfen, anstatt das Land wie einen lästigen Wurmfortsatz Europas zu behandeln, von dem man sich gegebenenfalls durch einen glatten Schnitt befreit.

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