Mittwoch, 18. Januar 2012

Wie sich die Bilder gleichen

Es ist wie ein Déjà-vu, wacklige Bilder, aufgenommen mit einer Handykamera flimmern über den Bildschirm. Dazu berichtet der Sprecher von neuen Unruhen in Syrien bei denen es wieder einmal Tote und Verletzte gegeben hat. Belege werden nicht genannt. Die Tagesschau, immerhin, das Nachrichtenmedium in Deutschland und bei vielen Bürgern als absolut objektiv und kompetent angesehen (Tagesschau ist gleich Wahrheit) beruft sich mal wieder auf die so genannten oppositionellen Kreise. Beweise? Fehlanzeige. Keine überprüfbaren Fakten, kein Korrespondent vor Ort, das Video so verwackelt und unscharf dass es alles oder nichts beweisen kann. Es könnte sich natürlich um ein Massaker des syrischen Militärs an der Zivilbevölkerung handeln, es könnte aber auch genau so gut das Gegenteil, nämlich einen tätlichen Angriff von gewaltbereiten Demonstranten auf Sicherheitskräfte zeigen.

 Irgendwie hat man das alles schon mal gesehen, auch der sein Gesicht nicht zeigen wollende und mit verzerrter Stimme sprechende im Exil lebende Dissident, der von grausamen Folterungen und Misshandlungen berichtet ist nicht wirklich neu und beweist letzten Endes nichts, da seine Angaben nicht überprüft wurden.

 Im Frühjahr letzten Jahres kamen ähnliche Filme und ähnlich schwammige "Nachrichten" aus dem Libyen Gaddafis. Sie waren die Vorbereitung der westlichen Öffentlichkeit auf das dann folgende blutige Massaker am libyschen Volk, das die Nato und die mit ihr verbündeten Kräfte in der Folge anrichteten.

 Um es klar zu sagen, ich will hier keinen Despoten, Menschenschindern, Folterern und letztendlich Mördern das Wort reden, aber rechtfertigt ein, aus einer Abwasserröhre gezogene und anschliessend gelynchte Gaddafi, den Tod von mehr als 40.000 Menschen in der libyschen Bevölkerung?
 Wie wird die Bilanz aussehen, wenn die "freie Welt" mit Syrien fertig ist? Welche verheerenden Ergebnisse werden Bombenangriffe auf Syrien haben, wenn schon in Libyen bei einer Bevölkerungsdichte von 3,3 Einwohnern pro qkm, so viele Opfer zu beklagen sind? Liegt die Bevölkerungsdichte in Syrien doch bei 108,6 Einwohnern pro qkm.

 Aber diese Frage stellt keiner, kein Politiker, keine Zeitung, kein Fernsehen. Unbequeme Fragen kann man jetzt nicht gebrauchen. Die Kriegsmaschinerie läuft, die Lawine ist losgetreten. Wie vor dem Irakkrieg, dem Libyenkonflikt oder dem Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste, werden Vermittlungsversuche, z.B. von Russland, abgelehnt und diskreditiert. Die längst von westlichen Kräften unterlaufene Arabische Liga oder die Union Afrikanischer Staaten, stellen nach "Untersuchungen" die gewünschten negativen Gutachten aus und schliessen sich den europäischen und US-amerikanischen Drohungen an. Erste Stimmen nach militärischer Intervention werden laut.

 Dabei tut sich, wie in Libyen, der Herrscher von Quatar besonders hervor. Quatar, ein winziger Wüstenstaat, 180 km lang und 80 km breit, ist praktisch ein Wurmfortsatz Saudi-Arabiens in den Persischen Golf hinein. Auch hier ist gnau wie in Saudi-Arabien, der aussergewöhnlich rigide Wahabismus Staatsreligion. Es herrscht die Scharia mit ihren Auswirkungen bis hin zu Körperstrafen und drastischen Urteilen wegen Blasphemie. Quatar aber wird von den westlichen Staat geradezu hofiert. Noch vor kurzem hat Aussenminister Westerwelle dem Emir seine Aufwartung gemacht und die gute Zusammenarbeit zwischen Quartar und Deutschland gelobt. Kein Wort von den praktisch wie Sklaven gehaltenen ausländischen Arbeitskräften, kein Wort über fehlenden demokratische Wahlen oder die Mahnung zur Einhaltung der Menschenrechte.

Allein die Zusammenarbeit mit solchen Bündnispartnern zeigt wie ernst wir es meinen, mit unserem Verlangen nach Demokratie und Menschenrechten in Syrien. Aber darum ist es ja im Irak, in Afghanistan, in Libyen oder der Elfenbeinküste auch nicht gegangen.

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