Dienstag, 6. März 2012

Post setzt ihre Zusteller unter enormen Leistungsdruck

 Es hat einmal eine Zeit gegeben, da war der Briefträger eine Institution, wie Lehrer, Pfarrer, Arzt oder Bürgermeister. Er kannte sein Viertel und die Menschen kannten ihn. Der Briefträger brachte nicht nur die Post. Er kassierte die Rundfunkgebühren, verkaufte Briefmarken, älteren und behinderten Menschen half er, indem er ihre Briefe und Päckchen mitnahm und sie in seiner Dienststelle abgab. Er war immer zu einem Schwätzchen bereit und wurde bei Geburtstagen oder anderen Familienfeiern auch schon mal auf ein Stück Kuchen oder ein Schnäpschen ins Haus gebeten.

 Diese Zeiten sind längst vorbei. Die Zusteller, wie sie heute heissen, stehen unter einem enormen Leistungsdruck. Sie hasten mit ihren überladenen Fahrrädern von Haus zu Haus, werfen die Post in die Briefkästen und sind kaum noch in der Lage zu grüssen.

 In den letzten Jahren hat man ihre Zustellbezirke enorm vergrössert. Sie werden mit Briefen, Päckchen und Werbematerial bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit und vielfach darüber hinaus, zugepackt. Viele Zusteller müssen täglich Überstunden machen, um das ihnen aufgebürdete Pensum zu schaffen.

 Unter diesen Voraussetzungen ist eine Frechheit, was sich einige nassforsche Manager in einem Seminar der deutschen Post ausgedacht haben. Sie teilen, ihnen zu langsam erscheinende Mitarbeiter in vier Typen ein: Typ eins ist „zuverlässig“ aber „extrem langsam“, Typ zwei ist „uneinsichtig“ und „beratungsresistent“, die Manager sprechen von „Motzbrüdern“, Typ drei sind „Sozialfälle“ und für die Zustellung „ungeeignet“ und Typ vier kann wegen seines „hohen Alters“ „den Schalter nicht mehr umlegen“.

 Die Herrschaften in den grauen Anzügen, mit den gepflegten Händen und den Notebooktaschen empfehlen zur „Motovation“ der Zusteller, unter anderem, diesen in Gesprächen nahe zu legen, ihre Überstunden verfallen zu lassen.

 Die Post, von einem Artikel im Stern aufgeschreckt, wiegelte prompt ab: Das Konzept sei nie umgesetzt worden und ausserdem handele es sich hier um ein Papier aus nur einem Bezirk. Merkwürdig dabei, dass sich bereits der Betriebsrat mit dieser Anleitung zum Mobbing befassen musste bis es endlich von der Geschaäftsleitung einkassiert wurde.

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