Donnerstag, 26. April 2012

Mein Brief an die Piraten

Liebe Piraten,

im nächsten Monat schickt Ihr Euch an, in die Landtage von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen einzuziehen. Ihr werdet getragen von einer Welle der Sympathie. Dabei ist nicht so ganz klar worauf sich diese Sympathie gründet, wissen doch die meisten Eurer Wähler nicht mehr von Euch, als Euren Parteinamen und das ihr gut mit Notebooks umgehen könnt. Aber dafür könnt Ihr ja nichts. Aber dafür, dass ich nicht weiss, wer ihr seid und was ihr wollt, dafür seid ihr verantwortlich. Ich bemühe mich ja mir eine Meinung zu bilden, aber Ihr macht es mir verdammt schwer.

 Mit solchen Sprüchen, wie:  „Zu diesem Thema kann ich nichts sagen, aber gerade darum bin ich der richtige Kandidat,“ kann ich beim besten Willen nichts anfangen. Wie wollt Ihr Entscheidungen treffen auf so schwierigen Gebieten wie der Sozialgesetzgebung oder dem Steuerrecht? Ihr werdet Verantwortung übernehmen müssen, für eine Gesetzgebung, die Ihr in Zukunft mitgestalten werdet. Bürgerbeteiligung, ja klar, unterschreibt jeder sofort. Aber wie soll sie denn bitte schön aussehen, die Bürgerbeteiligung. Seid ihr bereit, Bürgervoten zu akzeptieren, die sich gründen auf Pressekampagnen oder Stimmungen, die schwanken, sich ständig ändern, auf Bewegungen, die anschwellen und wieder abflauen? Der Schwarm ist nicht intelligent. er ist eine ziellos dahinwabernde Masse.

 Und wen wollt ihr befragen? Wen wollt ihr befragen, wenn es um einen neuen Bahnhof geht? Die unmittelbar betroffenen Bürger, die Einwohner der betroffenen Stadt, oder wollt ihr tricksen, wie SPD und Grüne in Stuttgart, die ganz Baden-Württemberg abstimmen lassen, wohl wissend, dass dort die Mehrheit für den Neubau ist. Eine andere Frage, die sich stellt, ist, wer ist betroffen, in diesem Fall, die Stuttgarter Bürger, die Bahnreisenden, die Mitarbeiter der mit dem Bau beauftragten Baufirmen oder die Steuerzahler, die das alles zu bezahlen haben?

 Ich möchte von Euch wissen und zwar nicht irgendwann, wenn ihr Euch an die Dienstwagen, die persönlichen Referenten oder das Kungeln mit Kollegen und Journalisten beim fetten Frühstück im Bernstein gewöhnt habt, wie haltet ihr es mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr, mit Rüstungsexporten? Wie steht es mit Eurer Haltung zur Rente mit 67, gesetzlichem Mindestlohn, einer Krankenversicherung, die für die Kranken da ist und nicht für Ärzte, Apotheker und Pharmaindustrie? Wie wollt ihr die gesetzliche Renten- und Pflegeversicherung finanziell so ausstatten, dass die Menschen in Würde altern können? Was wollt Ihr tun in der Wirtschafts- Finanz- und Steuerpolitik, damit die vorhandenen ungeheuren Geldmengen, nicht in einigen wenigen Händen konzentriert werden, wo sie zur Spekulation gegen den überwiegenden Teil der Bevölkerung, missbraucht werden, sondern das sie am Gemeinwohl orientiert, eingesetzt werden? Wollt Ihr dafür sorgen, dass Bildungspolitik wieder zu echter Bildung führt und nicht zu auswendig gelerntem, jederzeit abrufbarem Formelwissen, das einzig und allein den Bedürfnissen der Wirtschaft dient?

 Auf all das hätte ich gern eine Antwort von Euch, und dann möchte ich gern noch wissen, wie Ihr umgehen werdet mit den Umarmungen, den Vereinnahmungen, wie ihr Euch wehren wollt gegen die Einflüsterungen der Etablierten, der Journalisten, der Alternativlosen und der Talkshowbesetzer? Werden Eure Stars, oder die, die dazu gemacht werden ihrem Ego und ihren Eitelkeiten widerstehen können, oder wird ein Christoph Lauer eines Tages, genau wie einmal Joseph, genannt Joschka Fischer, verlangen, dass ein ganzer Parteitag sich seiner Meinung unterwirft? Und, zum Schluss, werdet ihr, wie dereinst die Grünen, alles Anderssein, dass Euch zweifellos auszeichnet, als unnötigen Ballast abschütteln und eintreten in die grosse Koalition der neoliberalen Parteien CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen