Mittwoch, 18. Juli 2012

Spanische Bankenrettung - Wie Schäuble und Co Europas Bürger über den Tisch ziehen

 Am morgigen Donnerstag wird der Deutsche Bundestag mit überwiegender Mehrheit das 100 Milliarden Euro Hilfspaket für die spanischen Banken genehmigen. Die Abgeordneten der Regierungskoalition von CDU/CSU und FDP werden allerdings höchstwahrscheinlich nicht genug Stimmen für eine eigene Mehrheit zusammenbringen. Darum werde die Abgeordneten der Opposition, ausser den Abgeordneten der Linken, der Regierung beispringen und das Gesetz durchwinken, ein ungeheuerlicher Vorgang. So viel ist einmal klar.

 Das ist aber auch schon alles, was an dem Hilfspaket aus den Mitteln des EFSF klar ist. So ist geplant, die 100 Milliardenhilfe später einmal auf den ständigen Euro-Rettungsschirm ESM zu übertragen. Erstens aber gibt es den ESM noch gar nicht und es ist auch äusserst zweifelhaft, ob das Bundesverfassungsgericht ihn in seiner jetzgen Form passieren lässt. Und zweitens fehlt jegliche rechtliche Grundlage für eine Direkthilfe für ins Trudeln geratene Banken.

 Erst nachträglich hatten sich die Regierungschefs der Euroländer auf Direkthilfen für Banken geeinigt, hatten aber als Vorraussetzung eine funktionierende europäische Bankenaufsicht gefordert. Die ist allerdings noch nicht in Sicht, ganz zu schweigen davon, dass diesen Änderungen am ESM noch einmal alle Parlamente der Mitgliedsländer zustimmen müssen. Es ist also längst nicht gewährleistet, ob diese Regelung jemals kommen wird.

 Um die eben erst selbst beschlossenen Vereinbarungen zu umgehen, haben sich Wolfgang Schäuble und seine Finanzministerkollegen eine Hilfskonstruktion einfallen lassen. Die Gelder, gehen nach wie vor zwar direkt an die notleidenden Banken, aber der spanische Staat garantiert dafür, tritt praktisch als Bürge ein, wenn die Banken das Geld nicht zurückzahlen können oder wollen. So hofft man die Bestimmungen des ESM umgehen zu können und die spanische Regierung hofft einen weiteren Anstieg des Zinssatzes bei eigenem Finanzierungsbedarf zu verhindern, weil offiziell die Schuldenquote des spanischen Staates nicht steigt.

 Dazu gibt es zwei Anmerkungen zu machen: 1. Warum sollten Geldgeber so dumm sein, eine Bürgschaft über 100 Milliarden nicht in ihre Risikoberechnung einfliessen zu lassen und daraufhin den Zinssatz entsprechend des gewachsenen Risikos anheben? Und zweitens, man darf raten was eine europäische Finanzaufsicht in der Zukunft wert sein dürfte, wenn die richtigen Leute Druck machen, wenn die Bestimmungen des eben erarbeiteten und noch nicht einmal ratifizierten ESM schon in einer solch eklatanten Weise zurecht gebogen werden.

 Eine weitere Unklarheit ist die wirkliche Höhe des Finanzbedarfs der spanischen Banken. Waren es vor ein paar Monaten noch knapp 40 Milliarden Euro, so spricht man jetzt von 60 Milliarden. Andere Stimmen sprechen von 90 Milliarden Euro. Das geht dann lustig weiter aufwärts über 180 Milliarden bis zu einer Berechnung des "Centre for European Policy Studies", die von der stolzen Summe von 270 Milliarden Euro ausgeht. Erfahrungen bei den letzten Rettungsschirmen jedweder Art, lassen jedenfalls das ungute Gefühl aufkommen, dass diese ersten 100 Milliarden die Einstiegsdroge sind, der dann weitere Spritzen folgen werden.

 Merkwürdig auch das Zustandekommen dieser 100 Milliarden Eurohilfe. Hatte sich Spanien doch über mehrere Monate vehement dagegen gewehrt unter das Dach des europäischen Rettungsschirms zu schlüpfen. Zu schwerwiegend erschienen den Spaniern die drohenden Auflagen. Erst massiver Druck, vor allem der deutschen Regierung veranlassten die Spanier schliesslich, um Hilfe nachzusuchen. Sie handelten aber das Konstrukt aus, das nicht der spanische Staat Darlehnsnehmer ist, sondern die Banken direkt. So entgingen sie den schwersten Auflagen der Kreditgeber, die zum Beispiel Griechenlands Wirtschaft mittlerweile vollständig zerstört haben.

 Aber komisch ist das schon, wenn einem Gläubiger praktisch unter vorgehaltener Waffe ein Kredit aufgenötigt wird. Das riecht dann schon ein wenig nach Mafia. Und so ganz weit scheint man von den Methoden der ehrenwerten Gesellschaft nicht entfernt zu sein. Hauptgläubiger der spanischen Banken sind deutsche Banken und Versicherungen. Laut einer Graphik in der französischen Le Monde vom Dezember letzten Jahres, hatte allein das Engagement der Deutschen eine Höhe von 146,1 Milliarden Euro. Mittlerweile hat man die Höhe veringern können. Das Handelsblatt spricht inzwischen von 112 Milliarden. Demnach hat die Commerzbank Forderungen von 14 Milliarden, die Deutsche Bank von 13,7 Milliarden und die Allianzversicherung von 4,3 Milliarden Euro in ihren Büchern. Ob die Verringerung der Forderungen durch Verkäufe oder einfach durch Auslagerung in Offshore-Zweckgesellschaften, und somit der deutschen Bankenaufsicht Bafin entzogen, verringert wurden ist nicht bekannt.

 Der Druck, den die deutsche auf die spanische Regierung ausgeübt hat, damit diese endlich die europäischen Hilfsgelder annimmt, scheint also seinen Ursprung in den Glastürmen des Frankfurter Bankenviertels gehabt zu haben. Regierungen als willfährige Krediteintreiber, Parlamente als Selbstbedienungsladen, angeblich in ihren Entscheidungen nur ihrem Gewissen verpflichtete Abgeordnete die jedem schmutzigen Deal einen rechtmässigen Anschein geben, wo ist da noch der Unterschied zum kriminellen Geschäftsgebaren des organisierten Verbrechens?

 Zum Schluss noch eine kleine Rechnung, mit wieviel mehr jeder Deutsche, vom Neugeborenen bis zum Greis ab Donnerstag, dank seines Bundestagsabgeordneten mehr in der Kreide der Banken steht, die er gerade gestützt hat. Von den 100 Milliarden Euro entfallen auf die Bundesrepublik Deutschland 29,07 Milliarden. Bei 80 Millionen Einwohnern kommt da auf jeden das stolze Sümmchen von 363 Euro zu. Eine vierköpfige Familie hat ab Donnerstag dann etwa Fünfzehnhundert Euro mehr an Verbindlichkeiten.

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