Samstag, 1. September 2012

Über die Hintergründe des Streiks beim Lufthansa-Kabinenpersonal

„Im Terminal der Tränen“ dichtete Focus. Alle Rundfunk- und Fernsehstationen hatten in jeder ihrer Nachrichtensendungen mindestens eine Schalte auf den Frankfurter Flughafen. Die Katastrophe über die es zu berichten galt, war ein Streik des Kabinenpersonals der Lufthansa. So als sei ganz Deutschland mit dem Flugzeug unterwegs, kannten die Medien keine wichtigere Nachricht als die Abflugtafel des Flughafens auf der hinter jedem Flug, annuliert stand.

 Die Gewekschaft des Kabinenpersonals UFO hatte zum Streik aufgerufen, weil nach fast einjähriger Verhandlung mit der Geschäftsleitung der Lufthansa keine Einigung zu erzielen war. Die Stewardessen und Stewards wollten neben einer moderaten Gehaltserhöhung vor allen Dingen durchsetzen, dass ihre Jobs in Zukunft nicht durch Leiharbeiter übernommen werden.

 Die Lufthansa muss sparen, sie schreibt seit einiger Zeit rote Zahlen. Da ist man in der Geschäftsleitung auf die, nicht gerade originelle, Idee gekommen, beim Personal, bei den Löhnen und Gehältern zu kürzen. Wie konnte es dazu kommen, dass eines der profitabelsten Unternehmen Deutschlands in die Verlustzone segelte?

 Immer wieder werden von den Managern die hohen Kerosinkosten und die Konkurenz durch die Billigflieger genannt. Schwierigkeiten, mit denen, allerdings nicht nur die Lufthansa zu kämpfen hat. Der wahre Grund für den Sinkflug des Kranichs ist das miserable Management selbst.

 Jahrelang wurde in der Chefetage der Lufthansa das ganz grosse Rad gedreht. 1997 in der Zeit des allgemeinen Privatisierungswahns trennte sich die deutsche Regierung von ihrer Fluglinie. Schliesslich, so war das Credo der damaligen Jahre, konnte die Privatwirtschaft alles besser als der Staat. Die Lufthansa war kerngesund, flog satte Gewinne ein, hatte ein respektables Finanzpolster und einen modernen Flugzeugpark.

Im Jahr 2003 übernahm Wolfgang Mayrhuber den Vorstandsvorsitz. Mit dem Ziel die Lufthansa zur grössten Airline Europas zu machen, ging er auf Einkaufstour. Im Juli 2007 übernahm die Lufthansa die Swiss Airlines für 310 Millionen Euro.

 2008 kaufte sich die Lufthansa bei dem US-amerikanischen Billigflieger Jet Blue ein. Sie übernahm für 300 Millionen Dollar 19% von Jet Blue.

 Im September 2008 wurden zunächst 45% der Brussels Airlines übernommen. Der Anteil wurde am 1.7. 2009 auf 100% ausgeweitet. Mit Brussels Airlines wurde Lufthansa auch auf dem afrikanischen Kontinent aktiv.

 Im Oktober 2008 übernahmen die Frankfurter die British Midland Airways, im Dezember dann kauften sie 42% der Austrian Airlines für eine Kaufsumme von nur 360.000 Euro, übernahmen aber auch 500 Millionen Schulden der Östereicher. Mayrhuber hatte damit sein Ziel erreicht. Die Lufthansa war nun die grösste Airline Europas vor Air France-KLM. Die Beteiligung an Austrian Airlines wurde 2009 auf 90% aufgestockt.

 Als in den Jahren 2008/2009 die Alitalia ins schlingern geriet und schliesslich zu einem grossen Teil von Air France-KLM übernommen wurde, gründete Mayrhuber im Februar 2009 die Lufthansa Italia um der Alitalia Konkurenz im eigene Land zu machen. Besonders das reiche Norditalien war empört darüber, das die neue Alitalia den Flughafen Mailand als Basisstandort verliess. Mayrhuber wollte diese Verärgerung nutzen und machte den Mailänder Flughafen zum Standort der Lufthansa Italia.

 Weiter ist die Lufthansa bei den Regionalfluglinien Lufthansa Cityline, germanwings und Air Dolomiti mit je 100% beteiligt.  An der türkischen Sun Express hält sie 50% an eurowings 49% an Jade Cargo 25% und an der Luxemburger Luxair 13%.

 Alle diese Beteiligungen kosteten viel Geld. Die Engagement bei British Midland Airways, Austrian Airlines und Lufthansa Italia erwiesen sich als glatte Fehlinvetitionen und als schwarzes Loch für viel Millionen Euro. British Midland Airways wurde inzwischen wieder verkauft und Lufthansa Italia liquidiert.

 Für die Modernisierung der Flotte blieb kein Geld übrig. Mittlerweile hat die Lufthansa mit einem Durchschnittsalter von 13,2 Jahren einen der ältesten Flugzeugparks in der  Welt. Diese alten Vögel kosten nicht nur bei der Wartung und Instandhaltung eine Menge Geld. Auch, und vor allen Dingen, verbrauchen sie ungleich mehr Treibstoff als die modernen Maschinen der Konkurenz. 4,3 Liter pro Passagier auf 100 Kilometer rechnet die Lufthansa. Moderne Maschinen brauchen über einen Liter weniger. 

 Diese schweren Managemantfehler versucht die Lufthansaführung nun durch eine restriktive Personalpolitik zu kompensieren. So sollen mindestens 2.000 Stellen, hauptsächlich in der Verwaltung, abgebaut werden und Teile des Kabinenpersonals durch Leiharbeitskräfte ersetzt werden. Dagegen wehren sich die Flugbegleiter mit ihrer Gewerkschaft UFO dieser Tage durch die Streiks.

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