Freitag, 6. Februar 2015

Wer ist hier der Antisemit, Herr Fleischhauer?

 Vielleicht wäre es das Beste Jan Fleischhauer als das abzutun was er ist: ein dummer, verantwortungsloser Schwätzer. Leider ist es aber so, dass in dieser Republik die grössten Schwätzer auch bei den auflagenstärksten Blättern schreiben. Und dazu, Gott sei's geklagt zählt nun einmal immer noch der Spiegel. Und so kommt es, dass das dumme Geschwätz des Herrn Fleischhauer sehr weit verbreitet wird und bei einigen Menschen der Eindruck entsteht, als sei etwas wahr an dem, was der Fleischhauer so in die Tasten klimpert.

 In der letzten Ausgabe seiner Spon-Rubrik "Der schwarze Kanal" befasste der, mit einigem Wohlwollen gerade noch als Rechtspopulist zu bezeichnende Fleischhauer, sich zu der für ihn schier unfassbaren Tatsache, dass die Menschen in Griechenland sich in einer freien, demokratischen Wahl der alten, korrupten Regierung entledigt haben. Und es ist bezeichnend für die Vertreter dieser Generation, die sich selbst die Generation Golf nennt, dass sie immer dann, wenn sie nicht mehr weiter wissen, die grobe Keule des Antisemitismus auspacken. Der aufmerksame Beobachter weiß, wie oft in den letzten Jahren Kriege mit einem drohenden Holocaust begründet wurden.
"Man muss zum Anfang dieser Woche an die Befreiung von Auschwitz erinnern, weil der Jahrestag mit der Amtsübernahme der neuen Regierung in Athen zusammenfiel, die Europa gerade den Atem verschlägt."
Es passt hinein in das Denkschema der Fleischhauers, der Broders, der Lengfelds, dass sie eine demokratische Wahlentscheidung des griechischen Volkes, die sie nicht verstehen, die ihnen den Atem verschlägt, mit der Antisemitismuskeule niederschlagen wollen. Dabei stellt sich die Frage wer hier der wirkliche Antisemit ist? Sind es vielleicht gerade jene, die ihre Schuld, ihre Verantwortung für die Verbrechen der Deutschen in der Nazizeit leben wie viele Katholiken ihren Glauben: Zwei-, dreimal im Jahr zur Beichte, ein paar "Vater Unser" ein paar "Ave Maria" zur Buße und die Seele ist gerettet? So begehen diese Leute die bekannten Gedenktage, den 9. November, den Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, finden goldene Worte des Gedenkens wie unser Bundespräsident Gauck, der
"festhielt, dass es ohne Auschwitz eine deutsche Identität nicht geben könne,"
und gehen anschliessend zur Tagesordnung über. Es sind Worte, die nichts kosten. Die Rechnung für die Vergehen des Nazireiches, die haben wir längst weitergereicht. Während wir uns also in wohlfeilen Reden üben, zahlen andere für die Greuel Nazideutschlands.

 Wer hat denn die Rechnung vorgelegt bekommen für den nur allzu verständlichen Wunsch der Menschen jüdischen Glaubens nach einer Heimat, einem Land in dem sie in gesicherten Grenzen würden leben können, nach der Shoa? Wir Deutschen haben uns, um es einmal flapsig auszudrücken, einen schlanken Fuss gemacht. Es sind die Palästinenser gewesen, die die Hoffnung der Juden, endlich in Ruhe und Frieden in einem eigenen Staat leben zu wollen, mit der Vertreibung von ihrem Grund und Boden und die damit verbundene Verelendung bezahlen mussten. Haben die Palästinenser, die letztlich durch unsere Schuld ihr Hab und Gut und ihre Heimat verloren haben, auch nur einen Cent von uns bekommen. Wäre es nicht an uns gewesen, mit allen Kräften an einer friedlichen Lösung in Nahost zu arbeiten?

 Stattdessen erklärt unsere Bundeskanzlerin Israels Sicherheit zur Staatsräson. Nicht dass ich diese Sicherheit in Zweifel ziehen will, aber die Bundeskanzlerin als Vertreterin des deutschen Volkes zieht sich auch hier wieder mit einer leeren Floskel aus der Verantwortung. Wie will sie, wie wollen wir denn die Sicherheit Israels garantieren? Mit ein paar zum Dumpingpreis an Israel verkaufte U-Boote, mit denen auch Atomraketen verschossen werden können. Israel kann nur sicher sein, wenn es in friedlicher, ja freundschaftlicher Nachbarschaft mit der immer größer werdenden Mehrheit der islamischen, arabischen Menschen lebt. Aber das würde uns etwas kosten. Es würde uns mehr kosten als das geflissentliche Übersehen des gewaltigen Grenzzaunes, der vorgibt die hungernden Menschen von Israel fernzuhalten.

 Ein Zaun der höher und gewaltiger ist als die von uns so genannte Schandmauer zwischen der DDR und der Bundesrepublik. Auch diese Mauer, oder wie er von den DDR-Oberen genannt wurde, der antikapitalistische Schutzwall, ein Ergebnis des verbrecherischen Krieges. hat uns jahrzehntelang gedient, uns vor unserer Verantwortung zu drücken. Sie wurde missbraucht für den gleichen tatenlosen Symbolismus wie uns Auschwitz dient, um vor unserer Verantwortung davon zu laufen.

 Ein-, zweimal im Jahr, am 17. Juni und am 23. August, haben wir unserer armen "Brüder und Schwestern im anderen Teile Deutschlands" gedacht und das ganze Jahr über haben wir die Vorteile der Mauer genossen. Schon bald wurde klar, dass wir aus der "Schandmauer" nur Vorteile ziehen würden. Von Ulbricht aus kaltem wirtschaftlichen Kalkül errichtet, diente sie dazu, den Teil der Bevölkerung der DDR, den diese unbedingt zum Überleben brauchte, die Ingenieure, die Ärzte, die Wissenschaftler, aber auch die Facharbeiter daran zu hindern, das Land zu verlassen, stellte sich aber schnell heraus, das die Bundesrepublik damit den Traum aller Kapitalisten erfüllt bekam: Eine Sonderwirtschaftszone.

 In der DDR lebten, durch die Mauer an der Ausreise gehindert, bestens ausgebildete Facharbeiter und Ingenieure. Diese Fachkräfte, durchaus vergleichbar mit den Arbeitern in der Bundesrepublik, arbeiteten für einen Bruchteil des Lohnes, der in Westdeutschland bezahlt werden musste. Durch den Umstand, dass die DDR nicht als Ausland galt fielen alle Handelshemmnisse, wie Zölle, weg.

 Grosse Teile des Wirtschaftswunders und damit auch der heutigen Wirtschaftsmacht Deutschlands, wären undenkbar ohne die DDR. Fast in jedem Haushalt stand ein Kühlschrank oder eine Waschmaschine oder ein Elektroherd oder Fernseher der Marke Privileg. Die Geräte der Eigenmarke des Quelle-Versandhandels wurden fast ausschliesslich in der DDR produziert. Ein ganzer Wirtschaftszweig, der der Versandhäuser, ausser Quelle vor allen Dingen noch Neckermann, lebte von dieser Sonderwirtschaftszone. Mit dem Untergang der DDR waren auch diese Versandhäuser dem Untergang geweiht.

 Wie wichtig die DDR für die Wirtschaft der Bundesrepublik war, das wusste keiner besser als der Gottvater aller Rechtskonservativer, Franz Josef Strauß. 1982 drohte der DDR der Staatsbankrott, die Sonderwirtschaftszone vor der eigenen Haustür drohte zu implodieren. Strauß reiste zum Erzfeind und handelte einen Kredit über mehrere Milliarden D-Mark aus. Mit der Unmenge bunt bedruckter Papierzettelchen konnten auch noch die letzten Reserven aus der DDR-Wirtschaft herausgepresst werden, bis dann der zweite drohende Staatsbankrott 1989 endgültig zum Zusammenbruch führte.

 Die Bundesrepublik war ihre Melkkuh verlustig gegangen. Nach einem kurzen Boom, geschuldet der Befriedigung des Nachholbedarfs der DDR-Bevölkerung, finanziert durch Kredite kam das ach so golden glänzende Wirtschaftswunder ins stocken. Der Billiglohnsektor, schön eingezäunt in Mauer und Stacheldraht fehlte.

 Zwei Massnahmen wurden ergriffen. Zunächst drängte Kanzler Kohl, "der Kanzler der Einheit", auf eine einheitliche Währungszone in Europa. Der Euro wurde eingeführt, ausschliesslich nach deutschen Regeln. Man hätte auch gleich ganz Europa mit der D-Mark beglücken können, aber der Nationalstolz der Partner liess dass nicht zu. Sehr schnell merkte man, dass die Einführung, zumindest nicht so schnell wie gedacht, zum gewünschten Erfolg führte. Deutschland profitierte nicht genug von den Billiglohnländern jenseits der Alpen.

 So führte die Regierung Schröder mit den "Hartz-Reformen" ein eigenes Elendsproletariat in Deutschland ein. Dieser Schritt führte endlich dazu, dass Deutschlands Wirtschaft so mächtig wurde, dass es die schwächeren Länder, die Mittelmeeranrainer, innerhalb kürzester Zeit in die Knie zwang. Der Teutonische Krieger erhob wieder stolz sein Haupt. Dieses Mal bedrohte er seine Nachbarn nicht mit Feuer und Schwert, sondern mit Geld und Wirtschaftskraft. Er sprach auch nicht mehr von minderwertigen Rassen, sonder von faulen, korrupten Griechen, Italienern und Spaniern, die, so die deutsche Kanzlerin, einfach mehr arbeiten sollten.

 Es ist vor allen Dingen die Generation des Jan Fleischhauer, die jetzt in einem neu erwachten nationalistischem Eifertum "Deutschland, Deutschland über alles" erhebt. Die Generation, geboren in den frühen sechziger Jahren, mitten hinein ins Wirtschaftswunder, gegründet auf das Vergessen und die tätige Vergebung der Völker, die gelitten haben unter dem Deutschen Wahn, immer und überall die Besten und Stärksten zu sein, und der daraus folgernden Forderung, den anderen Völkern unseren Willen aufzuzwingen, ja entscheiden zu können, welches Volk wert sei zu überleben und welches nicht.

 Als Jan Fleischhauer geboren wurde, 1962 war es gerade einmal neun Jahre her, das die Weltgemeinschaft im größten Schuldenschnitt aller Zeiten den Deutschen ihre Kriegsschulden fast vollständig erliessen. Jan Fleischhauer und seine Generation ist in Wohlstand aufgewachsen, weil andere, denen es viel schlechter ging, und die Millionen von Menschenleben durch deutsche Mordlust zu beklagen hatten, auf ihre Forderungen verzichteten.

 Eines der Länder, die am meisten unter dem deutschen Krieg und der deutschen Besatzung zu leiden hatten war Griechenland. Es zeugt schon von besonderer Dreistigkeit, wenn Fleischhauer die frei gewählte Regierung eines Opferlandes des zweiten Weltkrieges mit der Antisemitismuskeule niederzustrecken versucht. Wieder einmal um sich der Verantwortung zu entziehen. Dazu ist ihm nicht einmal das siebzigjährige Gedenken der Befreiung des Vernichtungslagers in Auschwitz heilig.

Man darf sich fragen, wer hier der Antisemit ist? Wer missbraucht hier Millionen von Opfern für seine politischen Zwecke? Der Satz
"Es geht darum, moralisches Kapital aufzubauen, und was wäre dazu besser geeignet, als die Verbrechen des Nationalsozialismus zum eigenen Nutzen zu monetisieren, "
schlägt mit voller Wucht auf seinen Verfasser zurück. Wie böse muss man sein, wie moralisch verkommen, wenn man die, sicherlich teilweise überzogenen Kritik an Merkel und Schäuble, die ja nicht von der griechischen Regierung kommt, noch deren offizielle Meinung widerspiegelt, sondern die Äußerung einzelner Privatpersonen ist, gleichstellt mit der Leugnung des Holocaust:
"Es gibt viele Möglichkeiten, die Opfer des Nationalsozialismus zu verhöhnen. Man kann die Existenz der Gaskammern bezweifeln oder an der Zahl der Toten herumdeuteln. Man kann aber auch einfach so tun, als ob das Schicksal eines griechischen Staatsbediensteten, dem sein Gehalt gekürzt wurde oder der seine Anstellung verloren hat, mit dem Leid der Unglücklichen vergleichbar sei, die ihr Leben in den Gaskammern in Polen oder einem Massengrab in der Ukraine ließen. Es ist die Frage, welche Methode die perfidere ist."
Fleischhauer ruft einen Zeugen auf, dem er besser Schweigen verordnet hätte. Es ist der Historiker Thomas Weber. Über Weber schreibt, der linker Umtriebe, höchst unverdächtige britische Journalist, Alan Posener, in dem Autoren-Blog "starke-meinungen.de" in seinem Beitrag "Thomas Weber: Geschichte verdrehen statt Geschichte verstehen":
"Thomas Weber mag ein guter Historiker sein, das sagen mir jedenfalls Kollegen, die seine wissenschaftlichen Arbeiten kennen. Wenn er jedoch versucht, die Geschichte für seine politischen Zwecke zu instrumentalisieren, diskreditiert er sich selbst als Wissenschaftler, behauptet Dinge, die selbst ein Abiturient besser weiß, und schreckt – wie jeder Propagandist, dem die Botschaft wichtiger ist als die Wahrheit – vor der Quellenmanipulation nicht zurück."
und er zitiert Weber in seiner eigenen Schreibe:
"Wer (…) meint, Nationalismus führe an und für sich zu Kriegen, zieht die falschen politischen und gesellschaftlichen Lehren."
 Posener sollte für Fleischhauer ein Begriff sein, waren doch beide bis 2009 als Broder, Maxeimer und Miersch, Posener rauswarfen, Autoren des Blogs "Die Achse des Guten". Posener musste damals gehen, weil er sich gegen die zunehmende Islamophobie der Achse verwahrte. Vor kurzem hat auch Mitgründer Michael Miersch die Achse verlassen. "Die Zeit" Nr. 5 vom 29.Januar zitiert Miersch:
"Auf der Achse hat sich eine Stimmung breitgermacht«, so Miersch, »die kaum noch etwas gemein hat mit der ursprunglich liberalen, weltoffenen und aufgeklarten Haltung.« Nicht nur sympathisierten Achse-Autoren neuerdings mit der kulturpessimistischen Haltung der AfD und dem Ressentiment der Pegida- Bewegung. Miersch berichtet auch von hass erfüllten Leserbriefen. In ihnen werde über fremdklingende Namen gehöhnt Leute sagen »Islarnkritik« und meinten »Ich hasse alle, die anders sind als ich". 
 Fleischhauer schreibt immer noch für das immer weiter nach rechts abgleitende Blog.

2 Kommentare:

  1. Die Deutungshoheit ist es was Fleischauer und Co so vermessen argumentieren läss !!!!!

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  2. Ich kann mir nicht helfen, aber ich meine, eine antinationale Grundhaltung aus Ihren Texten herauszulesen.

    Gleichzeitig erfüllen Sie den deutschen Schuldkult mit, indem Sie an vielen geeigneten Stellen auf die Gräuel der Deutschen hinweisen, die ja nun hinlänglich bekannt sein dürften. Aber Sie haben sprachliches Talent, Ihnen müsste klar sein, welche Wirkung ständiges Wiederholen einstudierter Floskeln auf Leser hat ("die deutsche Schuld", "das dunkelste Kapitel", "die Gräuel der SS" und so weiter).

    Damit führen Sie, ohne sich vllt. dessen bewusst zu sein, das weiter, was u.a. Bertelsmann seit jeher mit immensem Budget voantreibt: Das kritiklose Übernehmen der Interpretation der Alliierten, allein die Deutschen hätten den Krieg begonnen und allein sie seien verantwortlich für den gesamten zweiten Weltkrieg. Also auch für den Bombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki.

    Dabei lohnt es sich, gerade dieses Thema, also die Rolle der Deutschen im zweiten Weltkrieg, mal unter propagandatheoretischen Gesichtspunkten zu betrachten.

    Ihnen werden die Ohren schlackern.

    Es sei denn, Sie halten an der von Staat und Medien seit Kriegsende propagierten Deutung der Dinge fest.


    MfG

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