Im Norden Syriens, in der Stadt
Al-Mansura sind am Dienstagmorgen 33 Menschen gestorben. Sie waren
Flüchtlinge aus der Stadt Rakka und hatten sich in einer Schule der
Stadt vor den Kämpfen um Rakka in Sicherheit gebracht. Der Tod kam
aus der Luft. Bomber der Anti-IS-Koalition haben das Gebäude in
Schutt und Asche gelegt. Unter den Opfern waren viele Frauen und
Kinder. „Die
Zeit“ meldete den Vorfall in einer Kurzmeldung auf ihrem
Internet Account. Ganze 79 Worte war dem Blatt die Meldung wert. Die
Stadt Al-Mansura befindet sich ebenso wie Rakka unter der Herrschaft
des IS.
Wesentlich
interessanter erscheint der Zeit an diesem Tag ein Vorfall aus dem
Jahr 2005. Im fernen Washington erhitzt die Meldung, das der
ehemalige Wahlkampfleiter für Donald Trump, Paul Manafort, vor 12
Jahren für einen russischen Oligarchen gearbeitet haben soll die
Gemüter. 561 Worte plus 17 Worte Bildunterschrift ist der Artikel
auf „Zeit online“ den Machern des Blattes wert.
Am 26. Oktober 2016 wurde in der
Provinz Idlib, ebenfalls im Norden Syriens, eine Schule aus der Luft
bombardiert. 35 Menschen kamen ums Leben, darunter 22 Kinder.
Verantwortlich für den Angriff soll die russische Luftwaffe gewesen
sein.
„Die Zeit“ meldete den Vorfall am 27. Oktober auf „Zeit
online“ in einer Meldung. Die Meldung war über dreimal so lang wie
die über die bombardierte Schule in Al-Mansura. 259 Worte war die Meldung lang, plus einer Bildunterschrift, die 29 Worte
umfasste. Auf ein Bild der zerstörten Schule in Al-Mansura wurde von
der Zeit gänzlich verzichtet.
Am gleichen Tag berichtete
„Die Zeit“ ebenfalls auf „Zeit online“ in einem weiteren
Artikel über den Angriff auf die Schule. Dieser Artikel war nochmals
512 Worte lang. Wir ziehen Bilanz: 33 Opfer der Anti-IS-Allianz sind
der „Zeit“ 79 Worte wert. Wesentlich mehr, um genau zu sein, das
Zehnfache, zählen dem Wochenblatt die Leiden der Menschen, die
vermutlich einem russischen Angriff zum Opfer gefallen sind.
Schon an diesem kleinen Vergleich ist
abzusehen, wie selektiv die Sichtweise unserer Journalisten ist. Zwar
werden hier nur die Meldungen der Wochenzeitung „“Die Zeit“
thematisiert, ein Vergleich anderer Blätter, wie „Der Spiegel,
„Die Welt“, „FAZ“, „Tagesspiegel“ oder bei „ARD“ und
„ZDF“ ergeben aber in etwa das gleiche Bild.
Aber nicht nur die Quantität, der
einfache Vergleich der Anzahl der Worte, die auf die Meldungen
verwendet wurden, spricht eine deutliche Sprache über die
manipulative Berichterstattung unserer Medien – auch die Qualität
die Sprache zeigt deutlich, dass die Mainstream-Medien ihre Aufgabe
nicht in der Information ihrer Rezipienten sehen, sondern ihr Anliegen
eher die Agitation und die Manipulation der Menschen ist.
Zum Vergleich sollen hier noch einmal
die Artikel der Zeit dienen. In der Nachricht über die Bombardierung
der Schule in Al-Mansura von Mittwoch dem 22. März ist die Sprache
kurz, knapp und sachlich. Der erste Satz lautet:
„Bei einem Luftangriff der US-geführten Koalition auf eine als Flüchtlingsunterkunft genutzte Schule im Norden Syriens sind nach Angaben von Aktivisten mindestens 33 Menschen getötet worden.“
In der Meldung aus dem Oktober letzten
Jahres heisst es hingegen schon in der Überschrift:
„22 Kinder bei Luftangriffen auf Schule getötet“
Schon hier nimmt das Blatt eine Wertung
vor. Von den 35 Opfern insgesamt, ist nicht die Rede. Prominent
erwähnt werden lediglich die 22 Kinder, weil natürlich der
Empörungsgrad bei Opfern, die noch Kinder sind, ungleich höher ist,
als bei den 13 Erwachsenen Opfern, die allerdings genauso mausetot sind wie die Kinder.
Im Artikel selbst hält man sich erst
gar nicht mit der reinen Darstellung der Fakten auf:
„Unicef spricht vom wohl schwersten Angriff gegen Kinder während des Syrien-Krieges. Die russische Luftwaffe wird beschuldigt, an dem Verbrechen beteiligt zu sein.“
Gleich der erste Satz ist eine
Wertung.“Vom wohl schwersten Angriff gegen Kinder“
ist die Rede und diese Wertung gibt nicht die Zeitung selbst ab,
sondern sie kommt von einer in den Augen der meisten Menschen,
neutralen, unangreifbaren Institution, von Unicef. Damit aber nicht
genug der Vorverurteilung. „Die Zeit“ lässt ein wörtliches
Zitat des Generaldirektors des UN-Kinderhilfswerks Unicef, Anthony
Lake folgen. Die Schule sei
„wiederholt angegriffen worden. Es ist eine Tragödie, es ist eine Schande.“
lässt „Die Zeit“ den heiligen Mann
sagen. Das der allerdings, wie alle heiligen Männer, absolut
ahnungslos ist, von den näheren Umständen des Angriffs nichts weiss
und schon gar nicht die Schuldfrage beantworten kann, versteckt „Die
Zeit“ in einem, lediglich eine von vielen Möglichkeiten als These
äussernden, Halbsatz:
„Sollte der Angriff vorsätzlich ausgeführt worden sein“.
Von der „Zeit“ vermutlich nur
zitiert, weil der zweite Halbsatz
„wäre er ein Kriegsverbrechen“,
so schön in die Argumentation passt,
und in der Klarheit und Bestimmtheit seiner Aussage, „ein
Kriegsverbrechen“, den ersten Satzteil schnell vergessen
macht.
Als Meinungsmedium mag „Die Zeit“
natürlich die zu ziehenden Schlussfolgerungen nicht seiner
Leserschaft überlassen. Fehlinterpretationen wäre dadurch Tür und
Tor geöffnet. Daher ruft das Blatt lieber selbst zu den Waffen:
„Der Vorfall müsse die internationale Gemeinschaft aufrütteln. Es reiche nicht aus, Abscheu angesichts solcher 'barbarischer Taten' zu zeigen, sagte er. Die Welt müsse darauf bestehen, dass diese aufhörten“,
lässt das Blatt noch einmal den
Generaldirektor des UN-Kinderhilfswerks Unicef, Anthony Lake
verlautbaren. Dabei sind die Macher der Wochenzeitung merkwürdig
zurückhaltend. Lake wird nur in indirekter Rede zitiert ausser mit
zwei Worten. „Barbarischer Taten“ darf er in
wörtlich zitierter Rede die „russische Luftwaffe“
beschuldigen.
Die Toten von Al-Masura sind
allerdings nicht die einzigen Opfer der Allianz gegen den IS in den letzten Wochen. Am 16.
März wurde in AL-Dschineh, 30 Kilometer westlich von Aleppo eine
Moschee aus der Luft zerstört. 42 Todesopfer und über 100 Verletzte
wurden gezählt.
In einem Artikel vom 17 März:
weigert sich „Die Zeit“ schlicht
und einfach die Verantwortlichkeit zu benennen. Dummdreist heisst es:
„Wer den Angriff ausgeführt hat, ist unklar.“
Anschliessend packt das Blatt den ganz
grossen Nebelwerfer aus und erlaubt so den wahren Schuldigen sich aus
der Verantwortung zu stehlen. Aber das Blatt vernebelt nicht nur die
Tatsachen, es legt gleichzeitig auch reichlich falsche Fährten:
„Die Streitkräfte von Präsident Baschar al-Assad und dessen Verbündeter Russland haben in der Region zahlreiche Luftangriffe gegen Aufständische geflogen....Der Luftangriff auf die Moschee ereignete sich nur einen Tag nach einem Selbstmordattentat in der syrischen Hauptstadt Damaskus, bei dem mindestens 30 Menschen ums Leben kamen.“
Ganz offensichtlich will man die
Verantwortung der syrischen und russischen Luftwaffe in die Schuhe
schieben. Denn die US-Streitkräfte hatten in der Zeit anderes zu
tun. Sie kümmerten sich derweil um die Terroristen:
„Unabhängig davon (dem Angriff auf die Moschee) meldete das Streitkräftezentralkommando der Vereinigten Staaten in Florida, dass sie bei einem Luftangriff in der nahe gelegenen Stadt Idlib mehrere Al-Qaida-Kräfte getötet hätten. 'Idlib war in den vergangenen Jahren ein wichtiger Rückzugsort für Al-Qaida', hieß es in einem Statement des für den Nahen Osten zuständigen Regionalkommandos der Streitkräfte.“
Einen Tag später dann muss „Die
Zeit“ aber dann doch, mit von Tränen erstickter Stimme melden:
Ausgesprochen wortkarg vermeldet das
Blatt, dass die US-Streitkräfte die Verantwortung für den
Luftangriff auf die Moschee übernommen hätten. Aber natürlich habe
man
Absicht wird generell nur Syrien und Russland unterstellt, denn niemand bei der Zeit kann sich auch nur annähernd vorstellen, dass die Herren von Guantanamo, die Folterer von Abu Graib und die Auslöscher ganzer Hochzeitsgesellschaften mittels Drohnen, gesteuert von deutschem Boden aus, jemals dazu fähig wären, sich gegen die Gesetze des Kriegsrechts zu vergehen.„das Gotteshaus nicht gezielt angegriffen“.
75 Worte lang war die Meldung. Dagegen
hatte der Bericht vom Vortag, als man noch nicht genau wusste, wer
die Moschee in Schutt und Asche verwandelt hatte, 334 Worte lang,
gespickt von bösen Unterstellungen und Verdächtigungen gegen Syrien
und Russland.
Das ist der Wasserstand in Sachen deutschen Qualitätsjournalismus' im Jahre des Herrn 2017.
Vielen Dank für die aufwendige Recherche und Arbeit!!
AntwortenLöschenEin stiller Leser seit langem...
Auch von mir vielen Dank für die detailreiche Recherche! Den großen Rahmen, der sich darüber spannt, erklärt ausführlich Prof. Rainer Mausfeld in seinem Vortrag:
AntwortenLöschenDie Angst der Machteliten vor dem Volk
https://www.youtube.com/watch?v=Rk6I9gXwack
Recherche, welche dt. "Qualitätsmedien" nicht liefern können/wollen/dürfen
AntwortenLöschenZuerst: Hut ab vor dieser Recherche. Es ist schon ein Markenzeichen im dt. Journalismus, daß dieser nicht zu dieser Form der Berichterstattung fähig ist - oder so berichten darf. Hier wird in einem Inernetblog ein bedeutender Teil der "Mainstreammedien", sprich die `Zeit´, intensiv untersucht und analysiert.
Kurzform zur `Zeit`: keinerlei Glaubwürdigkeit, lückenhafte (mehr lochartige) Berichterstattung, Hetze u. Propaganda. Und als Sahnehäubchen noch Fake-News, um die unschuldigen Opfer von Bombardements der syrischen bzw. russischen Luftwaffe anzulasten.
Ich persönlich empfehle den Begriff "Qualitätsmedien/Qualitätspresse" als Unwort 2017 zu wählen.
Wenn wir nicht das Internet u. Blogs wie diesen hätten, dann dürften wir den propagandistischen Rattenfängern wie ARD/ZDF/Deutschlandfunk/FAZ/SZ/Welt/Spiegel und der dergleichen immer schön auf den medialen postfaktischen Leim gehen.
Passend dazu der Artikel der Zeit vom 27.03.2017 zu den Demonstratitionen in Russland (Artikel: Die Jungen haben keine Angst). Aktueller denn je hier ein auf die dt. Medienlandschaft 1 zu 1 ummünzbares Zitat:
"Viele junge Leute schauen bewusst kein Fernsehen mehr und lesen auch keine staatlichen Zeitun- gen. Sie informieren sich im Internet. Möglich, dass das auch die Regierung weiß und die relative Freiheit des Internet weiter einschränken wird."
Da kann der Maas jetzt richtig loslassen und wenn Merkel samt Anhang u. die Speerspitzen der dt. Geheimdienste weiterhin unbewiesene russ. Eingriffe in die dt. Politik behaupten, dann sollte es der dt. Politik mit der Kohortenunterstützung aus den "Mainstreammedien" ein leichtes sein, darzulegen, daß Soziale Medien u. das Internet zur Beinflussung benutzt werden.
Deutschland hat zwei Phasen der Demagogie hinter sich:
-die DDR-Propaganda, hier ist noch der `Schwarze Kanal` als Markenzeichen festzumachen. Allerdings war im Zuge der Hetze u. Kriegstreiberei nicht viel herausgekommen
-die Zeit des Nationalsozialismus: hier wurde durch Propaganda eine Kriegsstimmung - und Begeisterung hervorgerufen, die Folgen sind bekannt.
Es ist erschreckend, unentschuldbar und nicht nachvollziehbar, daß Politik u. Presse im Gleichschritt sich als Hetzer gegen Russland aufspielen. Ich persönlich will nicht an deren Kriegsgelüsten und -spielen teilnehmen (hier habe ich wenigstens eines gemeinsam mit der Kriegseinpeitscherin vdLeyen: diese wird ihre Kinder nicht auf irgendwelchen Schlachtfeldern opfern).
@ Flaneur:
LöschenDie Phase des "Kalten Krieges" hast du da aber offenkundig vergessen. Die war im Westen nicht weniger von Demagogie bestimmt als die nämliche in der DDR. Der erwähnte "Schwarze Kanal" etwa hatte in der BRD ein Spiegelbild namens "ZDF-Magazin". Auch dort wurde gegen den anderen deutschen Staat gehetzt unter Verwendung von TV-Ausschnitten dessen. Der westdeutsche Karl Eduard hieß Gerhard Löwenthal. Sein "journalistisches" Rüstzeug erhielt er beim CIA-Propagandasender RIAS. Und Löwenthal war in den westdeutschen Medien kein Einzelfall.