Sonntag, 27. Mai 2012

Geisel der Menschheit: IWF

 Die Präsidentin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, zeigte sich letztlich überaus verärgert über das aufmüpfige Griechenland. Manchen Staaten Afrikas täten ihr mehr Leid als Griechenland, soll sie gesagt haben. Nun geht es in der internationalen Finanzwelt weniger um das Leid tun oder nicht, sondern um absoluten Gehorsam und Unterwerfung unter deren Regeln, die da heissen, erst werden die Zinsen bedient, danach kommt erst das Fressen, wenn, ja wenn dann noch etwas da istzum verfressen.

 Und da sind die Griechen wohl, auch angesichts ihrer langen demokratischen Tradition, der Dame etwas zu renitent. Erdreisten sie sich doch, sich mit Hilfe einer erneuten Parlamentswahl, der alten Parteien, die ihnen das jetzige Elend eingebrockt haben, und die nun unter die sicheren Röcke Madams flüchten, zu entledigen. Warum Madam so gereizt zu reagieren beliebt, zeigt eine exemplarische Darstellung, wie der IWF, diese Geisel der Menschheit, in Afrika zu agieren pflegt.

 Stellen wir uns irgend ein Land in Schwarzafrika vor, ohne Küste, aber durchzogen von einem grossen Strom. Die Regierungsform ist autokratisch. Was nicht heisst, dass man dem Westen zu Liebe, nicht alle paar Jahre Wahlen abhält, um wenigstens den Schein von Demokratie zu wahren. Wirklich regiert wird unser Land aber von einem mächtigen Präsidenten, gestützt auf eine Regierungspartei, die von Mitgliedern seines Stammes beherrscht wird.

 Zu diesem Präsidenten kommen eines Tages Vertreter eines Baukonsortiums aus dem Norden. Sie reden dem Mann ein, wenn er den grossen Strom durch einen riesigen Damm aufstauen werde, dann könne er sein restliches Land bis in ewige Zeiten ausreichend bewässern, so dass er seine Bevölkerung ernähren und noch Agrarprodukte ausführen könne. Ausserdem könne er mit der Wasserkraft so viel Strom erzeugen, dass in Zukunft jede Hütte seines Landes über elektrisches Licht verfügen werde und noch genug Energie übrig sei, um das Land von einem Agrarland, hin zu einer Industrienation westlicher Prägung zu entwickeln.

 Da das Konsortium aus dem Norden nicht vergisst, dass der Präsident zwar das Wohl seines Landes im Auge hat, dies aber untrennbar mit dem Wohl des Präsidenten und seiner Familie verbunden ist, geht dieser nicht ganz leer aus. Auch bedenkt das Konsortium die Notabelen das Landes mit kleinen Geschenken um die gegenseitige Freundschaft zu festigen.

 Daraufhin vergibt der Präsident einen Milliarden schweren Auftrag an das Konsortium. Milliarden, die weder er noch sein Land besitzt. Aber es ist für den Präsidenten nicht besonders schwer, das Geld bei den reichen Ländern des Nordens zu beschaffen. Schliesslich hat er während seiner gesamten Präsidentschaft immer wieder versichert, wie sehr ihm die westliche Lebensweise, die Freiheit und Demokratie und das Gedeihen der kapitalistischen Weltordnung, nicht nur am Herzen liegen, sondern, quasi, ihm in Fleisch und Blut übergegangen sind. Ausserdem, so hat er immer wieder betont, werde die Wirtschaft des Nordens von dem Bau des Staudamms und den Lieferungen für die Elektrifizierung seines Landes nicht unerheblich profitieren.

 Da auch noch das Konsortium in seinen Heimatländern etwas, sagen wir einmal, Überzeugungsarbeit leistet, sind die Kredite sehr schnell genehmigt. Da aber auch die Staatsschatullen der Geberländer leer sind, geben nicht die Länder selbst die Kredite, sondern die grossen internationalen Banken und der Internationale Währungsfond (IWF). Die Geberländer verbürgen sich nur für pünktliche Zinszahlungen und Tilgung.

 Der Staudamm wird gebaut und etliche Quadratkilometer Land mehrere Meter hoch überflutet. Die Menschen, die von Alters her hier gelebt haben, denen der grosse Strom Arbeit und Nahrung gegeben hat, werden mit Gewalt, zwangsweise umgesiedelt. Das schafft viel böses Blut, und Widerstand organisiert und bewaffnet sich. Es kommt zu gewalttätigen Übergriffen im ganzen Land. Zusätzlich nehmen die Länder, die am Unterlauf des grossen Stromes liegen und denen nun das dringend benötigte Wasser des Staudammes fehlt, eine zunehmend feindliche Haltung ein.

 Der Präsident rüstet seine Armee auf. Nicht nur die westlichen Waffenhändler stehen vor seinem Palast schlange. Und da Waffenhandel ein lukratives Geschäft ist für den Norden und der Präsident ausserdem verspricht, sich am Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu beteiligen, geben die Länder, also die Banken der Länder, des Nordens und der IWF noch einmal gern Kredit.

 Nach mehrjähriger Bauzeit sind Staudamm und Elektrizitätswerk endlich fertiggestellt. Das Land in Afrika ist finanziell ruiniert, innerlich tief zerstritten und von jahrelangem Bürgerkrieg und durch immer wieder aufflackernde Feindseligkeiten mit seinen Nachbarn verwüstet. Nun, da alles fertig ist, stellt der Präsident fest, dass es keinen Ackerboden mehr gibt, den es zu Bewässern gilt. Ganz zu schweigen davon, dass die Bauern, die diesen Boden beackern könnten, Krieger geworden sind und ihren Lebensunterhalt als Söldner in Diensten fremder Kriegsherren verdienen.

 Auch der Strom zur Beleuchtung der Hütten wird nicht gebraucht. Erstens weil sich die total verarmte Bevölkerung gar keinen teuren Strom leisten kann und zweitens weil durch immer wiederkehrende Zerstörung der Überlandleitungen gar kein Strom zu den Hütten geliefert werden kann. das Land sitzt auf einem stetig wachsenden Berg von Schulden. Die Zinsen, die durch eine prosperierende Wirtschaft, die durch den Staudamm entstehen sollte, beglichen werden sollten, können nicht mehr gezahlt werden. Von einer Tilgung ganz zu schweigen. Aber daran sind die internationalen Gläubiger auch gar nicht interessiert. Nur wer Schulden hat, muss auch Zinsen zahlen. Um die Gläubiger zu befriedigen müssen neue Schulden gemacht werden, nur um die Zinsen der alten Kredite zu begleichen. Die Zinssätze der neuen Schuldverschreibungen steigen mit jedem neuen Kredit immer weiter, bis ins unermessliche. Schliesslich weigern sich die internationalen Geschäftsbanken weitere Kredite zu geben.

 Nachdem die Aufstände im Land unter Führung der Truppen der ehemaligen Kolonialherren aus Europa blutig niedergeschlagen sind, schaltet sich der IWF erneut ein. Er ist bereit neue Kredite zu geben, aber nur unter schweren Auflagen für das Land.

 Die Steuern werden drastisch erhöht, jedenfalls für diejenigen die dumm genug sind Steuern zu zahlen. Jegliche Subventionierung von Lebensmitteln wird eingestellt. Der Staat muss seine Flughäfen, seine Strassen, seinen schönen neuen Staudamm und das Wasserkraftwerk an internationale Investoren verkaufen. Die Einfuhrzölle, die die eigenen Produktionsstätten vor den hoch subventionierten Produkten der Industrienationen schützen, müssen aufgehoben werden. Der Erwerb von Grund und Boden durch Ausländer muss von jeglicher Beschränkung befreit werden.

 Die neuen Vorschriften stürzen die eh schon arme Bevölkerung vollendsins Elend. Das Land ist nun nicht mehr in der Lage seine Menschen zu ernähren und in Zukunft auf Nahrungsmittelhilfe des Auslands angewiesen. Ausländische Investoren kaufen das brachliegende Land für Spottpreise auf und produzieren darauf nun Futtermittel für Rinder und Schweine um ihren unersättlichen Fleischbedarf zu befriedigen, oder Erdbeeren für die Weihnachtsfesttafel, oder langstielige Rosen für den Valentinstag im Februar. Den Strom nutzen sie um die Bodenschätze des Landes aus dem Boden zu stehlen und sie zu Zwischenprodukten, gerade so weit zu verarbeiten, bis sie profitabel zu transportieren sind.

 Das Land ist wieder das, von dem es vor 50 - 60 Jahren geglaubt hatte, es ein für alle Mal hinter sich gelassen zu haben, eine Kolonie der Weissen.


Ps. Der Staudamm kann wahlweise durch eine neue Hauptstadt, einen internationalen Hafen oder Flughafen, ein unsinniges Stahlwerk, eine Eisenbahnlinie oder ein überdimensioniertes Strassennetz, das niemand braucht oder die Ausrichtung Olympischer Spiele ersetzt werden.

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