Donnerstag, 24. Mai 2012

Energiegipfel kein "Meilenstein" der Energiewende

 Eine Verordnung aus dem Bundeswirtschaftsministerium und ein paar Zahlen und Fakten um die deutschen Offshore-Windparks, die beweisen, dass der gestrige Energiegipfel kein Meilenstein in Richtung Energiewende war.

  Der EnBW Windpark Baltic I ist von der Halbinsel Zingst aus bei klarem Wetter gut zu sehen.

 Am Dienstag trafen sich die Bundesregierung und die 16 Ministerpräsidenten der Länder zu dem so genannten Energiegipfel. Kanzlerin Merkel, noch fest in dem als FDJ-Aktivistin erlernten Verhaltensmuster verhaftet, nach dem jede Sitzung, auch der kleinsten LPG, bei der in Wirklichkeit Skat gespielt wurde, als grossen Erfolg zu feiern, nannte das Ergebnis einen „Meilenstein“. Kleiner kann sie einfach nicht.

 Aber das gehört auch zum Plan: Grosse Sitzungen, viel Tamm-Tamm, Ergebnisse gleich null, diese aber dann zu epochalen Entscheidungen hochreden. Der Bürger staunt und ist erst einmal wieder beruhigt. Die Presse jagt eh am nächsten Tag eine andere Sau durchs Dorf. Es wurde Zeit gewonnen und die konkrete Arbeit ein weiteres Mal um Monate verschleppt. Und Arbeit gibt es genug.

 So ist die Anbindung der wenigen bereits in Betrieb befindlichen Offshore-Windparks ein echtes Trauerspiel und einer Industrienation wie Deutschland unwürdig. Es gibt immer wieder Ausfälle und Störungen. Da aber der Netzbetreiber verpflichtet ist, dem Stromerzeuger die Einspeisegebühr zu zahlen, egal ob sein Netz gerade funktioniert oder nicht, ist jeder Ausfall für den Netzbetreiber eine teure Sache.

 Der Netzbetreiber, zumindest für die Nordsee-Windparks ist die niederländische Tennet, die die Netze von Eon übernahm, als dieser von der EU ein Verkauf ihrer Stromkabel vorgeschrieben wurde. Die Gesellschaft, im Bereich der Netzanbindung der Offshore-Windparks ein astreiner Monopolist, drohte jetzt ganz offen, den weiteren Netzausbau vollständig einzustellen, wenn die Bundesregierung nicht für einen finanziellen Ausgleich sorge. Und weil man im Röslerschen Wirtschaftsministerium immer schnell dabei ist, wenn es darum geht Belastungen von der Wirtschaft auf die Verbraucher abzuwälzen und zusätzlich gern auf drastische Weise der Bevölkerung klar macht, dass Ökostrom unbezahlbar ist, erfand man dort die „Offshore-Anbindungs-Umlage“.

 Diese Verordnung besagt, dass der Netzbetreiber ab dem 15. Ausfalltag 80% seines Schadens auf die Stromkunden abwälzen kann. Dieser Betrag muss auf der Rechnung gesondert aufgeführt werden. Selbst bei nachgewiesener groben Fahrlässigkeit des Netzbetreibers können den Kunden immer noch 75% der Ausfallkosten in Rechnung gestellt werden. So muss der Verbraucher für die Unfähigkeit des Lieferanten die eingeforderte Leistung zu liefern auch noch bezahlen.

 Man geht in ein Schuhgeschäft. Der Verkäufer erklärt, die gewünschten Schuhe seien zwar produziert und lägen am Lager, aber leider könne er den Schlüssel nicht finden und so das gewünschte Paar leider nicht herausgeben. Für seine erfolglosen Bemühungen berechnet er am Ausgang 150 Euro.

 Der Inhaber eines Schuhladens könnte sich eine solche Handlungsweise niemals erlauben, er würde alle seine Kunden verlieren. Der Monopolist Tennet nimmt für seine Unfähigkeit, unterstützt von dem angeblich überzeugten Marktwirtschftler Rösler, einfach die Verbraucher in Haftung.

 Wie dramatisch die Lage um die Offshore-Windparks wirklich ist, verdeutlichen ein paar Zahlen, die zu publizieren anscheinend keinem Journalisten bisher eine kurze Recherche und ein paar Zeilen wert waren.

 In der Nordsee produzieren insgesamt 4 Windparks eine Nennleistung von 469,5 Megawatt, wobei 2 Windparks, nämlich der Enova Offshore Ems-Emden und Hooksiel aus jeweils nur einem Windrad bestehen. Geplant und bereits genehmigt sind aber 23 weitere. Diese genehmigten und zu einem ganz geringen Teil im Bau befindlichen Anlagen sollen nach ihrer Fertigstellung 11.973 Megawatt Strom liefern, das ist mehr als das 25-fache der jetzigen Strommenge.

 Für die Ostsee, für die, ausser dem geplant und genehmigten GEOFReE- Windpark ein andere Netzbetreiber, nämlich die belgische Elia zuständig ist, die 2010 zusammen mit dem australischen Industriestrukturfond IFM das ehemalige Vattenfallnetz übernahm, sieht es, in kleinerem Rahmen, ähnlich aus. Zwei Windparks, nämlich, Baltic 1, den EnBW betreibt, und Rostock mit nur enem Windrad, sind am Netz und liefern 50,8 Megawatt. Geplant und genehmigt sind weitere vier Anlagen mit einer Ausgangsleistung von 1818 Megawatt, das ist knapp das 36-fache.

 Wie, so fragt man sich soll die Energiewende gelingen, wenn es, Stand heute, nicht einmal gelingt, diese im Vergleich zu der Zukünftigen, winzige Menge Strom ins Netz einzuspeisen?

 Völlig unglaubwürdig wird der, immer wieder, geäusserte Wille der Politik zur Wende in der Energieerzeugung, wenn man die geplanten und genehmigten neuen Windparks in einen Zusammenhang mit den erfolgten Genehmigungen für die notwendige Netzanbindung bringt. Hierzu muss man wissen, das die meisten dieser Projekte ausserhalb der deutschen Zwölf-Meilenzone liegen. Um diese Windparks an das deutsche Stromnetz anzuschliessen bedarf es zweier Genehmigungen. Einmal für das Stück der Stromtrasse, das ausserhalb der Zwölf-Meilenzone liegt, das so genannte AWZ-Netz und ab Beginn der Zwölf-Meilenzone für das deutsche Küstennetz.

 Von den gehmigten 23 neuen Windparks haben 6 auch schon eine Genehmigung für das AWZ-Netz. Zwei Parks liegen innerhalb der Zwölf-Meilenzone und benötigen keine AWZ-Genehmigung. Das bedeutet von 23 Anlagen besitzen 15 keine notwendige Genehmigung für einen Netzanschluss. Eine Genehmigung für das Küstennetz, die alle Windparks benötigen, haben nur 4 Anlagen, 19 sind somit noch ohne Genehmigung.

 Von den vier geplanten Anlagen in der Ostsee besitzt nur eine sowohl, die AWZ Genehmigung als auch die Küstennetzgenehmigung. Bei den drei anderen fehlen beide Genehmigungen.

 Welcher Investor, stellt immens teure Windräder in bis zu 45 Meter tiefes Wasser in einer Entfernung von der Küste von bis zu 105 Kilometer, ohne eine Gewähr zu haben, das der dann von ihm produzierte Strom auch abgenommen und bezahlt wird. Und, welcher Netzbetreiber entwickelt besonderen Ehrgeiz darin, das seine Netze reibungslos funktionieren, wenn ihm von Wirtschaftsminister Rösler, per Dekret, jedes Risiko abgenommen und auf den Verbraucher abgewälzt wird?

 Die so dringend notwendige Energiewende wird, wie diese Beispiele zeigen, von Monopolisten und Oligarchen und willfährigen Politikern verzögert und behindert. Den Bürgern beschert man aber immer wieder „Meilensteine“ auf dem Weg in eine CO2-freie Zukunft. Und wenn dann einmal doch keine Erfolge zu vermelden sind, dann liegst eben am Bürger, dem extra zu diesem Zweck erfundenen Wutbürger, der ja gegen Alles und Jeden vor Gericht zieht und den Fortschrtt dadurch verhindert.

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