Montag, 7. Mai 2012

Wieder einmal haben alle gewonnen?

 Schleswig-Holstein hat gewählt. Stärkste Gruppe im Land ist dabei die Partei der Nichtwähler geworden. Sie errang 892.891 Stimmen und legte gegenüber 2009  305.164 Wählerstimmen zu, das bedeutet eine Zunahme um 51,9%. CDU und SPD kamen zusammen einmal gerade einmal auf 812.356 Stimmen und hatten somit zusammen etwas über 80.000 Stimmen weniger, als die Partei der Nichtwähler. Sie verloren gegenüber der Landtagswahl 2009 zusammen über 100.000 Stimmen, die Grünen büssten fast 25.000 Stimmen ein, die FDP fast 110.000 und Die Linke fast 36.000. Nur die Piraten legten zu und zwar um etwa 80.000.

 Was uns dann im Fernsehen und in der Presse geboten wurde, war das übliche Siegesgeheul. Alle hatten gewonnen und schlugen sich die angesichts der echten Zahlen die nichtssagenden Prozentpunkte um die Ohren.

 Die Berichterstattung nahm schon fast groteske Züge an, wenn man sich vor Augen führt, dass in ARD und ZDF die FDP als Wahlsieger gefeiert wurde. Die hatte schliesslich nicht nur bei den abgegebenen Stimmen 6,7% eingebüsst sondern auch rund 40% ihrer Wähler von 2009 verloren. Sie hatte allerdings gegenüber den Umfragen von März, wo sie lediglich bei 2% lag, erheblich zugelegt. Die Wende war das Nein der FDP zu der Transfergesellschaft für die Schlecker-Beschäftigten. Die FDP-Oberen hatten erkannt, dass sie nur überleben konnten, wenn sie in Zukunft  ausschliesslich ihre Klientel, die egoistischen, menschenverachtenden Reichen, und die, die es einmal werden wollen, bedienen würden, auch wenn sie dabei 94% der Bevölkerung vor den Kopf stiessen. Der harte Kern der FDP-Wähler kehrte zur Partei zurück.

 Einer der grössten dummschwätzigen Lautsprecher war wieder einmal der Vorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel. Mit süffisantem Lächeln trat er in Berlin vor die Kameras und verkündete einen Sieg der SPD und, dass Schwarz-Gelb abgewählt sei. Nun käme nur ein Bündnis aus SPD, Grünen und Südschleswigschen Wählerverband in Frage.  Wenn Politikverdrossenheit dereinst einmal in einer Person dargestellt werden sollte, dann ist dieser gestriegelte Volksverdummer, der in seinem Leben noch nicht eine Wahl gewonnen hat, sicher der überzeugendste Kandidat.

 Die SPD hat im nördlichsten Bundesland so ziemlich alle selbstgesteckten Ziele verfehlt. Sie hat die 40% Marke um 10% Punkte gerissen, sie ist nicht stärkste Partei geworden und eine Rot-Grüne Regierung ist auch nicht möglich. Dazu kommt noch, trotz der offiziellen 5% die die SPD unter den abgegebenen Stimmen zugelegt hat, ein realer Verlust von über 4.000 Wählern.

 Man fragt sich, welche Wahl die SPD überhaupt noch gewinnen will, wenn sie das  nicht einmal in Schleswig-Holstein schafft, wo die Signale unter den Bürgern klar auf Wechsel standen und mit einem Spitzenkandidat, der in der Beliebtheit weit vor seinem CDU-Konkurenten lag? Es sieht so aus, dass die Menschen mittlerweile die SPD als die naturgegebene Nummer zwei ansehen. Sie scheint keine glabwürdige Alternative zur CDU mehr zu sein, die eine Regierung als Seniorpartner führen kann oder gar allein regiert, durch eine absolute Mehrheit dazu beauftragt. Die SPD ist in den letzten Jahren zum geborenen kleinen Partner einer grossen Koalition unter Führung der CDU geworden.

 Wenn der oftmals lauthals proklamierte Politikwechsel von der SPD denn wirklich gewollt wäre, dann sollte man sich im Willy-Brandt-Haus in Berlin etwas mehr mit der harten Wirklichkeit befassen statt, euphorisiert, wie unter Drogen, jede Niederlage als grossen Sieg zu feiern, nur weil man etwas weniger verloren hat als die Konkurenz. Die SPD hat, laut Infratest Dimap bei der Wahl in Schleswig-Holstein 42.000 Stimmen an die Nichtwähler verloren und liegt damit knapp hinter der CDU an zweiter Stelle. Nichtwähler, aber sind potentielle Anhänger der Partei, die, verärgert, ihre Stimme nicht der SPD geben, aber auch keine andere Partei wählen wollen.

 Würde Gabriel denn wirklich nach Gründen für das miserable Abschneiden seiner Partei suchen, so könnte ihm hier schon die Wahlanalyse von Infratest Dimap weiterhelfen. 64% der schleswig-holsteinischen Wähler bekannten sich zu der Aussage „Man weiß nicht, welche Politik die SPD in Berlin vertritt“. Eine schallende Ohrfeige für den dicken Schwätzer aus Goslar.

 Schlimmer noch ist allerdings, dass die Wählerinnen und Wähler nicht nur der SPD eine eigene Identität absprechen ist, sondern dass neun Jahre nach Einführung der Agenda 2010 die Bürger der SPD immer noch den Verlust ihrer Prinzipien vorwerfen. Immerhin 58% der Wählerinnen und Wähler bejahten die Frage: Hat die SPD mit Hartz IV und der Rente mit 67 ihre Prinzipien aufgegeben?“ Eine Partei ohne Identität und Prinzipien aber ist in höchstem Masse überflüssig.

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