Montag, 25. Juni 2012

Rio hat gezeigt: Rendite geht vor Umeltschutz

 In Rio de Janeiro ist letzte Woche der Rio + 20 Gipfel der Vereinten Nationen zu Ende gegangen. Das Ergebnis stand schon bei Beginn der Konferenz fest. Die brasilianische Konferenzleitung hatte die Abschlusserklärung bereits geschrieben und sie mit sanfter Gewalt von den Teilnehmern verabschieden lassen. 130 Staats- und Regierungschefs mit ihren Delegationen waren also aus aller Welt angereist, nur um ein nichtssagendes Floskelpapier zu unterzeichnen.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte ihr Kommen ebenso wie US-Präsident Barak Obama ab. Merkel hatte sich geweigert nach Rio zu fliegen, weil sie die schlechte Presse voraus gesehen hatte und nicht ihr Bild als „international leader“, das ihr die heimische Journalie angedichtet hat, gefährden wollte. Deutschland entsandte die plolitischen „Schwergewichte“ Umweltminister Altmeier und Entwicklungsminister Niebel.

 So fand auch der Umweltgipfel in der heimischen Medienlandschaft praktisch nicht statt. Ging es doch auch bei dieser konferenz um nicht mehr und nicht weniger, als um das Überleben der Menschheit.  Aber Umweltschutz, Resourcenschonung, Nachhaltigkeit, dass passt nicht so recht in eine Welt der Finanzkrisen und der damit verbundenen Forderung nach mehr Wachstum. Wachstum um jeden Preis, so als habe es in den letzten zwanzig Jahren kein Wachstum gegeben. Dabei ist der Welthandel in der Zeitspanne von 1990 mit 3, 449 Billionen Dollar zu 2011 mit 18,217 Billionen Dollar, um das 5,3 fache, gestiegen.

 Dieses Wachstum hat aber keineswegs zu einer Verbesserung der Lebensumstände für den grössten Teil der Menschheit geführt. Eine Milliarde Menschen leiden an Hunger, 800 Millionen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser. Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren und 37.000 Menschen sterben jeden Tag an Hunger und Unterernährung.

 Dabei hat die Umweltverschmutzung weiter zugenommen. Ein Beispiel: Die weltweite Förderung der Steinkohle wurde von 1990 mit 3, 743 Milliarden Tonnen auf 6,006 Milliarden Tonnen im Jahre 2009 gesteigert, das sind 61%. Die meiste Kohle wird mittlerweile von China verbrannt. Chinas Anteil am Welt-Kohle-Verbrauch lag 2008 bei 45,9%, Tendenz steigend. Der Verbrauch von Kohle wuchs in den letzten 20 Jahren doppelt so stark wie der Gasverbrauch und viermal so stark wie der Öldurst der Erde. Dabei ist Kohle die schmutzigste aller fossilen Energieträger.

 Nun sollte aber niemand mit dem Finger auf China zeigen. Einen Grossteil unseres Energiehungers haben wir einfach nach China verlagert. Viele Produkte unseres täglichen Lebens, die wir vor einigen Jahren noch selbst produzierten, werden jetzt in China hergestellt. In Zeiten einer globalisierten Wirtschaft werden immer mehr Waren, die Lohnintensiv sind, in die Schwellenländer verlagert. Dort wird mit viel Muskelkraft und einer veralteten technischen Ausrüstung eine Unmenge Energie verschwendet.

 Dazu kommt ein wenig nachhaltiges Verbraucherverhalten bei uns. Waren, die früher über mehrere Jahre benutzt wurden, sind heute Modetrends unterworfen und werden oftmals nach nur einmaligem Gebrauch weggeworfen, oder für ewige Zeiten in den Keller oder auf dem Dachboden verbannt und durch Neue ersetzt. Wer kennt sie nicht, die bange Frage, welche Farbe denn dieses Jahr der Christbaumschmuck haben muss? Wurde früher der wertvolle Baumschmuck aus dem Erzgebirge oder dem Schwarzwald jedes Jahr wieder verwand und teilweise sogar über Generationen vererbt, so muss heutzutage jedes Jahr ein komplett neuer Satz an Weihnachtsdeko angeschafft werden. Töpfe, Pfannen, Geschirr aus Porzellan oder Keramik, alles muss nach wenigen Jahren ausgetauscht werden, weil es aufgrund mangelnder Qualität oder weil es unmodern geworden ist.

 Am schlimmsten hierbei ist sicher der Bereich der Mode. Textilien oftmals unter menschenunwürdigen Verhältnissen in der dritten Welt hergestellt und um den gesamten Erdball transportiert, landen hier auf den Wühltischen der Discounter und werden für wenige Euro verramscht (Geiz ist geil). Die Kosten die durch die Schädigung der Umwelt, durch Chemikalien zum Reinigen und Färben von Baumwolle, oder dem Gerben und Färben von Leder und dem Transport mit Schiff und Flugzeug entstehen, sind natürlich nicht in die Preise der Hemden, Hosen, Kleidern und Schuhen eingerechnet.

 Eine Jeans, so hat es die Organisation Südwind, Institut für Ökonomie und Ökumene, einmal errechnet, ist über 50.000 km gereist, also mehr als einmal um die Welt, bis sie beim Verbraucher in Europa angekommen ist.

 In Nordindien wird die Baumwolle durch Pflücken in Handarbeit oder unter Verwendung von Entlaubungschemikalien mit Maschinen geerntet. Danach wird sie 4.800 Kilometer in die Türkei zum Verspinnen geschickt. Von der Türkei geht es zurück nach Asien. In Taiwan wird das Garn mit chemischer Indigofarbe eines bekannten Chemieproduzenten aus Deutschland eingefärbt. Die Jeans hat 15.000 Kilometer zurückgelegt.  Die gefärbte Baumwolle wird nun nach Polen versand wo sie zu Stoff verwebt wird (27.000 Kilometer).  Auf den Phippinen wird aus dem Stoff, dem Innenfutter, den Wasch- und Bügelhinweisen auf textilen Schildchen aus Frankreich und Knöpfen und Nieten aus Italien eine Hose oder Jacke gefertigt (42.300 Kilometer). Danach reist das gute Stück nach Griechenland, wo es mit Bimsstein behandelt wird, damit es wie verwaschen aussieht (54.000 Kilometer), und wird von da über den Grosshandel an die Einzelhändler nach Deutschland ausgeliefert. Die Hose oder die Jacke sind jetzt 56.000 Kilometer durch die Welt gereist. Ein Wahnsinn wenn man bedenkt, wieviel Schweröl als Treibstoff für die Schiffe und wieviel Flugbenzin verbrannt und als Kohlendioxyd in die Luft geblasen wird.

 Die globalisierte Wirtschaft verlangt nach immer mehr Verbrauch, der angeheizt wird durch immer geringere Preise. Dabei ist nachhaltiges Wirtschaften, Schutz der immer weniger werdenden Resourcen und Umweltschutz eher hinderlich. Eine weltweite Konferenz ist unter diesen Vorraussetungen, nicht das Kerosin wert, dass die Teilnehmer zum Tagungsort nach Rio vergflogen haben. So lange wir nicht bereit sind, wirklich alle Kosten zu tragen, die die Produktion und der Transport einer Ware verursacht, kann es zu keiner Verbesserung im Bereich der Umwelt kommen.  Und dass das nicht geschieht, dafür sorgen schon diejenigen, die an der Globalisierung verdienen und ihre willfährigen Helfer in der Politik. Heute wird Kasse gemacht. Die Probleme der grenzenlosen Ausbeutung von Natur und Umwelt entstehen werden an die kommenden Generationen vererbt.

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