Freitag, 20. Juli 2012

100 Milliarden, die am allerwenigsten den Spaniern helfen

Wer sich gestern dem Matyrium ausgesetzt und die Bundestagsdebatte zu dem !00 Milliarden-Hilfspaket des EFSF für die spanischen Banken auf Phoenix angesehen hat, der konnte deutlich das schlechte Gewissen der Abgeordneten der neoliberalen Einheitsfront aus CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen heraushören. Zunächst Finanzminister Schäuble in seiner Regierungserklärung und anschliessend beinahe alle Redner nach ihm, verwendeten grösste Mühe darauf, abzustreiten, dass das Geld direkt den Banken zufliesse. Das Geld leihe man dem spanischen Staat, der bürge dafür und der verteile es nach strengen Kriterien an die einzelnen Institute.

 Auch wurde immer wieder aus den Ausführungsbestimmungen des Hilfskredits zitiert. Banken könnten auch abgewickelt werden, Managergehälter seien begrenzt, die Banken würden streng überwacht. Jeder der Ohren hatte zu hören, dem war klar, die Herrschaften hatten ein schlechtes Gewissen. Deswegen wurde auch immer wieder, nicht wörtlich, man hat schliesslich dazu gelernt, auf die Alternativlosigkeit der Finazhilfe hingewiesen. CDU Kauder bemühte mal wieder die kleinen Sparer, die alles verlören, wenn man die Banken nicht stütze. Eine Lüge, die auch durch mehrmaliges Wiederholen nicht an Wahrheit gewinnt.

 Das schlechte Gewissen ist auch mehr als angebracht. Das Konstrukt, den Banken Geld aus dem EFSF zu leihen, mit dem Umweg über die spanische Regierung, die es mit der linken Hand annimmt und mit der rechten eins zu eins an die Banken weiter reicht, ist nichts weiter als eine dreiste Rechtsbeugung. Das Gerede von der Hilfe bei der Umstrukturierung des spanischen Bankwesens ist, sieht man sich einmal die Zahlen an, nichts weiter als eine weitere Nebelkerze zur Verschleierung der Wahrheit.

 So werden bereits Immobilienkredite in einer Höhe von 155, 8 Milliarden Euro, Tendenz steigend, bei den spanischen Geldhäusern nicht mehr bedient. Da sind 100 Milliarden Finanzhilfe bestenfalls eine Liquiditätsspritze vorrübergehender Natur. Keine Frage, in Kürze wird eine zweite und danach eine dritte Anfrage um Finazhilfe kommen. Das sehen die europäischen Banken übrigens unisono ähnlich. Auf dem privaten Bankenmarkt bekommen die Spanier keinen Cent Kredit mehr.

 Der einzige Ausweg, die Banken leihen sich das benötigte Geld bei der spanischen Notenbank. Allein in einem halben Jahr, stiegen die Ausleihungen von 188 Milliarden Euro um 149 auf 388 Milliarden Euro. Die spanische Notenbank leiht sich widerum das Geld von der Europäischen Zentralbank EZB. Hier stieg der Saldo zwischen Einlagen und Ausleihungen von -150 Milliarden auf -371 Milliarden Euro. Zum Vergleich, im gleichen Zeitraum stieg das Guthaben der Bundesbank bei der EZB von 265 Milliarden um 463 auf 728 Milliarden Euro. Das heisst die spnischen Banken sind bei den wenigen Netto-Guthaben-Ländern, neben Deutschland noch die Niederlande, Finnland und Luxemburg bereits mit 371 Milliarden Euro verschuldet. Bei einem Ausfall zahlen letzten Endes die Steuerzahler dieser Länder die Zeche.

 Allein schon aus diesen wenigen Zahlen geht hervor, dass die 100 Milliarden eine reine Liquiditätshilfe für die spnischen Geldhäuser sind, die den Bürgern Spaniens kein bisschen helfen.  Spaniens Problem ist die Immobilienkrise. In Spanien stehen etwa 700.000 Immobilien leer und täglich werden es mehr, da säumige Zahler aus ihren Häusern und Wohnungen geworfen werden. Diesen Menschen droht nach einer kurzen Übergangszeit sofort die Obdachlosigkeit. Die Wohnungen und Häuser aber sind nicht mher zu verkaufen, stehen über Monate und Jahre leer und verfallen.

 Eine Abwärtsschraube ohne Ende ist in Gang gesetzt. Durch die ungeheure Zahl an Leerständen verlieren alle Immobilien an Wert. So ist der Quadratmeterpreis spanischer Immobilien von Juni 2008 bis Juni 2012 von 2489 Euro auf 1790 Euro gefallen, das entspricht 28%. Allein in den letzten 12 Monaten betrug der Wertverfall 6,9%.

 Paralel zum Wertverlust der Immobilien stieg die Arbeitslosigkeit rasant an. 25% der spanischen Arbeitnehmer sind mittlerweile ohne Beschäftigung. 1 Million Familien sind ohne jegliches Einkommen.

 100 Milliarden Euro nicht für die Banken, sondern für ein Programm aufgewandt, das es den in Not geratenen spanischen Wohnungsinhabern und Häuslebauern ermöglichen würde ihre Wohnungen und Häuser zu halten, beispielsweise durch verbillige Kredite oder Stundungen, würde den Menschen viel Not und Elend ersparen. Durch einen dann erheblich geringeren Leerstand würde diese Massnahme automatisch zur Werterhaltung aller immobilien in Spanien beitragen. Die spanischen Banken hätten letzten Endes erheblich weniger Totalverluste, und sie müssten den Wert, der als Sicherheiten in ihren Büchern stehenden Immobilien, nicht ständig nach unten korrigieren, was dazu beitragen würde ihre Bilanzen zu verbessern.

 Aber um eine Hilfe für die Menschen in Spanien geht ja gar nicht. Es geht einzig und allein darum, mit öffentlichen Geldern, die privaten Investments zu retten. Aber davon hat gestern im Bundestag kein Abgeordneter von den Blockparteien auch nur ein Wort gesprochen.

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