Sonntag, 5. August 2012

Die phantastische Welt des Rainer Brüderle

 Die Welt des Rainer Brüderle scheint eine andere als die zu sein, in der wir, die normal Sterblichen, uns bewegen, eine Welt in einer, uns vollkommen fremden, fernen Galaxie. Am Freitag hat er anlässlich eines ARD-Interviews zu den Beschlüssen der EZB vom Donnerstag davon erzählt.

 Da ist zum Beispiel die Welt der Banken. Dimetral entgegengesetzt der unseren. In Brüderles Welt, weit entfernt, in dieser unbekannten Galaxy, da nehmen die Banken das Geld, dass sie von den Sparern treuhänderisch bekommen und leihen es an die Wirtschaft und an Staaten aus. Brüderle: „…wenn man Geld ausleiht und die Banken und Versicherungen leihen ja unser Geld aus.“

 Bei uns, in unserer Welt ist das ganz anders. Da nehmen die Banken ein kleines bißchen von unserem Geld und leihen sich ganz viel bei den staatlichen Notenbanken dazu. Auf jeden eigenen Euro kommen da 50 bis 75 geliehene Euro. Dieses Geld , dass sie sich für 0,75% geliehen haben, geben sie dem Staat, der es ihnen geliehen hat wieder zurück, als Dahrlehen. Dafür verlangen sie jetzt aber, von Italien über 6%, von Spanien über 7% und von Griechenland über 12%. Die Differenz streichen sie als Gewinn ein.

 Schön sagen da wir Sparer, das verspricht ja einen Batzen Geld auf unserem Konto. Nehmen wir einmal an, die Deutsche Bank leiht Spanien 1 Million Euro, dann kassiert sie dafür jährlich 70.000 Euro Zinsen. 20.000 dieser einen Million hat sie von uns bekommen und 980.000 von der EZB zu 0,75%. Sie muss also der EZB am Jahresende 7.350 Euro Zinsen überweisen. Bleibt ein stolzer Gewinn von 62.650. Seien wir grosszügig und überlassen wir der Deutschen Bank die 2.650 für ihre Mühen, so bleiben für uns Sparer 60.000 Euro Gewinn. Umgerechnet auf unseren Einsatz, von 20.000 macht das Summa summarum 300%, die uns die Deutsche Bank auf unserm Konto als Zinsgewinn gutschreibt.

 Stimmt nicht höre ich da? Bestenfalls gibt es auf Tagesgeld 2,5% Zinsen, das gute alte Sparbuch bringt es mit Ach und Krach auf 0,5%. Ja das ist eben der Unterschied zwischen unserer Welt und der Welt des Rainer Brüderle, in der Alle, aber besonders die Banken und Versicherungen ausschliesslich edel und gut sind.

 Noch ein Beispiel dafür wie weit Brüderles Welt von der unseren entfernt ist? In der anderen, der schönen Welt des Rainer Brüderle, gibt es eine Gefahr vor der alle zittern und die dazu geeignet ist das ganze wunderbare Gefüge der Wirtschaft auseinander zu sprengen: Die Inflation. Alles Sinnen, alles Trachten der Ökonomen ist darauf ausgerichtet eine Inflation zu verhindern. Sogar die Zentralbank hat nur dieses eine Ziel: „…sie hat ausschliesslich einen Auftrag, für die Stabilität unserer Währung, unseres Geldes zu sorgen.“

 Nicht für Arbeitsplätze, nicht für eine floriernde Wirtschaft nicht als Schutzwall gegen feindliche Spekulationsangriffe auf unser Geld ist sie verantwortlich, einzig für Stabilität. Solange bis alles in Scherben fällt. Das ist aber auch nötig. In Brüderles Welt nämlich, geben die Banken alles Geld, dass sie von der Zentralbank so günstig bekommen, ebenso günstig an die Bevölkerung weiter. Und die Menschen, glücklich über das viele billige Geld auf ihrem Konto stürmen los und kaufen, kaufen, kaufen.

 Das führt natürlich dazu, das die Waren sehr bald knapp werden. Also erhöhen die Geschäftsleute die Preise. Enttäuscht, dass sie für ihr Geld immer weniger bekommen, fordern die Menschen mehr Geld für ihre Arbeit. In Brüderles Welt bekommen sie natürlich, ganz im Gegensatz zu der unseren, was sie fordern. Nun wieder gut bei Kasse laufen die Leute los und kaufen, kaufen, kaufen. So dreht sich das Rad immer schneller und am Ende ist das Geld nichts mehr Wert.

 Zum Glück ist es in unserer Welt grundsätzlich anders. Das Geld, das die Banken von der Zentralbank bekommen, geben sie natürlich nicht an die wild und besinnungslos konsumierende Bevölkerung weiter. Hier bei uns sind sich die Banken ihrer Verantwortung bewusst. Sie behalten das Geld lieber selbst und spekulieren damit weltweit auf Öl, Nahrungsmittel, Ackerland, Hauskredite, sie wetten gegen gutes Wetter, sie wetten gegen schlechtes Wetter, sie schliessen Wetten ab auf die nächste Naturkatastrophe, den nächsten atomaren Gau den nächsten brutalen Bürgerkrieg und die nächste katastrophale Hungersnot.

 So kommt das Geld nicht in den normalen Kreislauf aus Angebot und Nachfrage, und die Gefahr einer Inflation ist gebannt.

 Un da sind wir gleich beim nächsten gravierenden Unterschied zwischen der phantastischen Welt des Rainer Brüderle und der unseren. Da, wo der Brüderle herkommt, tragen die Banken das Risiko des Geldverleihens selbst. „Sie (die Banken) gehen ja hohe Risiken ein. Schauen sie mal, diejenigen, die griechische Staatsanleihen gekauft haben, die sind nicht glücklich damit. …Das Geld ist weg.“ „Das (die hohen Aufschläge auf die Zentralbankzinsen) sind ja Aufschläge, weil eben die Risiken hoch sind,“ Das versteht ein jeder. Wenn die Banken hohe Risiken eingehen, dann müssen sie auch entsprechend verdienen, um nicht eines Tages pleite zu gehen.

 Und auch hier sind wir wieder besser dran, als die Bewohner dieser fremden, fernen Galaxy aus der Rainer Brüderle auf unsere Erde gefallen ist. Hier bei uns werden die Banken von jeglichem Risiko befreit. Geht mal eine Milliardenwette daneben und in den Tresoren der Banken ist nichts mehr zu finden ausser ein paar alten Spinnweben, dann kommen die Menschen, die der Bank in grosser Zuneigung verbunden sind, öffnen ihre Geldschatullen und schütten den Inhalt mit Freude in den leeren Banktresor. Dafür bekommen sie von den Managern, die sich mal gleich ihre Provisionen aus dem prall gefüllten Geldspeicher genommen haben, ein freundliches: "Vergelds Gott!" Nur hat der leider seine Taschen zugenäht. Also bleibt nichts anderes übrig, als in die Hände gespukt und das Bruttosozialprodukt gespeichert.

 Nun gibt es allerdings Menschen, böse Menschen, Verschwörungstheoretiker, die behaupten, die Welt des Rainer Brüderle gebe es gar nicht. Sie sei frei erfunden. Brüderle sei ein bösartiger alter Mann, der nur eines im Sinn habe, nämlich die Menschen zu täuschen, damit seine Freunde aus der Hochfinanz, die Besitzer von Vermögen weit über etliche Millionen Euro hinaus, sich noch unbehelligter die bereits gut gefüllten Taschen vollstopfen können.

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