Montag, 22. Oktober 2012

Die wild wuchernde Welt der Spekulation ist die grösste Gefahr für die Menschen

  Sinnloses, wertloses Geld auf den Konten der Finanzindustrie, vernichtet ungeheure Mengen an natürlichen Recourcen. Endlos Zahlenreihen in den Computern von Banken, Versicherungen und Fonds führen zu Armut Hunger und Tod. Die wild wuchernden Finanzmärkte berauben die Menschen weltweit ihrer Zukunft.


 Es gibt zwei Welten, die paralel nebeneinander existieren. Die eine ist die der Dinge, die man greifen, sehen, befühlen kann. Die andere, das ist die der Zahlen, des Geldes. Im Normalfall sollte die reale Welt, die der Zahlen beherrschen. Das heisst, ein Bauer, ein Handwerker, ein Dienstleister erzeugen Weizen, Kartoffeln oder Fleisch, sie bauen ein Haus, reparieren ein Auto, verlegen elektrische Leitungen oder fertigen einen Schrank, sie schneiden die Haare, fahren Taxi oder stellenTelefonanschlüsse zur Verfügung. Für die Erzeugnisse und Dienstleistungen erhalten sie von ihren Kunden einen Geldbetrag, dessen Höhe sich durch Angebot und Nachfrage regelt. Die Erzeuger oder Dienstleister bezahlen ihre eigenen Rechnungen und legen das übrig gebliebene Geld auf der Bank oder Sparkasse an. Diese sorgen mit der Vergabe von Krediten, Darlehen und Hypotheken für Wachstum in der Wirtschaft.

 So sah sie aus, die schöne übersichtliche Welt der Wirtschaft, bevor in den 80er und 90er Jahren diese Welt auf den Kopf gestellt wurde. Die Herren der Finanzen übernahmen ab jetzt das Ruder. Sie begannen damit den Wert des Geldes zu verändern. Geld war ab sofort kein Mittel zum Zweck des wirtschaften mehr, sondern es mutierte zum eigentlichen Zweck des wirtschaftens. Nicht mehr die Erzeugung von Waren und Dienstleistungen erbrachte Geld und Gewinn, sondern das Geld selbst wurde zum grössten Erbringer von Geld.

 Nicht mehr die Druckerpressen der staatlichen Gelddruckereien stellten das Geld her. Ab jetzt wurde Geld durch einen einzigen Click am Computer erzeugt. Nicht mehr der Handel mit Waren stand im Vordergrund sondern der Handel mit Geld oder Papieren, die Geld darstellten, ihren Besitzern bestimmte Optionen auf Geldgewinn versprachen.

 Mittlerweile beträgt der Umsatz an den Finanzmärkten ein vielfaches des Umsatzes der Realwirtschaft. 420 Billionen US-Dollar werden jährlich an den Finanzmärkten umgesetzt, dagegen nur bescheidene 11 Billionen US-Dollar im realen Welthandel, also dem Handel mit Gütern und Dienstleistungen.

 Das klingt alles sehr theoretisch, so als hätte es keinerlei Auswirkung auf unser tägliches Leben. Aber die Auswirkungen sind gewaltig und sicher nicht zum Vorteil der Verbraucher, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wer das Geld hat, der hat die Macht. Und so wird die Realwirtschaft heute von der Finanzwirtschaft beherrscht.

 Die Herrscher über die Zahlenkolonnen in den Computren aber sind nicht zimperlich wenn es darum geht, die Nullen hinter den Einsen zu vermehren. Sie erzeugen künstlich Angebotsschwemmen oder Angebotsknappheit.  Haben sie bei einem bestimmten Gut, sagen wir einmal Weizen, auf höhere Preise gewettet, so verknappen sie die Weizenernte, indem sie die Silos weltweit zum Überlaufen bringen, während der Brotpreis bis ins Unbezahlbare steigt. Sind sie der Meinung, der Preis für eine Ware müsse sinken, so überschwemmen sie die weltweiten Märkte mit Kaffee oder Baumwolle, was die Erzeuger dieser Produkte in die Armut treibt. Eines allerdings ist gewiss, die Zahlenreihen, die Anzahl der Nullen auf den Konten der Finanzwirtschaft werden länger, egal ob ein Preis steigt oder fällt.

 Dieses Geld absolut irreal, durch keinerlei echten Gegenwert gedeckt, von seinen Besitzern nicht benötigt um damit reale Waren zu kaufen, sucht nach neuen Anlagemöglichkeiten. Es wird um die Welt gejagt um neue Spekulationsblasen zu erzeugen. Das führt auch zu falschen Signalen an die Realwirtschaft.

 Ein Ölboom wird erzeugt, weil Händler rund um die Welt Öl kaufen. Der Preis für Öl wird in schwwindelerregende Höhen getrieben, weil man jeden Seelenverkäufer mit dem schwarzen Gold füllt und ihn dann irgendwo in einer gottverlassenen Meeresbucht an die Kette legt, um den Preis noch weiter in die Höhe zu treiben. Schiffsraum wird knapp. Alsowird in Tankerflotten investiert. Neue Riesenschiffe werden gebaut. Die Stahlpreise steigen. Darauf haben die Händler an den Börsen gewettet. Sie machen nicht nur mit Öl, sondern jetzt auch mit Stahl, Geld.

 Irgendwann kippt der Boom beim Öl. Die Spekulanten dieser Welt haben am Boom verdient. In dem Schneeballsystem sind zu viele Nachahmer auf den rasenden Zug aufgesprungen. Die Zocker wetten nunmehr auf sinkende Preise. Dafür landen sie die gehorteten Ölmengen in den Ölhäfen dieser Welt an. Der Ölpreis sinkt. Keiner braucht mehr Frachtraum für Erdöl. Die eben noch gebauten Riesentanker werden stillgelegt, und wenn nicht bald wieder ein Bomm beim Erdöl kommt, dann werden sie nach ein paar Jahren verschrottet. Ungeheure Mengen an Resourcen sind für den Bau der Tanker verschwendet worden, Existenzen, die auf bezahlbare Energien angewiesen sind, wurden zerstört, nur um die Gewinne der Reichen und Superreichen zu vergrössern.

 Ist der durch nichts zu rechtfertigende, steigende oder fallende Ölpreis eher ein Luxusproblem der reichen Industrieländer, so geht es bei der Spekulation mit Lebensmitteln und Ackerflächen für Millionen Menschen buchstäblich um Leben und Tod. Immer wieder kommt es in den Ländern der Sahelzone im Norden Afrikas, in Somalia, Äthiopien, Eritrea, Lateinamreika, in Südostasien zu gewaltigen Hungerkatastrophen. Die Landwirtschaft ist heute in der Lage die doppelte Menge an Manschen zu ernähren, die derzeit die Erde bevölkern. Warum also müssen immer noch Menschen an Hunger sterben? Alle fünf Sekunden stirbt weltweit ein Kind an Hunger oder den damit verbundenen Krankheiten.

 Das liegt daran, dass die Finanzwelt heute mit der Produktion von Lebensmitteln als auch mit der Nichtproduktion von Lebensmitteln Geld verdient. Getreide wird künstlich verknappt um die Preise in die Höhe zu treiben, andere Bedürfnisse, meist in den reichen Ländern, werden geweckt, die es den Erzeugern von Lebensmittelgetreide gewinnbringender erscheinen lässt Treibstoff für Autos zu produzieren. Die Nachfragen nach Fleisch wird gesteigert und das Getreide verfüttert für die Produktion von Steaks und Würsten. Die Bauern in den Entwicklungsländern werden dazu angehalten Baumwolle oder Ölpalmen für den Export auf ihren Äckern anzubauen, anstatt Hirse oder Maniok für den eigenen Bedarf. Wenn sie nicht selbst ihre Produktion umstellen, nehmen ihnen sogenannte Landgrabbingfonds ihr Land und das Wasser und spekulieren damit in den USA, China, Japan und Europa.

 Bricht dann wieder eine Hungersnot aus, und die Bilder von apathisch dreinblickenden Kindern mit Hungerbäuchen in den öffentlichen Medien wollen kein Ende nehmen, dann treffen sich die Fondinhaber der Landgrabbing- oder Agrarfonds zu ihren alljährlichen Charityveranstaltungen. Dort fressen sie das mit wertvollem Getreide produzierte Fleisch, das in Gebieten mit permaneter Wasserknappheit erzeugte Gemüse und Obst, saufen edlen Wein aus Chile oder Südafrika und spenden zum Schluss einen Tausender, den sie lässig aus der Hosentasche ziehen, für „die armen Negerkinder“.

 Geld, das keiner wirklich braucht, das sich in immer weniger Händen immer rasanter vermehrt, produziert Armut, Hunger und Tod. Es ist schlimmer und perverser als ein Krieg mit Panzern und Bomben. Geht es in Kriegen, in denen Menschen ihr Leben lassen, um Land, Religion, Rohstoffe, Wasser, so geht es hierbei um keinerlei greifbare Werte, nur um die Vermehrung sinnloser Nullen in den Computern der Finanzindustrie.

1 Kommentar:

  1. Und was kann mensch dagegen tun???

    Fragt (sich) mit Brechreiz, in ohnmächtiger Wut:

    Lieschen Müller

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