Sonntag, 21. Oktober 2012

Wohltätigkeit gegen die Langeweile

 Nicht das schlechte Gewissen treibt sie an. Pure Langeweile befeuert die Wohltätigkeitbälle der reichen und Superreichen.

 Jetzt, da die Tage kürzer und die Nächte länger werden beginnt sie, die grosse Zeit der Blutsauger. Jetzt treffen sie sich oft mehrmals in der Woche zu ihren Bällen, Wohltätigkeitsveranstaltungen und Charitypartys. Das ganze Jahr über haben sie sich an den Sonnenstränden der Welt herumgetrieben, haben die Tage am Pool verdöst, sich die Zeit mit Partys und Shopping vertrieben. Ihre Yachten lagen an den Piers von Cannes, Nizza, Monte Carlo oder entlang der Küsten von Mallorca.

 Sie haben das Frühjahr und den Sommer damit verbracht, das Geld auszugeben, das andere für sie im Schweisse ihres Angesichts verdient haben. Sie haben die warme Zeit des Jahres in ihern Villen verbracht, keine unter 300 Quadratmeter Wohnfläche mit Pool, Marmorbädern, Badezimmern grösser als eine Zweizimmerwohnung im grauen Deutschland, während ihre Arbeiterinnen in China, Vietnam oder Kambodschas zu dritt in einem Verliess von 12 Quadratmetern gehaust haben, mit einer verdreckten Stehtoilette in Hof, für mehrere hundert Frauen.

 Ihre Möbel, ihre Terrassen, Fussböden, Wandvertäfelungen sind aus den feinsten Hölzern der Erde. Das Holz uralter Bäume, geschlagen in den Regenwälder am Amazonas, im Kongodelta auf Sumatra und Borneo. Einer dieser Riesen war eine kleine Welt für sich, ein Microkosmos, Lebensraum für unzählige Pflanzen- und Tierarten die wiederum den Ureinwohnern Nahrung, Unterkunft und Medizin gaben. Nun dienen sie, ihres Lebens beraubt, der Länge nach in Bretter zersägt, gehobelt und poliert denen, die sich alles leisten, als Prestigeobjekt.

 Sie haben ihre Swimmingpools mit Wasser gefüllt, während rundherum die Äcker verdorrten. Mit ihren Autos, Motoryachten, Hubschraubern und Privatjets, haben sie, just for Fun, mehr Energie verbraucht und Abgase in die Luft geblasen, als die armen Bauern des Südens mit ihren klapprigen Traktoren auf den Feldern, und ihren Motorpumpen, mit denen sie die letzten Tropfen Wasser aus der Tiefe an die Oberfläche pumpen, jemals verbrauchen können.

 Sie haben sich auf Wellnessfarmen und in Schönheitskliniken, Falten beseitigen lassen und das überschüssige, mit Häppchen und jeder Menge Alkohol, angefressene und angesoffene Fett absaugen lassen, haben sich Frischzellenkuren unterzogen, sich teuren Entwöhnungskuren von Alkohol und Kokain unterzogen, während es in den armen Ländern des Südens am Geld für Ärzte, den einfachsten Medikamente und sauberen Kliniken mangelt.

 Aber nun, da auch an den südlichen Stränden die Tage kürzer werden, die Strandbars und In-Treffs schliessen sind sie zurück. Die Zeit, bis zur Skisaison in den Schweizer Alpen mit ihren Eisbars, den Cocktails, den Apresskipartys, den Pelzmodeschauen und den Soirees der Schmuckcouturiers muss überbrückt werden.

 Da entdecken die Schönen, die unfassbar Reichen und ihre Clowns aus Sport und Showgeschäft ihr Herz für die Armen, die Kranken und Hungernden dieser Welt. Für diese paar Übergangsmonate, zwischen Sommer und Winter, zwischen Sonne und Schnee sind nun die Ballsääle die Hotspots der Society. Ein Auftrieb der Designerfummel, ein Schaulaufen der Eitelkeiten auf den roten Teppichen. Dem staunenden Volk vorgeführt von Fernseh- und Fotokameras in den bunten Blättern von Bauer und Burda und den Boulevardmagazinen der Fernsehanstalten.

 Man feiert sich bei sündhaft teurem Essen, Lifemusik und ganz nebenbei veranstaltet man eine Tombola zugunsten der Aidshilfe, der SOS-Kinderdörfer, der Ärzet ohne Grenzen oder der Äthiopienhilfe. Und wenn dann der Morgen heraufzieht, wenn die schwer beladenen Buffets leergegessen, die Champagnerflaschen leergetrunken, die Kokainlinien eingezogen sind, wenn die Helden der Nacht betrunken, müde und mit Sodbrennen das Schlachtfeld der milden Gaben verlassen haben, dann verkündet irgendwann irgendjemand, das der Erlös des Abends erstaunliche 100.000 oder 200.000 Euro gross sei. Ein Betrag, den jeder einzelne von ihnen in einem Monat für Kosmetik und Coiffeur ausgibt.

 In ein paar Tagen wird man sich wiedertreffen in Düsseldorf, München oder Berlin. Die gleichen Leute mit ihren Hofschranzen, Gaucklern und Narren. Sie werden wieder über das Büffet herfallen, den Champagner ohne Sinn und Verstand in sich hineinschütten und bei der Tombola ein paar Lose kaufen für tausend oder mehr Euro zugunsten irgeneines guten Zweckes. Egal, Hauptsache man schlägt die Zeit irgendwie tot.

1 Kommentar:

  1. Dem ist nichts hinzuzufügen, es kommt einem das würgen wenn dann noch behauptet wird dieses dekadente Pack stellt unsere Elite dar...

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