Mittwoch, 24. Oktober 2012

Milliardenvermögen von zweifelhaftem Wert

 Auf der einen Seite 4,5 Millionen HartIV-Bezieher, auf der anderen Seite 8 Millionen Superreiche, die zusammen 5,3 Billionen Euro besitzen. Auf der einen Seite Schmarotzer, Nichtsnutze, auf der anderen Seite wertvolle Mitglieder der Gesellschaft? Zweifel sind erlaubt.

 520.792 Sanktionen gegen HartzIV-Empfänger haben Arbeitsagenturen und Jobcenter bis Ende Juni ausgesprochen. Damit, so rauschte es triumphierend durch den deutschen Blätterwald, könne zum Ende diesen Jahres erstmals die Zahl von einer Million Sanktionen erreicht werden. Bei einer Gesamtzahl von ca. 4,5 Millionen Hatz IV-Empfängern bedeutet das, selbst wenn man einrechnet, dass einige der Arbeitslosengeld 2-Empfänger mehrfach sanktioniert wurden, dass fast jeder Vierte in diesem Jahr schon einmal von seiner Arge gemassregelt wurde.

 Die Arbeitsagentur scheint intern ein Guinessbuch der Rekorde zu führen. Im Rausch der Rekorde, wird dann sanktioniert was das Zeug hält. Zur Jahresmitte werden dann schon einmal Prognosen für das Jahresende abgegeben, die die Bildzeitung und in ihrem Gefolge, alle anderen Blätter lustvoll bekanntgeben. Zum Jahresende dann, gibt es einen Tusch, der Vorhang geht auf und in goldenen Lettern leuchtet dann an der Wand die Zahl 1.000.000, - neuer Rekord.

 Die Bildzeitung ist begeistert. Ihre fähigsten Journalisten setzen sich zusammen und schreiben eine Story von den faulen Hartzern, dem undankbaren Pack, das sich auf Kosten der fleißigen Deutschen ausruht und noch nicht einmal seinen Meldepflichten nachkommt. Vielleicht findet sich ja auch noch ein zweiter „Florida-Rolf“. Dann ist die Empörung der braven Deutschen doppelt gross und die Geschichte lässt sich doppelt so gut an die Agenturen verkaufen.

 Szenenwechsel. 10 Prozent der deutschen Bevölkerung hält ein Vermögen von 5,3 Billionen Euro. Die Zehn reichsten der Superreichen, Karl Albrecht 19,64 Mrd., - Berthold & Theo Albrecht junior & Familie, - 13,76 Mrd., Michael Otto & Familie, 13,61 Mrd., - Susanne Klatten, 10,05 Mrd., - Stefan Quandt, 8,66 Mrd., - Johanna Quandt, 7,73 Mrd., - Klaus-Michael Kühne, 7,57 Mrd., - August von Finck, 6,03 Mrd., - Hasso Plattner, 5,57 Mrd., und Curt Engelhorn, 5,10 Mrd., bringen es zusammen auf 97,72 Mrd. Euro, was in etwa einem Prozent aller deutschen Vermögen entspricht.

 Wie kann es sein, dass in ein und demselben Land 4,5 Millionen Menschen leben, die praktisch gar nichts haben, die sich dazu noch von der veröffentlichten Meinung als arbeitsscheue Schmarotzer beschimpfen lassen müssen, auf der anderen Seite etwa 8 Millionen Menschen, die zusammen über 5,3 Billionen Euro Vermögen verfügen. Wie häuft man ein Vermögen von 19,64 Milliarden Euro an, wie es Karl Albrecht getan hat. Da Albrecht praktisch nichts von seinen Eltern erebt hat, muss er das Vermögen also durch seiner Hände Arbeit verdient haben.

 Gehen wir davon aus, Albrecht und er steht hier nur stellvertretend für alle diese Inhaber von Riesenvermögen, hat in den letzten sechzig Jahren jeden Tag, Sonn- und Feiertage mitgerechnet 12 Stunden gearbeitet, so hätte er jede Stunde 74.581 Euro verdient. Das macht klar, Albrecht allein war gar nicht in der Lage die 19,64 Milliarden Euro zu verdienen. Disese Summe Geldes ist das Werk von tausenden Helfern. Männer und hauptsächlich Frauen, die in den Fillialen und den Logistikzentren gearbeitet haben. Die Einkäufer, Lagerarbeiter, Materialprüfer, Lastwagenfahrer, Kassiererinnen, Flilialleiter haben ein riesiges Vermögen erarbeitet, dessen einziger Nutzniesser ein Mann - Karl Albrecht ist.

 Warum haben alle diese Menschen solch grosse Vermögen, wohlgemerkt nicht die Firmen, denen sie vorstehen, sondern sie persönlich, und die Menschen, die in diesen Firmen arbeiten, besitzen nichts? Wo also sitzen die asozialen Schmarotzer? Womit keiner der oben genannten persönlich gemeint ist, oder beleidigt werden soll. Es ist eine Frage des Systems, das Leute, die durch widrige Umstände in Armut gefallen und auf die Solidarität Anderer angewiesen sind, als faule arbeitsscheue Schmarotzer diffamiert werden, und andere, die das durch viele tausend Hände erarbeitete Vermögen einzig und allein für sich reklamieren, als hoch angesehene Mitglieder der Gesellschaft gelten.

 Einmal abgesehen von der Frage der Rechtmässigkeit, mit der die Vermögen für eine einzelne Personen reklamiert werden, stellt sich doch die nächste Frage. Nämlich, ob es für eine Gesellschaft nützlich ist, wenn sich in einigen wenigen Händen Vermögen befinden die grösser sind als so mancher Staatshaushalt? Was macht ein einzelner mit einer so ungheuer grossen Summe Geldes? Verbrauchen kann er sie nicht. Sie ist letzten Endes wertlos, da Geld ja eigentlich nur ein Hilfsmittel beim Tausch von Waren ist. Der Bauer hat Weizen und braucht ein Pferd. Da der Müller, der vom Bauern den Weizen bekommt aber kein Pferd besitzt, dass er für den Weizen tauschen kann, gibt er dem Bauern Geld. Dieser geht damit zum Viehhändler, und erhält für sein Geld ein Pferd. Aber alle diese Superreichen haben schon alles. Sie brauchen nichts mehr. Also nutzt ihnen ihr vieles Geld gar nichts. Es ist letztlich wertlos.

 Ab hier wird diese Ansammlung von Geld zur Gefahr. Wertlos für seine Besitzer wird es zum Spekulationsobjekt. Länder, Staaten, Kommunen rund um den Globus, sie alle brauchen mehr Geld als sie einnehmen. Gierig saugen sie das Geld auf, verschulden sich von Jahr zu Jahr mehr. Niemals werden sie ihre Schulden zurückzahlen können. Aber sie können die Zinsen zahlen und die meisten von ihnen bieten genug Sicherheit, dass ihnen immer wieder neues Geld geliehen wird. Sie verpfänden dafür die Arbeitskraft, die Gesundheit und Wohlfahrt ihrer Bürger.

 Was passiert, wenn die Geldverleiher das Vertrauen in die verschuldeten Staaten verlieren, kann man nur zu gut an Griechenland, Portugal oder Spanien beobachten. Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, stehen plötzlich vor dem Nichts. Krankenhäusern fehlen die Medikamente und Renten können nicht mehr gezahlt werden.

 Nicht die, die als einzige die Verluste tragen könnten, diejenigen mit den Milliardenvermögen, werden in die Pflicht genommen, sondern diejenigen, die mit ihrer Arbeit erst die Vermögen geschaffen haben. Die Superreichen sind während der Banken und Staatsschuldenkrise nicht etwa ärmer geworden. Die meisten Vermögen haben sich weiter vergrössert. Geld, für seine Besitzer ohne jeden Wert, produziert immer mehr Armut.

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