Samstag, 10. November 2012

WAZ in der unseeligen Tradition deutscher Kriegsberichterstattung

„Der Angriff der Bundeswehr auf das afghanische Dorf Quatliam beginnt im Morgengrauen des 31. Oktober 2010. Gut 300 Fallschirmjäger aus Seedorf sitzen auf der Höhe 432 von ihren gepanzerten Fahrzeugen ab. Sie marschieren in loser Reihe vor. In Ihrer rechten Flanke afghanische Truppen, die linke Flanke sichern amerikanische Gebirgsjäger. Die Deutschen sind bereit zu kämpfen, bereit zu töten. Über ihren Köpfen donnern F16 Kampfjets. Apache-Hubschrauber kreisen. Schützenpanzer decken den Rücken. Die Fallschirmjäger aus Seedorf marschieren gegen Aufständische, gegen Taliban.“

 Dieses Schlachtengemälde entstammt nicht der Feder eines wildgewordenen „Landser“ Romanautoren, sondern ist der erste Abschnitt des WAZ-Artikels „Die erste Schlacht der Bundeswehr in Afghanistan“ vom 4. November. Geschieben hat das Pamphlet der WAZ-Recherche-Chef, David Schraven. Und der hat noch mehr zu bieten. Nach dem Motto, wir sind wieder wer, zaubert er auch einen echten adligen Oberstleutnant, Christian von Blumröder, als Kommandeur der deutschen Schlachter, aus dem Hut.

 Schaven schreibt sich regelrecht in einen Blutrausch: „Kugeln fliegen über die Köpfe seiner (von Blumröders) Männer. Ein Schützenpanzer Marder fährt auf eine Sprengfalle. Eine gewaltige Detonation.“  Einen Oberfeldwebel Kröger lässt Schraven sagen: „Wir dachten: ‚Jetzt bewegen wir etwas’, wir können unser Handwerk ausüben, in dem wir jahrelang geschult und trainiert wurden.“ En gewisser Hauptgefreiter Ben Jungmann, 21 weiß zu berichten: „Die Taliban kämpfen hart. Doch die Fallschirmjäger halten die Stellung. Kein Rückzug.“ Ist das nicht schön? Fast wie schon so wie damals, in Stalingrad: „Kein Rückzug!“

 Aber wie in jedem drittklassigen Kriegsfilm aus Hollywood droht auch hier ein Happy End. „Die Hilfe kommt aus Kunduz. Die Schwere Artillerie, die Panzerhaubitze 2000 feuert von dort – über mehrere Kilometer hinweg. Die Granaten detonieren nicht am Boden, sondern ein dutzend Meter hoch in der Luft. Damit die Splitter mehr Wirkung zeigen.“ Hauptgefreiter Jungmann erinnert sich:   „Das Treffergebiet sieht nach dem Schuss aus wie eine Wüste.- Danach ist Ruhe.“

 Fast hätte auch Schraven Ruhe gegeben. Aber wie bei jedem anständigen Fußballspiel gibt es auch beim Krieg spielen ein Ergebnis, das der Autor zwar nicht kennt, uns aber trotzdem bekannt gibt: „Die Toten des Kampfes hat niemand so genau gezählt.“ Mit leichtem Bedauern im Unterton fügt er noch hinzu: „In den Berichten ist die Rede von nur einigen wenigen toten Taliban.“

 Was aber soll uns diese Geschichte von Blut und Ehre sagen? Schraven hilft bei der Antwort: „Der Bruch in der Geschichte der Bundeswehr passierte in Afghanistan. Aus der Bürgerarmee der Wehrpflichtigen wurde innerhalb von zehn Jahren ein Berufsheer. Imstande, Krieg in der  Steppe Zentralasiens zu führen.“ Haben wir Deutsche es doch schon immer gewusst: Nichts härtet die deutsche Jugend mehr, nichts bringt die guten Eigenschaften deutscher Männer besser hervor als ein richtiges Stahlgewitter, dazu noch wie in Weltkrieg 2 in der Steppe Asiens.

 Nun wäre alles gut, gäbe es nicht die verweichlichten Zivilisten in der Heimat: „ Die deutsche Öffentlichkeit hat wenig  darüber diskutiert. Dafür aber über die Doktorarbeit von  Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und über einen Bombenabwurf auf Tanklaster in Kunduz“.

 Weltkrieg 1, Weltkrieg 2 und nun der Krieg in Afghanistan, immer stösst der feige Zivilist dem heldenhaft kämpfenden, niemals besiegtem deutschen Landser an der Front, meuchelnd das Messer in den Rücken.

 Es hat einmal Zeiten gegeben, da hätte sich nicht einmal die faschistische „Nationlzeitung“ getraut, solch einen Artikel abzudrucken. Der Autor huldigt ganz offen dem „Kiegshandwerk“, wie er es selber nennt.  Was unsere Truppen in einem Land machen, das tausende Kilometer von unseren Grenzen entfernt liegt, das uns weder gedroht, noch angegriffen hat, reflektiert der Autor zu keinem Zeitpunkt.

 Es bleibt völlig unerwähnt, dass die deutschen Soldaten in Afghanistan Besatzer sind. Nicht die Taliban sondern die Bundeswehr ist der Agressor in diesem Krieg. Wie ein Schwarm Heuschrecken sind unsere Soldaten aus der Luft über dieses Land hergefallen und haben ihre Regeln zu den Regeln der Afghanen erklärt. Sie haben sich Land genommen und ihre Camps aufgebaut. Sie haben sich durch hohe Stacheldrahtzäune Sprengwälle und Betonmauern von der Bevölkerung abgegrenzt. Wer sich ihnen, ihren Camps oder ihren gepanzerten Fahrzeugen unaufgefordert nähert, der wird erschossen.

 Sie haben ihre Kultur mitgebracht. In einem muslimischen Land erstrahlen am 24. Dezember hell erläuchtete Tannenbäume. Ein gewisser Chrisroph Scheibling, Dienstgrad ist mir leider nicht bekannt, Leiter des Musikcorps der Bundeswehr, ist 2009 und 2010 in den Zentralasiatischen Staat gereist, um den Afghanen die richtigen Flötentöne beizubringen. Nun marschieren die afghanischen Soldaten zu den Klängen von Preussens Gloria in die Schlacht. Ein schöner, beruhigender Gedanke.

 Niemand hat sie gerufen in Afghanistan, die deutschen Soldaten. Im Auftrag einer fremden Nation, den USA, töten Bundeswehrsoldaten in diesem fremden, uns Deutschen traditionel freundlich gesinnten Land. Ausschiesslich Freiwillige kommen zum Einsatz. Locken tut sie eine reichliche Entlohnung. Abenteuerlust und Geld sind die wahren Triebfedern für einen Afghanistaneinsatz. Alles Kriterien, die für Söldner gelten.

 In Kunduz wird nicht unsere Freiheit verteidigt. Dort wird die Expansionspolitik der Grossmacht USA mit ktiegerischen Mitteln durchgesetzt. Lassen wir uns nicht einreden, dass wir stolz sein müssten auf das Tun unserer Soldaten, dass wir ihnen den Rücken stärken müssten und ihnen dankbar dafür sein müssten, dass sie für uns ihr Leben riskieren.

 Die Soldaten kämpfen nicht für uns. Sie kämpfen einen unrechtmässigen Kampf für die USA und sie kämpfen für Geld, für einen höheren Sold.

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