Sonntag, 3. März 2013

Placebo-Demokratie, SPD "Bürgerkonvent"


 Politik entdeckt die Wähler. Die Grünen haben ihr Spitzenpersonal für die Bundestagswahl in einer Urwahl ihrer Mitglieder gekürt, die Kanzlerin reist mit viel Publicityunterstützung durchs Land und gibt in ein paar ausgewählten Städten einigen ausgewählten Bürgern die Möglichkeit, direkt mit ihr zu sprechen und jetzt glaubt auch die SPD sich volksnah und offen für „die Menschen draussen im Land“ zu geben. Nur die FDP hat solchen Mummenschanz nicht nötig. Ihr Interesse gehört sowieso nicht der breiten Masse, sondern einem winzig kleinem Kreis von Egomanen und asozialen Selbstbereicherern.

 Aber was uns die Parteien vorführen ist keine Mitbestimmung der Bürger sondern ein Placebo. So hat die SPD in mehreren Veranstaltungen unter dem Titel „Was muss in Deutschland besser werden“ abgehalten. Dort konnten die Teilnehmer Vorschläge für neue Politikansätze machen. Aus, angeblich 40.000 Vorschlägen von 3400 Teilnehmern, wurden dann 300 ausgelost, die nach Berlin zum „Bürgerkonvent“ eingeladen wurden. Elf Themen sollten die Versammelten mit Hilfe eines Moderators, Themenexperten aus der SPD, wie Karl Lauterbach, und viel elektronischem Schnick-Schnack für das SPD-Wahlprogramm erarbeiten.

 Die Parteioberen waren denn auch voll des Eigenlobs: „Das ist ja eine kleine Revolution, die wir hier machen", tönte SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel, wie immer mindestens eine Nummer zu groß. Da mochte Kanzlerkandidat Steinbrück nicht zurückstehen: Wir können getrost behaupten, dass die SPD hier für eine Premiere in Deutschland gesorgt hat!"


 Das Ergebnis, der als Bürgerkonvent getarnten PR-Veranstaltung, fiel dann allerdings mehr als dürftig aus. Ausschliesslich alt bekannte Sprechblasen der Partei fanden Eingang in die elf Vorschläge, die zum Schluss der Veranstaltung von ausgewählten Teilnehmern und Kandidat Steinbrück der Presse vorgestellt wurden:

  • Einführung eines gesetzlich geregelten Mindestlohnes.
  • Sozialer Wohnungsbau muss ausgebaut werden, auch für altersgerechte Wohnungen.
  • Förderprogramm von Ganztags-Kitas und -schulen durch den Bund.
  • Wasserversorgung sollte weiterhin in staatlicher Hand bleiben.
  • Einbeziehung aller Personen in die Krankenversicherung.
  • Mehr Wertschätzung durch bessere Entlohnung bei Arbeitnehmern im sozialen Bereich (personenbzeogene Dienstleistungen).
  • Förderprogramm von Ganztags-Kitas und -schulen durch den Bund.


 Von welch basisdemokratischen Geist die Teilnehmer wirklich beseelt waren, zeigt der Ausspruch des 16-jährigen Baran Gücück: „Als Willy Brandt sagte, „Wir wollen mehr Demokratie wagen“, hat er genau das gemeint. Eben hat sich Sigmar Gabriel einfach neben mich gesetzt und mit mir gesprochen.“ Auch die Hausfrau Anke Bredow aus Neu-Wulmsdort bei Hamburg ist froh ihrem dominanten Ehemann für ein paar Stunden entkommen zu sein: „Wir diskutieren richtig konstruktiv, machen unsere Vorschläge, stimmen ab. Und jede Meinung am Tisch zählt. Ich finde das richtig gut, richtig schön demokratisch!"

 Unter der Überschrift : „Eine Welturaufführung“ gibt uns die SPD auf ihrer Internetseite einen Überblick über den „Bürger-Konvent“ und berichtet von einem epochalen Ereignis um genau 11.28 Uhr: „SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück geht von Tisch zu Tisch und unterhält sich mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Gerade ist der Finanzexperte am "Steuer"-Tisch, da läuft SPD-Gesundheitsfachmann Karl Lauterbach vorbei. "Karl", sagt Steinbrück. "Komm mal mit - da vorne gab es Fragen zu Gesundheit!" Der General dirigiert seine Truppen.

 Fast eine Stunde später das nächste Ereignis, dass Spuren hinterlassen wird im politischen Deutschland: „12.27 Uhr: Ein prominenter Nachzügler betritt unter großem Applaus den Saal: SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier nimmt bei den Themenexperten Platz. Pünktlich zum Mittagessen“. Promiberichterstattung, ganz im Stil von „Bunte“ und „Superillu“.

 Die Firma Swarmworks richtete die ganze Veranstaltung aus. Ihre Philosophie erklärt sie im schönsten Motivatorenkauderwelsch: „Unsere besondere Stärke liegt in der Schnittmenge von drei zentralen Faktoren: Mensch, Maschine und Methode oder kurz: „M3“.Jeder dieser Faktoren ist für unsere interaktive Herangehensweise unentbehrlich – doch erst ihr Zusammenwirken erzeugt jenen innovativen Mix, der uns als Technologie- und Methodenhaus auszeichnet, und von unseren Kunden und den Teilnehmern von Großgruppenevents geschätzt wird“. Alles klar?

 Ebenfalls auf ihrer Internetseite klärt uns die Firma über ihr eigentliches Tun, die Manipulation von Teilnehmern diversester Events: „Unsere besondere Stärke liegt in der Schnittmenge von drei zentralen Faktoren: Mensch, Maschine und Methode oder kurz: „M3“.Jeder dieser Faktoren ist für unsere interaktive Herangehensweise unentbehrlich – doch erst ihr Zusammenwirken erzeugt jenen innovativen Mix, der uns als Technologie- und Methodenhaus auszeichnet, und von unseren Kunden und den Teilnehmern von Großgruppenevents geschätzt wird“.

 Gutmütige Menschen, die immer noch dem Geschwätz der Politiker, besonders zu Wahlkampfzeiten, glauben es gehe ihnen um die Meinungen und Interessen der Bürger, werden nach Berlin gelockt, in die Glitzerwelt eines erstklassigen Hotels um von Berufsmanipulateuren dazu gebracht zu werden, genau das zu sagen, was diese Politiker wollen. Ein schäbiger PR-Trick der SPD Bürgernähe vorzugaukeln.

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