Montag, 22. Juli 2013

Wie ein Soziologe mithilfe eines satten Honorars vom Spiegel die Welt umdeutet

 Wenn der Spiegel Wahlkampf macht, dann schreit er nicht laut: "Wählt Merkel!"  Nein, dann lässt er einen Soziologen einen Essay schreiben, in dem die Bundeskanzlerin nur einmal, ganz kurz vorkommt, aber der Name Merkel nicht ein einziges Mal genannt wird. Der sich für aufgeklärt und besonders gut informiert haltende Spiegelleser wäre ob so vordergründiger Meinungsmache, selbst wenn er zu der Sekte der Spiegelgläubigen zählte, zumindest irritiert.

 Nein der Soziologe, Heinz Bude, hat die Aufgabe den durchweg spiessigen mittelständigen Lesern der Nummer 28 des Magazins ein Gefühl der Größe, Bedeutung, der Überlegenheit und des alles richtig gemacht Habens zu vermitteln. Wer 4,20 Euro am Kiosk ausgegeben hat, der soll auch dafür belohnt werden, indem man man ihr oder ihm einredet, dass man Deutschland in der Welt schätzt, ja fast schon liebt und der soll wissen, dass dieses Land, an dem er ja, allein schon dadurch, dass er Spiegel liest, also über dem gewöhnlichen Pöbel steht, verantwortlich mitgearbeitet hat, alles richtig gemacht hat in der Krise und sich dadurch über alle Völker erhebt, ausser den USA und China.

 Und Bude legt gleich mal richtig los: "...das dritteinflussreichste, drittwichtigste und drittmächtigste Land der Welt ist im Augenblick offenbar Deutschland. 80 Millionen in der Mitte Europas unter 7 Milliarden auf der ganzen Welt." Das geht dem deutschen Spiesser natürlich runter wie Öl. "Wir sind wieder wer!" Da macht es gar nichts, dass diese Erkenntnis von dem Mörder, Wahlbetrüger und Gesetzesbrecher Obama stammt.

 Aber Bude lässt den amerikanischen Präsidenten nicht allein dastehen. Er gesellt sich an dessen Seite: "Im Vergleich mit anderen Ländern Europas ist in Deutschland alles so gut und so schön, dass man es kaum glauben kann." Ist das ein Satz? Man erinnert sich an Kaiser Wilhelm, an den zweiten, der immer "feste druff" hauen und keine Gefangenen machen, sondern alles Nichtdeutsche totschlagen wollte. Dieses kaiserliche Irrlicht kannte, ebenso wie Soziologe Bude und der Spiegel, keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche und an denen sollte schliesslich die Welt genesen.

 Für Beide, Willem zwo und Spiegelessayist Bude ist Deutschland eindimensional. Wäre es nicht Blasphemie man könnte sagen für beide ist Deutschland ein Kollektiv, alle Deutschen, egal ob arm oder reich, ob männlich oder weiblich, ob Schalke- oder Dortmundfan vereint in dem Bestreben, "das dritteinflussreichste, drittwichtigste und drittmächtigste Land der Welt" zu sein.

  "Wir," also die Gesamtheit der Deutschen, ohne jede Ausnahme, "haben nicht wie die Briten daran geglaubt, dass die Ökonomie der Zukunft eine Dienstleistungsökonomie mit einem fetten finanzindustriellen Komplex ist. Wir haben nicht wie die Amerikaner darauf gesetzt, dass man durch eine enorme Steigerung privater Verschuldung auf Dauer Wohlstand für alle schaffen kann. Wir sind nicht wie die Franzosen davon ausgegangen, dass durch die staatliche Regulierung des privaten Lebens eine sozial befriedete und wirtschaftlich leistungsstarke Gesellschaft entstehen kann. Und wir haben schließlich auch nicht wie die Skandinavier daran geglaubt, dass man durch die steuerbasierte Ausweitung des öffentlichen Sektors die private Initiative und die persönliche Verantwortung fördern kann."

 Aha, so war das also: Unsere Regierung, damals noch Rot/Grün hat also nicht alle Schranken für einen ungezügelten Finanzmarkt niedergerissen, unser Politiker, nun bereits Schwarz/Rot haben also nicht alles dafür getan der Londoner City auf biegen und brechen Konkurrenz zu machen? Bei uns sind keine Banken zusammengebrochen, weil sie hemmungslos mit windigen Finanzmarktprodukten spekuliert haben?

 Hier in Deutschland, wo doch "alles so schön ist, dass man es kaum glauben kann", "kann sich eine Kanzlerin(jetzt Chefin von Schwarz/Gelb) aus dem konservativen Lager mit dem Gewerkschaftschef aus der Metallbranche und einem Banker mit schweizerischem Migrationshintergrund auf eine Linie der Krisenbewältigung einigen, die von allen Beteiligten Opfer fordert?"

 Wie bitte? "von allen Beteiligten Opfer gefordert?" Welches Opfer hat denn der "Banker mit schweizerischem Migrationshintergrund" gebracht? Mir ist eigentlich nur bekannt, dass die Deutsche Bank an der Krise Millionen von Euro verdient hat und dabei auch nicht davor zurückgeschreckt ist, Steuergelder einzusacken, auch wenn Ackermann dieses verneint.- Er lügt!

 im übrigen ist es nichts weiter als eine Frechheit und eine Beleidigung aller Menschen in Deutschland mit Migrationshintergrund, diese mit Ackermann gleichzusetzen. Bude mag diese Formulierung ja vielleicht witzig finden, die Millionen Menschen in Deutschland, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind, spüren jeden Tag, was es heißt in Deutschland ein fremder zu sein. Ihnen richtet die Kanzlerin nicht ihre Geburtstagsfeiern im Kanzleramt aus.

 Und auch Bude weiß, dass er Blödsinn schreibt. So fabuliert er bereits einen Absatz später vom "Glück" dass wir gehabt haben "mit unserer Strategie
der Lohnstückkosten-Reduktion durch kontinuierlichen Reallohnabbau, die uns heute erhebliche Wettbewerbsvorteile zu Lasten unserer Partner beschert."

 Bude weiß also, wer geblutet hat, damit er in seinem "Deutschland, Deutschland über alles" Wahn,"Hegemon" Europas feiern kann und er weiß auch wer heute dafür zahlt, dass deutsche Waren mit ihren, durch Lohnverzicht erzielten, Dumpingpreisen in vielen Ländern für die höchste Arbeitslosigkeit seit der großen Weltwirtschaftskrise in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts gesorgt haben.

  Trotzdem betreibt er weiter Geschichtsfälschung mit einer quasi gegensätzlichen Dolchstosslegende. Wurde nach dem ersten Weltkrieg wahrheitswidrig behauptet, Deutschland sei unterlegen weil das Volk der kämpfenden Truppe in den Rücken gefallen sei, so will uns Bude glauben machen, das deutsche Volk, dieser Einheitsbrei, dieses, eigene Interessen hintanstellende Konsensungeheuer, habe die letzte Schlacht um Europa gewonnen: "Deutschland hat weder durch neoliberale Entfesselung noch durch neoklassische Austerität aus der schärfsten und tiefsten Krise der Nachkriegszeit herausgefunden, sondern durch eine in langer Dauer eingeübte und unaufhörlich verwandelte Praxis der gesellschaftlichen Kooperation."

 Das gefällt den wahlkämpfenden Spiegelredakteuren in ihren klimatisierten gläsernen Büros, ihren stattlichen Gehältern und der respektablen Gewinnbeteiligung. Kein Unterschichtengerede, kein Hartz IV- Genöhle, keine prekäre Beschäftigung, keine Armut trotz Arbeit, keine Kinderarmut, keine vererbte Bildungsarmut, nein, eine von einem Soziologen bestätigte "Praxis der gesellschaftlichen Kooperation".

 Und der Spiegelleser, der jeden Montag 4 Euro zwanzig über die Kiosktheke schiebt, damit ihm das Denken abgenommen wird? Den freut's, ist doch alles wunderbar, er ist auf der richtigen Seite, der Seite der Gewinner und er weiß wem er das zu verdanken hat. Kein Mensch muss ihm jetzt noch sagen wen er zu wählen hat.

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