Sonntag, 22. Dezember 2013
ARD Tagesschau und Tagesthemen, manipulativ und desinformierend
9 Millionen Menschen sehen täglich die Tagesschau und noch einmal knapp 2,5 Millionen die Tagesthemen der ARD. Das entspricht einem Marktanteil von 31,6 % beziehungsweise 10,9 %. Mit gut 11,5 Millionen Zuschauern hat die ARD also eine gewaltige Medienmacht. Für viele Menschen ist das, was die Tagesschau meldet, die Wahrheit schlechthin.
Dabei sind die Zeiten der reinen Nachrichten längst vorbei. Die Meldungen sind durchgehend tendenziös und die Trennung zwischen Meldung und Meinung, ein ehernes Gesetz im Journalismus, ist schon lange nicht mehr gegeben. ARD-Tagesschau und Tagesthemen sind längst zu einem Hort des Kampagnenjournalismus verkommen.
Ein beredtes Beispiel hierfür ist die Berichterstattung der ARD Nachrichtenformate über die Politik Russlands und hier insbesondere dessen Präsidenten Wladimir Putin. Beispiel hierfür soll die Berichterstattung über den Gnadenerlass Putins und des russischen Parlaments, der Duma, und hier in erster Linie die Begnadigung des Oligarchen Michail Codorkowski, zum Anlass des zwanzigjährugen Bestehens der russischen Verfassung, sein.
Sieht man sich ein wenig auf den Seiten der Tagesschau um, so liest man dort am 17.12. unter der Überschrift: „Chodorkowski bleibt in Haft“: „Putins schärfste Gegner - wie der seit zehn Jahren inhaftierte frühere Öl-Manager Michail Chodorkowski oder der wegen Veruntreuung zu fünf Jahren Straflager auf Bewährung verurteilte Oppositionelle Alexej Nawalny - können dagegen nicht auf eine Amnestie hoffen.“ Zwei Tage vor der offiziellen Bekanntgabe der Begnadigung Chodorkowski und drei Tage vor dessen Freilassung, behauptet die ARD, dieser werde nicht begnadigt. Sie verschweigt ihre Quellen für diese Nachricht, sie spricht aber auch nicht von einer Vermutung, sondern verkauft das ganze als knallharten Fakt.
Es ist anzunehmen, das die Meldung auf keinerlei Tatsachen zurückzuführen ist, sondern das die Aussge Chodorkowski werde nicht begnadigt, ein Hirngespinst des verantwortlichen Redakteurs ist. Dem ist es augenscheinlich nicht um eine saubere, auf Fakten gestützte Information gegangen, sondern um Meinungsmache: Die, an sich positive Nachricht der Begnadigung hunderter Inhaftierter wird dadurch negiert, dass man, wider besseren Wissens behauptet, der prominenteste russische Häftling werde von der Begnadigung ausgeschlossen.
Diese Taktik des Negierens, eines an sich positven Ereignisses, hunderte Menschen, darunter Michail Chodorkowski, kommen frei aus der Haft, setzt sich in der weiteren Berichterstattung fort.
Am 19.12. in der 20.00 Uhr Tagesschau fragt die ARD Moskaukorrespondentin, Golineh Atai: „Hat Michael Chodorkowski wirklich selbst das Schreiben aufgesetzt? Sind Bedingungen daran geknüpft?“ Dunkle Machenschaften eines Despoten werden angedeutet. Es wird unterstellt, dass die Begnadigung Chodorkowskis gegen dessen Willen als diktatorischer Akt Putins vollzogen wurde. Durch die geschickte Verpackung der haltlosen Behauptung in eine Frage, wird der ganze Vorgang noch mysteriöser und die Fragestellerin erlangt eine höhere Glaubwürdigkeit.
Ansonsten wird die Freilassung der Gefangenen und deren Begnadigung nicht als Fakt geschildert, sondern als billige Inszenierung und ein Kniefall vor dem starken untadeligem Westen: „Putins heutige Inszenierung ist jedenfalls perfekt. Mit Weihnachtsgeschenken an die Opposition will er jene besänftigen, die einen Boykott der Winterspiele in Sotschi fordern.“
Im Morgenmagazin der ARD ist es dann an Golineh Atai ihre Behauptungen vom Vorabend ein wenig zu unterfüttern und die Dramatik zu erhöhen. Die Frage des Moderators Till Naziff: „Wie gelaubwürdig ist denn dann diese Ankündigung, also könnte es sein , dass Putin jetzt das nur ankündigt um gute Stimmung zu machen, und tatsächlich Chodorkowski gar nicht frei kommt?“ Hier suggeriert schon Naziff in seiner Frage, die Begnadigung Chodorkowskis sei nicht nur eine „Inszenierung“ Putins gewesen, sondern ganz einfach Lüge und Täuschung der gesamten Weltöffentlichkeit.
Atais Antwort ist typisch für das Streuen eines Gerüchts. Sie lässt alles im Vagen: „Also darüber rätseln viele immer noch, denn bisher hatte Michail Chodorkowski es immer abgelehnt ein Gnadengesuch zu stellen weil das ja einem Schuldeingeständnis gleichgekommen wäre.“ Nicht sie, Atai, stellt hier eine Behauptung auf mit wenig Gewicht. Nein „viele rätseln“. Diese Vielen können ja nicht irren.
Sie fährt dann fort: „Es gibt ungeheuer viele Fragen. Warum hat dieser Mann sich nicht mit seiner Familie, mit seinen Anwälten abgestimmt? Und, sind besondere politische Bedingungen an diese Freilassung geknüpft? Also, das er sich nicht engagieren darf, politisch, das er nicht zu einem Boykott von Sotschi aufrufen darf?“ Auch hier wird die Frageform zur Aufstellung unbewiesener, weitgehend unhaltbarer Behauptungen verwand. Es gibt keinerlei Hinweise oder gar Beweise dafür, dass Bedingungen an die Freilassung Chodorkowkis geknüpft sind. Durch die Frageform suggeriert Atai aber, das es diese geheimen Bedingungen gibt.
Atai fährt fort: „Und es hat gestern sogar Spekulationen gegeben unter Beobachtern, dass vielleicht ein anderer dieses Gesuch geschrieben hat, und das Chodorkowski nun sozusagen gezwungen ist, dieses Gesuch zu akzeptieren und seine Schuld einzugestehen.“ Ihre eigene Spekulation vom gestrigen Abend Chodorkowski könne dein Gnadengesuch nicht sebst geschrieben haben, schiebt sie nun anonym bleibenden Beobachtern unter. Das Prinzip wenn Viele das Gleiche behaupten, oder vermuten, dann kann es nicht falsch sein, übernimmt sie aus dem ersten Satz ihrer Antwort.“ Aber auch Chodorkowski sollte sich überlegen ob er denn wirklich freikommen möchte. Wird er doch von Putin gezwungen, ab jetzt in Freiheit zu leben, eine unerträgliche Vorstellung.
Und nun wird es vollkommen konfus und widersprüchlich: „Andererseits erlaubt die russische Verfassung aber auch, Gnadengesuche ohne Schuldeingeständnisse.“ Hatte Golineh Atai noch am Anfang des Interviews als Begründung dafür angeführt, dass Chodorkowskis Gnadengesuch unter Umständen gar nicht von ihm stamme, da er es ablehne dadurch seine Schuld einzugestehen, behauptet sie nun wahrheitsgetreu, ein paar Sätze später, ein Gnadengesuch in Russland beinhalte nicht explizit ein Schuldeingeständnis.
In der Tagesschau um 20.00 Uhr des gleichen Tages billigt Golineh Atai dem freigekommenen Chodorkowski wenigstens ein paar Glücksgefühle zu: „Ein glücklicher Tag für Chodokowski, zweifellos.“ Dann allerdings verliert sie sich vollständig in ihren Wahnvorstellungen: „Aber wird der Held der Revolution jemals nach Russland zurückkehren?“ Held der Revolution? Welcher Revolution?
Alle verfügbaren Quellen berichten nur von einem Chodorkowski, der die Schwäche des alkoholkranken ehemaligen russischen Präsidenten Jelzin ausgenutzt hat, um sich am Ölreichtum Russlands masslos zu bereichern. Erst als der Mann Allmachtfantasien entwickelte, hielt er sich für geeignet, dem durch die Skrupellosigkeit seines Handelns völlig verarmten russischen Volkes, als Präsident die völlige, neoliberale Glückseeligkeit zu bescheren.
Zum Schluss ihres Statements versucht Golineh Atai, Putin noch einmal ganz konkret, für jeden fassbar, als Depot, launischen Diktator, als russischen Nero, unberechenbar und gefährlich hinzustellen, natürlich losgelöst von jeglichen greifbaren Fakten: „ Ist das alles nun politisches Tauwetter in Moskau? Nein, viel eher ein Zeichen der Launen, ein Zeichen der Allmacht Wladimir Putins.“
Caren Mioska, seit ihrer wahrheitswidrigen und tendenziösen Kommentierungen zum Bürgerkrieg in Syrien in den Tagesthemen berühmt, berüchtigte Moderatorin, setzt in den Tagesthemen noch einen drauf. Zunächst interviewt sie den ehemaligen, langjährigen Aussenminister und Vermittler für die Freilassung Chodorkowkis, Hans-Dietrich Genscher, um ihn danach als inkompetenten, gutgläubigen, alten Zausel darzustellen.
Hans-Dietrich Genscher: „Umso mehr möchte ich auch bei dieser Gelegenheit sagen, dass ich sehr dankbar bin, für diesen Gnadenakt des russischen Präsidenten. Das ist ein wichtiges Signal und ein ermutigendes, sicher auch für Andere die auf seinen solchen Akt noch hoffen. Ich denke dass wir jetzt erleben werden, dass diese Freilassung dieses Mannes auch überall so verstanden wird.“ An und für sich eine klare Aussage.
Mioska stört das wenig. Sie hat ihr Weltbild und das sollen gefälligst auch alle Andern mit ihr teilen: „Sie haben ja gerade schon etwas zu der Ernsthaftigkeit von Putins Entscheidung gesagt. Herr Genscher sie haben jahrzehntelange Politikerfahrung. Hat Putin Chodorkowski aus moralischen Gründen begnadigt oder ist das eine Inszenierung für den Westen kurz vor Sotschi?“
Genscher will aber nicht mitspielen: „Ich glaube nicht, dass es eine Inszenierung ist. Es wird sicher eine ernsthafte Prüfung unter Berücksichtigung aller Aspekte gewesen sein. Das ist ganz selbstverständlich. Aber ich würde es nicht nur von opportunistischer Seite her betrachten.“
Da hat er aber die Rechnung ohne Caren Mioska gemacht. Die lässt den alten „Sabbergreis ausreden, und nachdem er abgeschaltet ist verdreht sie die Tatsachen in ihrem Sinne. Eine wahre Philippika über den Helden Chodorkowski und den Schurken Putin bricht nun über den Zuschauer herein: „Ja nur zu gerne würde man Hans-Dietrich Genscher folgen in der Hoffnung, diese Freilassung könne ein Signal für ein Tauwetter in Russland sein. Allein es fehlt der Glaube. Schon die Art und Weise wie zynisch Putin die Freilassung Cholorkowskis ankündigte, so als erbarme sich der gütige Landesvater eines um Gnade winselnden Verbrechers. Schon dieses Verhalten zeigt, dass in Russland Urteile auf Befehl des Kreml nicht nur gefällt sondern nach belieben eben auch wieder aufgehoben werden können. Der Herr wirds geben, der Herr wirds nehmen.“
Dieser Schwachsinn entbehrt jedes Kommentars. Soll doch der, laut Beschluss des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom September 2011 nicht politisch motiviert inhaftierte Chodorkowski einsitzen bis er schwarz wird, wenn nur unser Bild vom verschlagenen slawischen, russischen Untermenschen und dem Fürst der Finsternis Wladimir Putin erhalten bleibt.
ARD Tagesschau und Tagesthemen, manipulativ und desinformierend.
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Wunderbar geschrieben, so ist es einfach.
AntwortenLöschenIch frage mich schon, wenn ich hin und wieder noch die etablierten mir anschaue, wieso um Himmels Willen es so nötig ist, fast jeden Bericht mit Emotionen hochzupushen und immer die Meinung gezielt in eine gewisse Richtung zu lenken.
Wieso kann die Tagesschau sich nicht auf simple trockene und vor allem völlig neutrale Berichterstattung beschränken? Was ist daran das Problem? Ist Meinungspluralität etwa nicht erwünscht?