Donnerstag, 6. Dezember 2012

Skandal: ARD-Bericht über Mon Cheri Barbaratag reine Schleichwerbung

 Es hat schon etwas Dreistes, Unverschämtes, was sich da gestern in der ARD-Sendung Brisant tat. Dort wurde minutenlang über den Ball anlässlich des „Mon Cheri Barbaratages“ im Schloss Nymphenburg in München berichtet. Mit Gebührengeldern, die zwangsweise jedem, der einen Fernsehapparat oder Computer besitzt, eingezogen werden, wurden hier minutenlang C- und D-Promies gezeigt, wie sie sich auf dem roten Teppich in immer wieder den gleichen Posen vor den Pressekameras räkeln.

 Das Ganze geschah vor einer riesengrossen roten Wand, die über und über mit dem Schriftzug "Mon Cheri" bekleistert war. Eine kostenlose Werbesendung für die Firma Ferrero, die die in Schokolade gehüllte Spritkirsche herstellt und vertreibt. Ungeniert tummelten sich, nach dem Motto, wes Brot ich ess’, des Lied ich sing, die üblichen Verdächtigen. Simone Thomalla, Christine Neubauer, Claudia Effenberg, Lilly Becker, Natascha Ochsenknecht, Horst Janson mit Frau Hella und Tochter Laura, Tina Ruland, Sonja Kirchberger, so vor dem Schriftzug, dass er auch immer schön gross im Bild zu sehen war.

 In die Jahre gekommene Altstars, denen ein Auftritt bei dieser angeblichen Charityparty zu peinlich war, liessen sich durch ihre Kinder vertreten, Bruce Willis durch seine Tochter Rumer, Mick Jagger, Bob Geldorf und Chris de Burgh ebenfalls durch ihre Töchter Jade Jagger, Pixie Geldorf und Rosanna Davison. So konnte auch der Nachwuchs noch ein paar Euros Anwesenheitsprämie einstreichen.

 Warum sponserte nun eigentlich die ARD wertvolle Werbeminuten eines der grössten Süßwarenherstellers in Europa? »Heute geht es um den Kirschzweig und Glück und darum, dass wir obdachlosen Kindern und Jugendlichen helfen«, wusste Topmodel Lena Gerke und die omnipräsente Christine Neubauer lieferte gleich in ihrer aufgesetzten uninspirierten Art ihre angebliche Lebensphilosophie dazu: „Helfen gehört für mich zur Menschlichkeit. Zum Menschsein gehört dazu, dass man den Schwächeren hilft und dazu zählen eben vor allem die Kinder.“

 Was allerdings die „Charity-Ladies“ nun zum „Menschsein“ und zur Hilfe obdachloser Kinder und Jugndlicher beitrugen bleibt auch bis jetzt noch im Dunkeln. Dieses Rätsel aufzuklären, dafür reichte  die journalistische Sorgfaltspflicht der ARD-Redakteure nicht aus.

 Zu dem, im Verhältnis zur Größe des symbolischen Schecks, von über einem Quadratmeter, eher dürftigen Spendenbetrag von 45.000 Euro, trugen allerdings die gut betuchten (sieht man einmal von Pleitier Horst Janson ab) Prominenten kein Schärflein bei. Das Geld wurde von Ferreeo gestiftet. Die hatten angeblich auf deutschen Weihnachtsmärkten Kirschzweige verteilt und für jeden verteilten Zweig einen Euro in die Spendenkasse gezahlt, steuerlich absetzbar, versteht sich.

 Das jedenfalls Christine Neubauer und die andere kamerageile Mischpoke ihrer „Menschlichkeit“ durch die Spende auch nur eines einzigen Cents Ausdruck verliehen hätte, davon wird nicht berichtet.

 Dieser Skandal hat zwei Seiten. Die eine ist die unerhörte Verhöhnung der bedürftigen Menschen, in diesem Fall die „Straßenkinder e. V. Leipzig“. Diese Menschen, von denen auch noch erwartet wird, dass sie, nicht nur die unheimlichen Dämlichkeiten einer Christine Neubauer ertragen, sondern dass sie sich auch noch anständig bedanken für lausige 45.000 Euro. Allein die Fernsehwerbung, hätte Ferrero dafür zahlen müssen, hätte ein Vielfaches davon gekostet. Dazu kommt noch, dass zumindest ein Grossteil der prominenten und weniger prominenten „Gäste“ ihre Zeit nicht für Gotteslohn verschwendet haben. Zumindest das alternde ehemalige Topmodell Elle Macpherson wird nicht aus dem fernen Australien angereist sein, nur um Wahrheiten wie: „Der Barbaratag ist eine schöne Tradition – und so romantisch“, ins Microphon zu hauchen.

 Dazu kommt das Anmieten von Schloss Nymphenburg, Champus und Häppchen für die geschminkte, gepuderte und in unendlich teure Fummel gezwängte versammelte „Menschlichkeit". Alles zuasammen genommen hätte Ferrerochef Deutschland, Carlo Vassalio, den Strassenkindern, nicht nur in Leipzig, den zehnfachen Betrag von 45.000 Euro überreichen können.

 Die zweite, fast noch schlimmere Seite des Skandals, ist aber das Verhalten des Ersten Deutschen Fernsehens. Über eine solche Farce kommentarlos zu berichten, ja bei den Bildern auch noch darauf zu achten, dass nur immer schön das Logo „Mon Cheri“ im Hintergrund zu sehen ist, lässt daran zweifeln, dass es hier mit rechten Dingen zugegangen sein soll. Welcher halbwegs seriöse Journalist gibt sich freiwillig für ein solches Schmierentheater her? Da wünscht man sich schon, vor die Alternative gestellt, grenzenlos korrupt oder grenzenlos blöde, ersteres möge der Fall sein. Dann würde, wenigstens theoretisch, die Möglichkeit einer Besserung bestehen.

 Die Verantwortlichen bei der ARD sollten ernsthaft prüfen, ob hier nicht eine Zweckentfremdung öffentlicher Mittel vorliegt. Für die Gebührenzahler ist es jedenfalls unerträglich, dass ihre Zwangsabgabe, für die Werbung eines weltweit agierenden Süsswarenkonzerns zweckentfremdet wird.

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