Dienstag, 26. November 2013
Von der deutschen Presse reloaded: Kalter Krieg 2.0
Die deutsche Einheitspresse schäumt. Die Ukraine hat das Assoziierungsabkommen mit der EU ausgesetzt. „Die Welt“ titelte, so als ständen deutsche Truppen wieder in Kiew und hätten die Krim erobert: „Werden wir den Osten an Putin verlieren?“ Für deutsche Journalisten scheint der kalte Krieg noch nicht vorüber. Sie zeichnen weiter ein Bild der Welt, dass die meisten von uns spätestens seit dem auseinander brechen der ehemaligen Sowjetunion vor mehr als zwanzig Jahren als überwunden galt. Auf der einen Seite der hell strahlende in Wohlstand, Freiheit und Frieden lebende Westen, gutmütig und offen. Auf der anderen Seite das Reich der Finsternis. In Armut und Unfreiheit geknechtete Menschen, gehalten hinter Mauern und Stacheldraht und regiert von der diabolischen Ausgeburt des Bösen, dem verschlagenen russischen Präsidenten Putin, skrupellos und alle Grundlagen menschlichen Zusammenlebens verachtend. So ist in dem Artikel von Gerhard Gnauck Europa „ein Synonym für Hoffnung“. Wohingegen die Staaten unter Einfluß Moskaus „eine ausfransende Zone der Armut und Instabilität“ darstellt.
So ist es denn auch nur „die nackte Gewalt Putins, die den Kurswechsel in Kiew erzwang“. Putin hat „dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch offenbar Zuckerbrot und Peitsche gezeigt.“ Und überhaupt, den hinterhältigen und missgünstigen Charakter des slawischen Menschen dokumentiert Gnauck mit einem russischen Sprichwort: „Wenn zwei Bauern nebeneinander wohnen, der eine hat eine Kuh, der andere hat keine, was wünscht sich der ärmere Nachbar? Dass dem Reichen die Kuh verrecken möge“, dass auch „schlichteren Gemütern“ eine Erklärung für das Handeln des „erstarkten Hegemon Russland“.
In seinem Kommentar in der "FAZ". "Machtkampf um die Ukraine“, beschwört Reinhard Veser ebenfalls die Macht des Bösen, das seinen Sitz bekanntermassen im Kreml hat: „Mit Drohungen, Handelsblockaden und Grenzschikanen wurde der Regierung in Kiew vorgeführt, dass Russland die Möglichkeit hat, die ohnehin tief in Schwierigkeiten steckende Ukraine in den Staatsbankrott zu treiben, falls sie das Abkommen mit der EU unterzeichnet.“ Veser stellt sich und uns die Frage, ob man mit Moskau überhaupt verhandeln könne und hat umgehend die Antwort parat. Mit der Nomenklatura im Kreml „hat das keinen Sinn. Putin hat keinen Platz am Tisch, wenn die Ukraine und die EU ihre künftigen Beziehungen regeln.“ Und wie in guten alten Zeiten als der deutsche Kaiser Wilhelm II. Deutschland zur Schutzmacht über die Kollonien machte, so sieht Veser für die EU eine „Schutzpflicht gegenüber ihren Mitgliedern in Ostmitteleuropa.“
Besonders toll treibt es aber wieder einmal Stefan Kornelius von der Süddeutschen, ein strammer Atlantiker, in seinem Kommentar: "Spalter Putin erreicht sein Ziel“. Nachdem Kornelius das edle, uneigennützige Tun des Westens ins rechte Licht gerückt hat: „Seit der Präsidentschaftswahl 2004 und der orangefarbenen Revolution kämpft der Westen um Rechtsstaatlichkeit, Reformen, Marktwirtschaft und die Öffnung in der Ukraine“, untersucht er die Beziehung Russlands zum Westen und kommt zu der Ansicht, dass die Schwierigkeiten, die man miteinander hat, auf den übergroßen Ausstoss des Männlichkeitshormons Testosteron zurückzuführen ist. Die Ukraine „wird so lange nicht an die EU heranrücken, wie Russland keinen positiven und Testosteron-reduzierten Umgang mit dem Westen gefunden hat.“ Ergo - „Unter Präsident Putin ist das nicht mehr zu erwarten.“
Ihren ekelhaften Höhepunkt aber erreichen die Hasstiraden des Herrn Kornelius, wenn er Putin mit Hitler und Stalin gleichsetzt: „Putin war es, der in geradezu diabolischer Art ein Dreiergespräch über das Schicksal der Ukraine vorschlug, als schriebe man das Jahr 1939 und könne Territorien zuschanzen wie einst Hitler und Stalin.“
„DieZeit“ zitiert die, sich Osteuropaexpertin nennende, Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms: "Mir fehlen die Worte, das ist politischer Irrsinn. Das ist dumm, gefährlich, beleidigend." Der Schaum vorm Mund des Zeitredakteurs Ulrich Krökel scheint ihm auch sein Hirn vollständig zu vernebeln. Behauptet er doch: „Drei Viertel der Bürger, die eine Meinung äußern, sprechen sich aktuell für eine Annäherung an die EU aus" und verlinkt diesen Satz mit einer Meldung der „Kyif Post“, die sich wiederum auf das „Wall Street Journal“ bezieht: „The poll by GfK Ukraine found that 45% favored the association agreement with the EU.“
Woran es aber wirklich gelegen hat, dass die Ukraine das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht unterschreibt, erfährt der Zeitleser im Kommentar von Stefan Dobbert. Der weiß nämlich dass der russische Präsident Putin mit einem teuflischen Plan ohne Rücksicht auf die eigene Bevölkerung das Abkommen torpedierte: „Die besten Pralinen kommen aus Kiew. Die Firma Roshen produziert sie dort, Hunderttausende Tonnen jedes Jahr, mit Zartbitterschokolade oder Nüssen. Weltweit werden sie verkauft, besonders in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Dort lieben die Menschen Roshen seit jeher. Nur vor einigen Wochen mussten Millionen Russen plötzlich verzichten. Der Kreml, also Wladimir Putin, hatte es der Ukraine mal eben verboten, Pralinen zu liefern. Russland ließ die Handelsschranke zu seinem riesigen Absatzmarkt runter und wollte damit zeigen, wo es langgeht – der Ukraine und der EU.“
Dobbert kennt sich aber nicht nur mit ukrainischen Pralinen aus, er kann auch in die Zukunft sehen: „Janukowitsch wird die Opposition und die Pressefreiheit weiter einengen und schließlich nach russischem Vorbild wie bei der Parlamentswahl 2012 die Ergebnisse der Volksabstimmung manipulieren.“
Mit Berichterstattung, gar mit unvoreingenommener Berichterstattung hat dieser Journalismus natürlich nichts mehr zu tun. Hier wird an allen Fakten vorbei, desinformiert, gehetzt, verleumdet.
Gerhard Gnauck von der Welt, Reinhard Veser von der FAZ, Stefan Kornelius von der Süddeutschen und Ulrich Krökel und Stefan Dobbert von der Zeit haben alle Informationen, die ein Mensch nur haben kann, um ein objektives Bild über die Beweggründe der Ukraine zum Aussetzen der Gespräche über ein Assoziierungsabkommen mit der EU und Russlands Rolle dabei zu zeichnen. Dass sie das nicht tun, sondern mit ihren Artikeln die niedrigsten Instinkte der Menschen wecken, disqualifiziert nicht nur sie persönlich, sondern wirft ein ganz schlechtes Licht auf ihren gesamten Berufsstand.
Dobbert, Gnauck, Kornelius, Krökel und Veser wissen natürlich besser als alle Anderen, dass die Ukraine in einer fast aussichtslosen wirtschaftlichen Lage ist. Seit Monaten sind die Gasrechnungen an Moskau nicht mehr bezahlt worden. Die Handelsbilanz ist permanent negativ. Die Wirtschaftsführer des Landes haben sich erst kürzlich für eine Aussetzung der Assoziierung mit der EU ausgesprochen, weil die Produkte der ukrainischen Industrie nicht wettbewerbsfähig seien und so eine De-Industrialisierung des Landes drohe. Allein die Einführung der europäischen Wirtschaftsstandards würden die Ukraine in den nächsten Jahren 165 Milliarden Euro kosten bei einem BIP von 135 Milliarden Euro. Die EU war lediglich bereit einen Kredit von einer Milliarde zu gewähren. In Kürze wird ein Kredit von 17,5 Milliarden fällig. Der IWF, um Hilfe gebeten, legt die üblichen Fesseln und Knebel an. Er verlangt einen drastischen Abbau des Sozialstaates, unter anderem durch Aufheben der Subventionierung der Energie- und Gastarife für die Bevölkerung, das Einfrieren des Basismindestlohns samt drastischer Kürzungen der Ausgaben des Staatshaushalts.
Im Gegensatz dazu hat Russland der Ukraine einen Kredit über 800 Millionen Euro gewährt. Dreißig Prozent des ukrainischen Aussenhandels gehen nach Russland. Die Ukraine bezieht wichtige Handelsgüter und Rohstoffe aus Russland zu Vorzugspreisen.
Der ukrainische Präsident muss im Interesse seines Landes handeln, genau wie dies Putin tut oder die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten. Man kann es Putin nicht verübeln, dass er aus der Hinwendung der Ukraine zur EU seine Schlüsse zieht und diese wie jeden anderen Staat behandelt, dass heisst ganz normale Konditionen sowohl für ukrainische Waren als auch für die Gas- und Rohstofflieferungen Russlands. Wenn Janukowitsch von der EU nur Vorschriften und Forderungen statt echter Hilfe bekommt, dann sollte sich niemand wundern wenn er sich von der EU ab- und Russland wieder zuwendet.
Auch scheint man in der EU vergessen, oder absichtlich übersehen zu haben, dass die Ukraine für Russland einen Sonderstatus hat. Ein grosser Teil der russischen Marine, die Schwarzmeerflotte, ist auf Grund eines Vertrages mit Kiew in der ukrainischen Hafenstadt Sewastopol auf der Krim stationiert. Viele Komponenten für die russische Rüstung werden aus alter Verbundenheit in der Ukraine entwickelt und hergestellt.
Die EU und der Westen haben mit der Osterweiterung von Anfang an ein riskantes Spiel gespielt. Sie haben mit der Schwäche Russlands spekuliert. Die Ukraine besitzt in einer Zeit immer knapper werdenden Ackerbodens einige der fruchtbarsten Böden Europas. Diese sollten dem westlichen Kapital gesichert werden. Etwa Fünf Prozent der weltweit bekannten Menge an Eisenerz liegt unter ukrainischer Erde. Im Schelf des Schwarzen Meeres wurden Erdöl und Erdgaslagerstätten entdeckt. Die Ukraine verfügt über Lagerstätten von Bauxit, Blei, Chrom, Gold, Quecksilber, Nickel, Titan, Uran und Zink.
Es ist der EU sicher nie um Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte oder Freiheit gegangen. Es waren immer nur diese Schätze, die es für die westliche Wirtschaft zu heben galt. Putin hat diesen Bestrebungen einen Riegel vorgeschoben, sicher nicht aus reiner Menschenliebe.
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