Donnerstag, 16. Januar 2014

Paris ist gefallen - ab sofort wird dort jetzt deutsch gesprochen


 Paris ist gefallen. Die letzte Trutzburg in Europa gegen den Neoliberalismus hat die Waffen gestreckt. Präsident Francoise Hollande hat in einer über zwei Stunden langen Pressekonferenz in Paris verkündet, sich Deutschland, Merkel und der deutschen Lohndumpingpolitik bedingungslos zu unterwerfen. Hollande nennt seine Kapitulation "Pakt der Verantwortung". Die Unternehmen sollen entlastet werden, Sozialleistungen und Staatsausgaben zurückgefahren, und staatliche Aufgaben privatisiert werden.

 Klaus-Dieter Frankenberger jubelt in der FAZ unter dem Titel: „Auf deutschen Wegen zu neuen Kräften“, „Der französische Präsident Hollande wollte nach traditioneller Sozialistenart regieren; das schloss heftige Kritik an der deutschen Finanzpolitik ein (Stichwort „Spardiktat“). Und jetzt gibt Hollande den französischen Schröder und setzt die deutsche Politik unter Angela Merkel ins Recht.“ Man könnte auch, etwas abgewandelt, mit dem Franktionchef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sagen: „In Paris wird jetzt deutsch gesprochen!“

 Über die Reaktionen der französischen Presse ist man sich nicht ganz einig im deutschen Blätterwald. Während „Die Welt“ sich über das niederkartätschen der Linken in Frankreich hämisch freut „Der von ihm (Hollande) vorgeschlagene "Pakt der Verantwortung" sei ein "neuer unternehmensfreundlicher Schock", krümmte sich die linke Tageszeitung "Libération" vor Schmerz. Die linksalternative Internet-Plattform "Rue 89" stellte resigniert fest, Hollande habe "sich von der Linken verabschiedet", die linksliberale "Le Monde" sprach von einem "Sieg für (den Unternehmerverband) Medef", das linke Magazin "Nouvel Observateur" registrierte eine "sozialdemokratische Wende" Richtung Angebotspolitik“,  sieht Frankreichkorrespondentin Michaela Wiegel von der FAZ schon eine mediale Einheitsfront pro „Reformen“ „Endlich vollziehe Hollande „seine Revolution“, freut sich „Le Monde“, und „Libération“ jauchzt: „Der befreite Hollande“.

 Einig ist man sich allerdings in der Auffassung, dass Frankreich, das zweifellos in einer wirtschaftlichen Krise steckt, nur durch neoliberale Angebotspolitik wieder auf die Beine komme. Dabei scheint der Turnaround längst geschafft und Frankreich befindet sich auf dem Pfad der Besserung. So spricht die Arbeitslosenkasse Unedic, die von Arbeitgebern und Gewerkschaften verwaltet wird, nur noch von 63.200 Arbeitslosen mehr im Jahr 2014, während sie im September noch von 75.600, also rund 25% mehr Arbeitslosen für 2014 ausging.

 Frankreich, dass traditionell die Absatzgebiete seiner industriellen Produkte in den Mittelmeeranrainern hat, leidet massiv unter der wirtschaftlichen Krise in Spanien, Italien und Griechenland. Durch die politischen Unruhen in Nordafrika, an denen es allerdings nicht ganz schuldlos ist, sind auch dort die Märkte weitgehend zusammengebrochen. Man muss nur einen Blick auf die französische Autoindustrie zu werfen, um diese Tatsachen bestätigt zu sehen.

 Deutschland, der größte Handelspartner Frankreichs, hat mit seiner unfairen, auf Dumpinglöhnen basierenden Exportpolitik, nicht nur die Mittelmeeranrainer in eine ihrer tiefsten, wirtschaftlichen Krisen getrieben und dadurch für das Wegbrechen der Märkte gesorgt, sondern ist Paris auch immer wieder direkt angegangen. Gleichzeitig hat vom ersten Tag der Präsidentschaft des Sozialisten Hollande ein wahres, mediales Kesseltreiben der konservativen Kräfte, in den sozial tief gespaltenen Land eingesetzt. Speerspitze dabei war „Le Figaro“ Das Blatt befindet sich im Eigentum des Multimilliardärs Serge Dassault. Der Geldadel Frankreichs hat die demokratische Wahl Hollandes nie akzeptiert und versucht diesen mit allen, wirklich allen Mitteln aus dem Amt zu drängen.

 Hollande hat mit seinem "Pakt der Verantwortung" nicht nur Millionen von Wählern betrogen, er wird auch die Probleme Frankreichs so nicht lösen. Das Versprechen des Arbeitgeberverbandes, im Gegenzug zu einer Entlastung der Wirtschaft um 35 Milliarden Euro, Arbeitsplätze zu schaffen und die Löhne zu erhöhen, ist nicht das Papier wert auf dem es geschrieben steht. Dem Arbeitgeberverband, einmal den wirklichen Willen vorausgesetzt, ist es natürlich unmöglich Arbeitsplätze per Dekret zu schaffen und die ersten großen Unternehmen haben schon abgewinkt. Sie sähen keinen Spielraum für neue Arbeitsplätze oder gar höhere Löhne.

 So werden die „alternativlosen Reformen“, genau wie zuvor in Deutschland, nur mehr prekäre Arbeitsverhältnisse und mehr Armut in den Vorstädten der Metropolen erzeugen. Das wird unweigerlich zu einem Anwachsen des Rechtspopulismus und des Rechtsradikalismus führen. Marine Le Pen und ihr Front National stehen schon Gewehr bei Fuss, die Macht in Frankreich zu übernehmen. So wird Europa nicht gestärkt durch die neoliberale Kehrtwendung Hollandes, wie es uns die Kommentatoren des Mainstreames weismachen wollen, sondern es wird in nicht allzu ferner Zeit mit einem lauten Knall auseinangerfliegen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen