Bundespräsident Gauck liess im Dezember des letzten Jahres die Bundesbürger glauben machen, er protestiere mit seiner Absage der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Sotschi beizuwohnen, gegen Menschenrechtsverletzungen in Russland. Dabei stand er bereits längst bei Liz Mohn unter Vertrag, um in Indien eine Veranstaltung der Bertelsmannstiftung zur Berufsbildung zu schmücken.
Es war Anfang Dezember des letzten Jahres, fast auf den Tag genau drei Monate vor der Eröffnug der olympischen Winterspiele in der russischen Stadt Sotschi, da meldete SPIEGELONLINE, Bundespräsident Gauck plane nicht, als Gast an die Krim zu reisen: „Gauck boykottiert Olympische Spiele in Sotschi“. Und obwohl weder das Bundespräsidalamt noch Gauck selbst Gründe für die Absage an die deutschen Sportler nannte, wusste SPON haargenau den Grund der Absage: „Der Bundespräsident setzt ein Zeichen gegen Menschenrechtsverletzungen und die Drangsalierung der Opposition in Russland.“ Diese Nachricht, so log SPON, beruhe auf „Informationen des SPIEGEL.“
Diese Meldung passte der Journalie so sehr in die gerade laufende Kampagne gegen Russland, dass ein gewaltiges Rauschen im deutschen Blätterwald und bei den elektronischen Medien einsetzte. Ohne auch nur ansatzweise die Fakten zu prüfen, jubelten die versammelten Vertreter des Qualitätsjournalisten dem deutschen Bundepräsidenten zu.
„Bravo, Gauck!“ titelte Sportreporter Oliver Fritsch für DIE ZEIT. „Gaucks Sotschi-Boykott ist ein Signal gegen Ignoranz und Gigantismus“, wusste der weiter zu berichten ohne jemals auch nur die Pressestelle des Bundespräsidalamtes kontaktiert zu haben. Empört stellte er die Frage: „Wie kann man sich derart dem ehemaligen KGB-Agenten, dem Lesben- und Schwulenfeind, dem Ausbeuter von Arbeitern zu Füßen werfen?“ Damit waren nicht etwa die Journalisten gemeint, die seit Jahrzehnten von „unseren amerikanischen Freunden“ faseln, während zeitgleich die Menschenrechte in den USA mit Füssen getreten werden, siehe Guantanamo, Todesstrafe, Foltergefängnisse rund um die Welt, Einsatz von Napalm, Splitterbomben und der Einsatz von Minition mit abgereichertem Uran bei ihren weltweiten militärischen Einsätzen, oder die Ausbeutung der absolut rechtlosen Arbeiter in Lateinamerika, die für US-amerikanische Weltkonzerne schuften müssen bis zum Umfallen, sondern die Sportfunktionäre, die die olympischen Winterspiele ins russische Sotschi, und somit ins Reich des Fürsten der Hölle, Wladimir Putin vergeben hatten.
Nun mag man diesen gedruckten Blödsinn mit einer wegwerfenden Handbewegung abtun: „Sportreporter eben,“ wenn Fritsch der einzige weit und breit wäre, der absolut orientierungslos, Selbsterfundenes in die Tastatur seines Notebooks tippen würde. Dem ist allerdings ganz und gar nicht so.
So schreibt z. B. Holger Schmale, Allzweckwaffe des M. DuMont Schauberg Verlags in dessen Besitz sich neben der Berliner Zeitung, dem Berliner Kurier dem Express, dem General Anzeiger, der Hamburger Morgenpost der Kölner Illustrierten, dem Kölner Stadt-Anzeiger, der kölnischen Rundschau, bis zu ihrer Insolvenz und Übernahme durch die FAZ, Frankfurter Rundschau auch die Mitteldeutsche Zeitung befindet, in eben dieser Mitteldeutschen Zeitung unter der Überschrift: „Freiheitsliebe als Grund für Boykott“, „Bundespräsident Joachim Gauck gibt Einblicke in die Motive seiner Olympia-Absage für Sotschi. Er verweist dabei auf die Menschenrechte und die Erinnerungen an seinen Vater, der vier Jahre im Arbeitslager in Sibirien verbrachte“, um ein paar Sätze später zuzugeben, „Gauck hat seine Gründe nicht erläutert.“ Schmale weiss also gar nichts. Er vermutet und verkauft diese Vermutungen als Tatsachen.
Die Fragen die Schmale daraufhin stellt: „Ist dies ein Boykott? Ist es Protest gegen den russischen Potentaten Wladimir Putin? Oder gegen die menschenrechtsfeindliche Politik Russlands überhaupt?“ sind allerdings nichts weiter als reine Rethorik. Hat er doch so die Möglichkeit, ein paar, immer beliebter werdende Phrasen in seinem Text unterzubringen. Die vom „russischen Potentaten Wladimir Putin“ oder die der „menschenrechtsfeindliche(n) Politik Russlands“. Eins steht für Schmale unverrückbar fest: „Selbstverständlich begibt sich ein Joachim Gauck nicht in die Rolle des Claqueurs für einen Wladimir Putin.“
Woher weiß Holger Schmale das? Hat er mit Gauck gesprochen? Natürlich nicht. Ein deutscher Redakteur und Kommentator braucht keine Fakten, es reicht stramme Gesinnung. Fakten sind beim Verfassen eines guten Artikels eh nur hinderlich.
Merkur-online, der digitale Ableger des Münchner Merkurs sieht Joachim Gauck glücklich, - nach einer langen Suche: "Bundespräsident Joachim Gauck hat einen Weg gefunden, seiner Kritik an den politischen Zuständen in Russland Ausdruck zu verleihen: Er wird die Olympischen Winterspiele in Sotschi boykottieren."
Auch hier bleibt absolut unklar, woher die Münchner ihre Informationen haben. Von Gaucks Sprecherin vom Bundespräsidialamt jedenfalls nicht: „Gaucks Sprecherin wies darauf hin, dass es keine feste Regel gebe, dass Bundespräsidenten zu Winterspielen reisten. Auch der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler habe 2010 im kanadischen Vancouver nicht teilgenommen.“ Von Boykott kein Wort und auch von einem Weg, den der Präsident gesucht und letztendlich dann gefunden hat ist hier mit keinem Wort die Rede.
Aber nicht nur die Presseorgane taten ihren Teil zur Legendenbildung um den standhaft für Freiheit und Menschenrechte kämpfenden Bundespräsidenten. Der Menschenrechtsbeauftragte der damals noch im Amt befindlichen Schwarz-gelben Bundesregierung, der FDP-Abgeordnete Markus Löning jubelte, dass sei eine: "wunderbare Geste von Gauck! Die Winterspiele in Sotschi waren geplant als Zarenfestspiele. Die Weltöffentlichkeit lässt sich von solchen Inszenierungen nicht darüber hinweg täuschen, dass Russland an anderer Stelle die Menschenrechte massiv verletzt.“
Auch Claudia Roth fand noch einmal den Weg vom Abstellgleis auf das sie ihre Partei die BündnisGrünen nach der grandios verlorenen Bundestagswahl geschoben hatten den direkten Weg in die Medien. Roth sprach, wie es hieß, von einem ermutigenden Signal.
Niemand, ausser "Der Tagesspiegel", der in seiner Onlineausgabe vom 9. Dezember zaghaft anfragte: "Wollte er als Präsident das Signal setzen? Dann müsste er dazu stehen und es argumentieren, wenigstens das", schien Zweifel an Gaucks hehren Zielen zu haben. Und der Präsident, der lehnte sich zurück und liess sich feiern, ohne auch nur ein Wort zu sagen.
Dabei wusste Gauck doch schon lange, dass seine Absage nach Sotschi zu reisen, nicht das geringste mit den Menschenrechtsverhältnissen in Russland zu tun hatte. Der Grund war ein ganz einfacher: Liz Mohn aus Gütersloh, die geltungssüchtige Matriarchin des Bertelsmannkonzerns, hatte Gauck zur Berufsbildungskonferenz der Bertelsmannstiftung nach Indien eingeladen. Nach dem Motto "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen, wollen die Bertelsmänner den Indern das deutsche "Duale System" zur Berufsausbildung verkaufen.
Bilden die Inder nach deutschen Lehrplänen Fachkräfte aus, so können sie wunderbar und ohne grosse Schwierigkeiten hier bei uns den drohenden Fachkräftemangel beseitigen und dabei helfen das Lohnniveau hierzulande möglichst niedrig zu halten. So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Die deutschen Unternehmen werden von den hohen Ausbildungskosten befreit und verfügen trotzdem über gut ausgebildete, billige Arbeitskräfte.
Hatte die deutsche Presse in aller Breite über die Absage Gaucks an die Olympischen Spiele und die Brüskierung der vielen Sportler, die sich minutiös seit Jahren auf diese Wettkämpfe vorbereitet hatten berichtet und sie als Protest gegen Menschenrechtsverletzungen in Russland gedeutet, so hüllte sich die gesamte Journalie nun in Schweigen. Der wirkliche Grund, nachdem bisher niemand gefragt hatte, passte nicht so ganz in das Bild, das sie vom Bundespräsidenten bisher gezeichnet hatten. Und es passte nicht in ihre seit Monaten laufende Kampagne gegen Russland und dessen Präsident Wladimir Putin.
Für Gauck, den Opportunisten schlechthin, konnte es auch nicht besser Laufen. Die Presse feilte ohne sein dazutun und ohne dazu aufgefordert zu sein, intensiv an seinem Image als Menschenrechtskämpfer. Das würde dereinst, wenn er sich denn noch einmal zur Wahl zum Bundespräsidenten stellen sollte, dazu führen, dass die Parteien nicht an ihm vorbeikämen. Sollte er sich aber anders entscheiden, so ist das Bett schon bereitet, in das er dann mit den Vertretern der Wirtschaft steigen kann. Lukrative Anfragen für Vorträge auf Tagungen und Konferenzen dürften dann in Fülle auf ihn zukommen. Das Beispiel Steinbrück zeigt, dass man so in kürzester Zeit das eine oder andere Milliönchen machen kann.
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